Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufwendungen für einen Steinway-Flügel und ein Musikzimmer können für einen unterrichtenden Konzertpianisten Werbungskosten sein. Einkommensteuer 1981

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Anschaffungskosten für einen Flügel der Marke Steinway & führen für einen unterrichtenden Konzertpianisten in Höhe der jährlichen Abschreibungen zu Werbungskosten im Rahmen der Einkunftsermittlung aus nichtselbstständiger Tätigkeit, wenn aufgrund der täglichen Unterrichtsdauer und der Übungszeiten von einer nahezu ausschließlich beruflichen Nutzung des Instruments auszugehen ist.

2. Die Anerkennung eines Musikzimmers als Arbeitszimmer setzt voraus, dass eine nennenswerte private Mitnutzung nach dem Verhältnis des Arbeitszimmers zur Gesamtwohnung und nach der Ausstattung ausgeschlossen erscheint.

 

Normenkette

EStG 1981 § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 6; EStG 1982 § 7 Abs. 1; EStG 1981 § 9 Abs. 1 S. 1, § 12 Nr. 1 S. 2

 

Tenor

I. Der Einkommensteuerbescheid vom 14. März 1983 und die Einspruchsentscheidung vom 20. September 1983 werden teilweise aufgehoben. Der Beklagte wird angewiesen, für das Kalenderjahr 1981 die Einkommensteuer nach Maßgabe der Entscheidungsgründe unter Abzug weiterer Werbungskosten von 5.422,00 DM und von Betriebsausgaben von 977,00 DM festzusetzen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Leistung einer Sicherheit im Betrag von 700,00 DM abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Frage, ob Aufwendungen für ein zweites Musikinstrument und Ausgaben für ein häusliches Musikzimmer als Werbungskosten für Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit abzuziehen sind.

Der 36 Jahre alte Kläger ist als Konzertpianist und als Musiklehrer ausgebildet. Aufgrund von Arbeitsverträgen unterrichtet er am … … Konservatorim der Stad … und an der … Kirchenmusikschule der … Kirche in … und … Außerdem erteilt er im Rahmen einer selbständigen Tätigkeit Unterricht an der …-Universität … Am Konservatorium unterweist der Kläger in mindestens 14 Wochenstunden (Zeitstunden) 6 bis 8 Studenten, darunter angehende Berufsmusiker, im instrumentalen Einzelunterricht und weitere 12 Studenten im Fach „Unterrichtspraktisches Instrumentalspiel/Improvisation”. An der Kirchenmusikschule bildet er in mindestens 5 Wochenstunden 8 Studierende im Klavierspiel aus. An der Universität betreut er in mindestens 4 Wochenstunden 6 Studenten.

Bei seinem Umzug nach … im Oktober 1978 besaß der Kläger einen über 60 Jahre alten Flügel der Marke R. Rathke (Nr. 5403). Im Dezember 1980 erwarb er für 39.600,00 DM einen fabrikneuen Flügel der Marke Steinway & Sons (Nr. 468 704, Modell B – 211, Mahagoni poliert). Im April 1981 wurden Mechanik und Klaviatur des Rathke-Flügels mit einem Aufwand von 1.980,00 DM erneuert. Beide Flügel stehen in der 120 m² großen Vier-Zimmer-Wohnung, die der Kläger zusammen mit Frau … im ersten Obergeschoß des Hauses … straße … gemietet hat. Der Steinway-Flügel ist in einem 19,43 m² großen Eckzimmer, der Rathke-Flügel in einem der angrenzenden Wohnzimmer aufgestellt. Das mit einem Teppich ausgelegte Eckzimmer ist zusätzlich mit vier Regalen, einer Stereoanlage und einer Blumenhydrokultur ausgestattet. Auf den Regalen werden Bücher und Zeitschriften aufbewahrt.

Als Bruttovergütungen erhielt der Kläger im Streitjahr 1981 von der Stadt … 36.497,00 DM, von der …-Kirche 6.500,00 DM und von der Universität 3.840,00 DM. In seiner Einkommensteuererklärung machte der Kläger Werbungskosten aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 9.750,00 DM geltend. Hiervon entfielen – vor Abzug eines geschätzten Anteils von 11 v, H. für die brutto = netto angesetzten Einnahmen aus selbständiger Arbeit – 5.183,00 DM auf den Steinway-Flügel und 1.980,00 DM auf den Rathke-Flügel. Für den Steinway-Flügel setzte der Kläger Abschreibungen von 7 v. H. = 2.772,00 DM, Zinsen von 2.267,00 DM für ein Anschaffungsdarlehen der … Kirche sowie die Prämie für eine Versicherung von 144,00 DM ab. Weitere 2.378,00 DM betrafen anteilige Miet-, Strom-, Heizungs- und Reinigungskosten für das als häusliches Arbeitszimmer bezeichnete Eckzimmer.

Bei der Einkommensteuerveranlagung ließ der Beklagte lediglich Werbungskosten von 2.483,00 DM zum Abzug zu, nämlich – vor Kürzung um 11 v. H. – 240,00 DM als Beitrag zur Gewerkschaft … … 104,00 DM für Bücher und Zeitschriften. 464,00 DM für Schallplatten und Kassetten sowie – in der Einspruchsentscheidung – 1.980,00 DM als Reparaturkosten für den Rathke-Flügel.

Mit der Klage trägt der Kläger vor: Die beiden Musikinstrumente, die Arbeitsmittel darstellten, und das häuslich Arbeitszimmer würden so gut wie ausschließlich beruflich genutzt. Der Kläger spiele täglich – außerhalb der Zeiten des auswärtigen Unterrichtes, den er an jedem Arbeitstag zwischen 13.00 und 19.00 Uhr hatte – drei bis vier Stund...

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