Entscheidungsstichwort (Thema)
Haushaltszugehörigkeit von Kindern bei getrenntlebenden Eltern
Leitsatz (redaktionell)
Leben Eheleute trotz Trennung im familienrechtlichen Sinne (§ 1567 BGB) weiterhin - und sei es auch nur vorübergehend - gemeinsam mit ihren Kindern in der bisherigen Familienwohnung dann kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, daß die Zugehörigkeit der Kinder zum Haushalt des Vaters oder der Mutter beendet worden ist.
Normenkette
EStG § 64 Abs. 1-2, § 70 Abs. 2
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger verpflichtet ist, das Kindergeld für seine beiden Kinder für die Monate August 1996 bis April 1997 in Höhe von 400,-- DM bzw. 440,-- DM monatlich zu erstatten.
Durch Bescheid vom 24. April 1997 hob die beklagte Familienkasse die Kindergeldfestsetzung für die in den Jahren 1980 und 1984 geborenen Kinder des Klägers ... und ... rückwirkend für die Monate August 1996 bis April 1997 gemäß § 70 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) auf, weil die Kinder am 1. August 1996 seinen Haushalt verlassen hätten. Mit der Aufhebung der Kindergeldfestsetzung verband die beklagte Familienkasse die Anordnung, das zuviel gezahlte Kindergeld in Höhe von insgesamt 3.760,-- DM gemäß § 37 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) zu erstatten.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 6. Mai 1997 mit der Begründung Einspruch ein, es sei nicht zutreffend, dass seine Kinder seinen Haushalt verlassen hätten. Zwar hätten er und seine Ehefrau im Jahre 1996 getrennt gelebt. Räumlich aber hätten sie mit ihren Kindern weiterhin in dem Anwesen ... in ... zusammengelebt und gewirtschaftet. Für die Kinder habe sich in dieser Zeit nichts geändert.
Auf eine entsprechende Anfrage der beklagten Familienkasse teilte die Beigeladene mit Schreiben vom 30. Oktober 1997 mit, dass sie seit 1. Mai 1997 mit ihren Kindern einen eigenen Haushalt führe. Seit der Trennung im August 1996 hätten sie weiterhin im gemeinsamen Haus gelebt. Die Versorgung und Betreuung der Kinder sei ihr überlassen gewesen.
Den Rechtsbehelf des Klägers wies die beklagte Familienkasse mit Einspruchsbescheid vom 2. Dezember 1997 als unbegründet zurück und führte hierzu aus: Gemäß § 64 Abs. 2 EStG werde bei mehreren Berechtigten das Kindergeld demjenigen gezahlt, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen habe. Die Kinder des Klägers ... und ... hätten nach den vorliegenden Unterlagen seit August 1996 bei der Mutter gelebt, nachdem diese innerhalb des gemeinsamen Hauses die Versorgung und Betreuung der Kinder übernommen habe. Durch diese Haushaltsaufnahme bedingt habe sie den vorrangigen Kindergeldanspruch. Nach § 70 Abs. 2 EStG sei die Festsetzung des Kindergeldes aufzuheben oder zu ändern, soweit in den für die Zahlung des Kindergeldes maßgeblichen Verhältnissen Änderungen einträten. Nachdem ... und ... seit August 1996 nicht mehr dem Haushalt des Klägers angehörten, sei die Entscheidung über die Festsetzung des Kindergeldes ab August 1996 aufzuheben. Die Verpflichtung zur Erstattung des in der Zeit von August 1996 bis April 1997 geleisteten Kindergeldes ergebe sich aus § 37 Abs. 2 AO. Sei eine Steuervergünstigung ohne rechtlichen Grund gezahlt worden, so habe nach dieser Vorschrift derjenige, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden sei, an den Leistungsempfänger einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten Betrages. Dies gelte auch dann, wenn der rechtliche Grund für die Zahlung später wegfalle.
Mit der vorliegenden Klage macht der Kläger unter Wiederholung seines Vorbringens aus dem Verwaltungsverfahren geltend: Zwar hätten er und seine Frau in dem streitigen Zeitraum die räumliche Trennung in dem gemeinsamen Anwesen vollzogen. Die Annahme des Beklagten, die Kinder seien dem Haushalt der Mutter zuzuordnen gewesen, weil sie die Versorgung und Betreuung der Kinder übernommen habe, treffe aber nicht zu. Zwar sei das Zusammenleben in dem gemeinsamen Anwesen von starken Spannungen geprägt gewesen und seine Frau habe unmissverständlich und mehrfach ihre Trennungsabsicht bekundet. Gleichwohl hätten er und seine Frau bis April 1997 gemeinsam gewirtschaftet, gegessen und gelebt. Insofern habe sich für die Kinder zunächst nichts geändert. Er - der Kläger - habe sich im bisherigen Umfang weiterhin um die beiden Kinder gekümmert. Auch habe er die zur Aufrechterhaltung des gemeinsamen Haushalts notwendigen Kosten getragen. Die Beaufsichtigung und Erziehung der Kinder habe nach der Trennung bei beiden Eheleuten gelegen. Es sei keine Entscheidung ohne ihn - den Kläger - getroffen worden.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid des Arbeitsamtes ... - Familienkasse - vom 24. April 1997 in der Gestalt des Einspruchsbescheides vom 2. Dezember 1997 aufzuheben, soweit darin die Kindergeldfestsetzung für die Monate August 1996 bis April 1997 korrigiert wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er nimmt Bezug auf den Einspruchsbescheid und führt noch aus: Unter Haushaltsaufnahme sei das örtlich gebundene Zusammenleben in einer gemeinsamen Familienwohnung zu verstehen....