Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Abzugsfähigkeit von Schuldzinsen bei Umschuldung nach Betriebsaufgabe
Leitsatz (amtlich)
1) Zu den Voraussetzungen der Abzugsfähigkeit von Schuldzinsen als nachträgliche Betriebsausgaben.
2) Zur Minderung der persönlichen Leistungsfähigkeit eines Steuerpflichtigen durch Schuldzinsen bei einer nach Betriebsaufgabe erfolgten Umschuldung, an der sich der Ehegatte des Steuerpflichtigen beteiligt hat (Abhandlung verschiedener Fallgruppen von Drittaufwand).
Normenkette
EStG § 4 Abs. 4, § 16 Abs. 3, § 24 Nr. 2
Tatbestand
Streitig ist, inwieweit von der Klägerin als ehemaliger Betriebsinhaberin als nachträgliche Betriebsausgaben geltend gemachte Schuldzinsen abzugsfähig sind. Insbesondere ist dabei umstritten, wie die Schuldzinsen zu behandeln sind, die auf ein nach Betriebsaufgabe von dem Kläger im eigenen Namen aufgenommenes Darlehen entfallen.
Die Kläger sind Eheleute, die in den Streitjahren 1996 bis 1999 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt worden sind. In den Streitjahren erzielte der Kläger als Angestellter der ... Verlag und Druckerei im Durchschnitt jährliche Bruttoarbeitslöhne i.H.v. 154 TDM; die Klägerin erzielte nur im Jahr 1999 als Bäckereiverkäuferin einen Bruttoarbeitslohn i.H.v. rd. 23 TDM.
Die Klägerin betrieb vom 1. Mai 1990 bis 28. Mai 1995 in L einen Einzelhandel mit Schul-, Büro- und Bastelbedarf in gemieteten Räumen, für den sie durchgehend Verluste erklärte. In ihrer von einer Steuerberaterin erstellten Schlussbilanz per 31. Dezember 1995 wies die Klägerin ihre betrieblichen Darlehensverbindlichkeiten – wie sich erst aus späteren Erläuterungen der Steuerberaterin ergibt - mit dem Stand 26. September 1995 aus (vgl. Rechtsbehelfsakte ≪RbA≫ Bl.8 und 13); sie beliefen sich auf insgesamt knapp 286 TDM; aktiviert waren sonstige Vermögensgegenstände zum Buchwert von 2.538,42 DM (vgl. im Einzelnen RbA Bl.36 ff.; Bilanzakte Fach 1995). Der von der Steuerberaterin bzgl. der Darlehensverbindlichkeiten gewählte Stichtag begründet sich nach deren Angaben darin, dass bis dahin noch keine Umschuldung erfolgt gewesen sei.
Für die Streitjahre machte die Klägerin Schuldzinsen für verschiedene Kredite als nachträgliche Betriebsausgaben geltend. Die zugrunde liegende Kreditsumme belief sich dabei auf rd. 387 TDM (vgl. Aufstellung in RbA Bl.68).
Soweit die Schuldzinsen auf Kredite entfielen, die die Kläger gemeinsam als Gesamtschuldner aufgenommen hatten, erkannte sie der Beklagte in seinem ursprünglichen Einkommensteuerbescheid 1996 vom 19. Juni 1997 und seinem geänderten Einkommensteuerbescheid 1996 vom 21. Oktober 1997 (Einkommensteuerakte ≪EStA≫ Bl.38 f. und 43 f.) sowie in seinen Einkommensteuerbescheiden 1997 vom 30. November 1998 (EStA Bl.60 f.), 1998 vom 12. August 1999 (EStA Bl.73 f.) und 1999 vom 18. Mai 2000 (EStA Bl.87 f.) an. Die Berücksichtigung der auf ein allein von dem Kläger aufgenommenes Darlehen bei der H Bank (im Folgenden H) Nr. ... (im Folgenden Darlehen H Nr. 1) entfallenden Schuldzinsen (1996: 5.892 DM; 1997: 6.191 DM; 1998: 5.927 DM; 1999: 5.641 DM; vgl. auch die Belege in EStA Bl.25, 48, 64 und 80 sowie die Aufstellung in RbA Bl.68) lehnte der Beklagte hingegen mit der Begründung ab, diese Zinsen seien nicht von der Klägerin getragen worden.
Im Rahmen der hiergegen gerichteten Einsprüche der Kläger überprüfte der Beklagte die betriebliche Veranlassung aller in den Streitjahren bestehenden Kredite. Auf Anfrage des Beklagten erklärten die Kläger das gegenüber der Schlussbilanz angestiegene Kreditvolumen mit nach Betriebsaufgabe erfolgten Umschuldungen; dabei gaben sie u.a. auch an, zwei anlässlich der Umschuldung abgelöste, in der genannten Schlussbilanz der Klägerin nicht ausgewiesene Darlehen bei der Sparkasse L Nr. ... und ... (im Folgenden S Nr. 2 und Nr. 3) seien "ursprünglich" privat gewesen und hätten bei der Ablösung einen Schuldenstand von 20.173,36 DM bzw. 12.696,22 DM gehabt (vgl. RbA Bl.4, 8). Aus diesen Angaben sowie aus handschriftlichen Anmerkungen ("2 Haus" bzw. "3 Haus") zu Belastungsbuchungen auf zwei Kontoauszügen der Darlehen Sparkasse L Nr. ... (im Folgenden S Nr. 4) und Nr. ... (im Folgenden S Nr. 5) vom 31. Dezember 1995 (RbA Bl.9 f.), schloss der Beklagte, dass die belasteten 20.173,36 DM (40,35 % der Kreditsumme von S Nr. 4) bzw. 12.696,22 DM (6,35 % der Kreditsumme von S Nr. 5) zur Ablösung von zwei das Haus der Kläger betreffenden Privatkrediten bei der Stadtsparkasse verwendet worden seien.
Nachdem der Beklagte die Kläger zuvor auf die Möglichkeit einer Verböserung hingewiesen hatte (RbA Bl.40 ff. ≪41≫), änderte er mit Einspruchsentscheidung vom 25. September 2000 (RbA Bl.66 ff.) sämtliche angefochtenen Einkommensteuerbescheide zu Ungunsten der Kläger ab. Dabei lehnte der Beklagte weiterhin die Berücksichtigung der auf das Darlehen H Nr. 1 entfallenden Schuldzinsen ab mit der Begründung, Darlehensschuldner sei allein der Kläger, bei dem die Schuldzinsen aber nicht betrieblich veranlasst seien; es handele sich insoweit um steuerlich n...