Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Steuerbegünstigung für Neubeziehen von Polstermöbeln außerhalb des Haushalts
Leitsatz (amtlich)
Ausschließlich in einer Werkstatt durchgeführte Arbeiten stellen keine nach § 35a Abs. 3 EStG begünstigten Handwerkerleistungen dar.
Normenkette
EStG § 35a Abs. 3-4
Tatbestand
Streitig ist, ob Arbeitskosten für das Neubeziehen von Polstermöbeln in einer Werkstatt als Handwerkerleistung gemäß § 35a Abs. 3 Einkommensteuergesetz - EStG - in der im Streitjahr geltenden Fassung zu berücksichtigen sind.
Die Kläger sind Eheleute, die gemäß § 26b EStG zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. In ihrer Einkommensteuererklärung 2014 machten sie u.a. Aufwendungen in Höhe von 2.594,20 EUR für die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen als Steuerermäßigung gemäß § 35a Abs. 3 EStG geltend (Bl. 22 ESt-Akte). Dabei handelte es sich um Kosten für das Neubeziehen von zwei Sofas und einem Sessel (Rechnungskopie der Fa. Raumausstattung P aus N vom 4. September 2014).
Der Beklagte berücksichtigte die Aufwendungen bei der Veranlagung nicht (Einkommensteuerbescheid vom 7. Oktober 2015, Bl. 67 f. ESt-Akte). Auf Einspruch der Kläger wegen hier nicht streitiger Punkte erging unter dem 17. November 2015 ein Abhilfebescheid (Bl. 75 f. ESt-Akte).
Gegen diesen Änderungsbescheid legten die Kläger Einspruch ein, mit dem sie u.a. unter Berufung auf die Urteile des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 20. März 2014 (VI R 55/12 und VI R 56/12) sowie das Urteil des Finanzgerichts München vom 23. Februar 2015 (7 K 1242/13) die Berücksichtigung der o.g. Aufwendungen im Rahmen des § 35a EStG begehrten (Bl. 78, 86 ESt-Akte). Es sei unzweifelhaft, dass Polstermöbel den Bewohnern eines Haushalts dienten und somit zum Haushalt gehörten.
Unter dem 22. Januar 2016 erging wegen eines hier nicht streitigen Punktes ein Änderungsbescheid (Bl. 93 f. ESt-Akte).
Mit Einspruchsentscheidung vom 29. Januar 2016 wies der Beklagte den Einspruch der Kläger als unbegründet zurück. Nach Randnummer 9 des BMF-Schreibens vom 10. Januar 2014 (BStBl I 2014, 75) zur Anwendung des § 35a EStG seien bei Dienstleistungen, die sowohl auf öffentlichem Gelände als auch auf Privatgelände durchgeführt würden (z.B. Straßen- und Gehwegreinigung, Winterdienst), nur die anteiligen Aufwendungen für die Dienstleistung auf dem Privatgelände begünstigt. Im Gegensatz dazu habe der BFH im Urteil vom 20. März 2014 (VI R 55/12) entschieden, dass in Fällen, in denen der Steuerpflichtige zur Schneeräumung von öffentlichen Straßen und (Geh-)Wegen verpflichtet sei und er damit eine Firma beauftrage, die entstandenen Kosten auch insoweit begünstigt seien, als sie auf die Dienstleistung auf dem öffentlichen Gelände entfielen. Mit Urteil vom 20. März 2014 (VI R 56/12) habe der BFH entschieden, dass die auf das öffentliche Gelände vor dem Grundstück entfallenden Aufwendungen für den Anschluss eines Grundstücks an zentrale Anlagen der Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung als Handwerkerleistungen nach § 35a EStG begünstigt seien. Durch die Veröffentlichung der beiden Urteile im BStBl (BStBl II 2014, 880 und 882) seien diese durch die Finanzämter zwar allgemein anzuwenden, jedoch nur auf die entschiedenen Sachverhalte, d.h. Winterdienst, zu dem der Steuerpflichtige verpflichtet sei, bzw. Anschluss des Haushalts des Steuerpflichtigen an das öffentliche Versorgungsnetz.
Der BFH habe den Begriff „im Haushalt“ räumlich-funktional ausgelegt. Es müsse sich dabei um Leistungen handeln, die in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang zum Haushalt durchgeführt würden und dem Haushalt dienten. Da das Neubeziehen der Polstermöbel nach Auskunft des Klägers sowie nach Aktenlage in der Werkstatt der Fa. Raumausstattung P in N stattgefunden habe, liege ein unmittelbarer räumlicher Zusammenhang zum Haushalt - anders als in den vom BFH entschiedenen Fällen - nicht vor. Insoweit komme es nicht mehr darauf an, dass die erbrachte Leistung dem Haushalt der Kläger diene. Das Urteil des Finanzgerichts München vom 23. Februar 2015 (7 K 1242/13) setze sich ausweislich der Entscheidungsgründe nicht mit dieser Problematik auseinander. Der Senat führe ohne weitere Begründung aus, dass es sich um Leistungen handele, „die in unmittelbaren Zusammenhang zum Haushalt durchgeführt werden“. Hierbei lasse er den vom BFH ausdrücklich geforderten „räumlichen“ Zusammenhang völlig außer Betracht.
Zur Begründung ihrer Klage tragen die Kläger vor, die vom Beklagten vertretene Beschränkung auf die Förderung von Handwerkerleistungen, die örtlich betrachtet im Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht würden, stehe nicht im Einklang mit der vom BFH geforderten räumlich-funktionalen Betrachtungsweise. Danach sei der Begriff „im Haushalt“ nach dem Sinn und Zweck des § 35a EStG räumlich-funktional auszulegen, weshalb der Haushalt nicht zwingend am Gartenzaun ende. Die Handwerkerleistungen hätten auch nur in der Werkstatt des Handwerksbetriebes ausgeführt werden können. In rechtlicher Hinsicht widerspreche sich der Beklagte, wenn...