Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirtschaftliches Eigentum
Leitsatz (redaktionell)
Besteht aufgrund von unvollständigen Rückübertragungsanspüchen für Gläubiger des Erwerbers die Möglichkeit der Zwangsvollstreckung in das Grundstück, kann wirtschaftliches Eigentum beim Übertragenden nicht angenommen werden.
Normenkette
AO § 39 Abs. 2 Nr. 1; EStG §§ 10e, 34f
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Kläger als wirtschaftliche Eigentümer eines Hausgrundstücks anzusehen sind und demgemäß Abzugsbeträge nach § 10e EStG geltend machen können, nachdem sie das Grundstück ihrer Tochter übertragen haben.
Die Kläger sind Eheleute und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Beide erzielten im Streitjahr 1994 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, der Kläger darüber hinaus Einkünfte aus einer gewerblichen Industrieberatung.
Die Kläger haben auf dem Grundstück ... in ... am 1. 8. 1992 ein Einfamilienhaus fertiggestellt und selbst bezogen. Mit Wirkung vom 27. Januar 1993 haben sie dieses Einfamilienhaus unentgeltlich an ihre ledige Tochter ... übertragen ... Für die Kalenderjahre 1992 und 1993 erhielten die Kläger antragsgemäß die Abzugsbeträge nach § 10e EStG und die Steuerermäßigung nach § 34f EStG für ein Kind.
Mit ihrer Einkommensteuererklärung 1994 begehrten die Kläger auch für das Kalenderjahr 1994 einen Abzugsbetrag nach § 10e EStG, die Steuerermäßigung nach § 34f EStG und die anteiligen Kosten für einen gewerblich genutzten Raum (Büro), was der Beklagte mit dem Einkommensteuerbescheid 1994 vom 24. September 1996 aufgrund der Grundstücksübertragung ablehnte.
Bereits mit Bescheid vom 12. 10. 1993 hat das Finanzamt eine Zurechnungsfortschreibung auf die Erwerberin auf den 1. 1. 1994 vorgenommen (vgl. Seite 3 der Einspruchsentscheidung).
Der Übergabevertrag der Kläger an die Tochter, auf den Bezug genommen wird, beinhaltet auszugsweise folgende Vereinbarungen:
Die Kläger blieben hinsichtlich der bestehenden Grundpfandrechte (nominell 386.755 DM) in der persönlichen Schuldhaft. Den 19.. und 19.. geborenen Klägern wurde von der 19.. geborenen Erwerberin ein ins Grundbuch einzutragendes Altenteil in Form eines unentgeltlichen Wohnrechts an dem ganzen Anwesen und Pflege in alten und kranken Tagen vereinbart. Bei Erlöschen des Wohnrechts schuldete (im Sinne von Fälligkeit) die Erwerberin ihrer Schwester ... eine Ausgleichszahlung in Höhe von 25 % des zum Übergabezeitpunkt bestehenden Wertes des Hausgrundstücks.
Rücktrittsrechte der Kläger bestanden für die Fälle, dass die Pflegepflichten nicht ordnungsgemäß erfüllt werden, der eigene Unterhalt eine Verwertung des Grundstücks erforderlich macht oder die Erwerberin ohne Abkömmlinge vor den Klägern versterben sollte.
Als auflösende Bedingung war vereinbart, dass eine Verfügung der Erwerberin über den Grundbesitz nicht ohne Zustimmung der Veräußerer möglich sein sollte. Gleiches sollte gelten für den Fall des Zuschlags in einer Zwangsversteigerung. Wegen der Rücktrittsrechte und der auflösenden Bedingung war eine Rückauflassungsvormerkung vereinbart.
Während des Einspruchsverfahrens erging ein geänderter Einkommensteuerbescheid 1994 vom 16. April 1997, in dem die Kosten des häuslichen Büros berücksichtigt wurden. Das Begehren auf Gewährung der Steuerbegünstigung wegen § 10e und § 34f EStG wurde in der ablehnenden Einspruchsentscheidung vom 20. Mai 1997 nicht anerkannt. Der Beklagte begründete dies damit, dass das Hausgrundstück den Klägern im Streitjahr nicht mehr zugerechnet werden könne. Diese seien weder zivilrechtlicher Eigentümer - was unstreitig ist - noch wirtschaftlicher Eigentümer des Anwesens.
Mit ihrer am 19. Juni 1997 erhobenen Klage verfolgen die Kläger ihr Ziel weiter. Sie sind der Auffassung, sie seien weiterhin wirtschaftlicher Eigentümer des Grundstücks geblieben aufgrund des vorbehaltenen Wohnrechts und der Tragung der Grundstückslasten. Sie tragen vor, weitgehend über das Grundstück wie ein Eigentümer verfügen zu können.
Die Kläger beantragen sinngemäß,
den geänderten Einkommensteuerbescheid vom 16. April 1997 und die Einspruchsentscheidung vom 20. Mai 1997 dahin zu ändern, dass ein Abzugsbetrag nach § 10e EStG in Höhe von 16.500 DM und eine Steuerermäßigung nach § 34f EStG für ein Kind berücksichtigt wird.
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Er ist der Auffassung, dass das Tragen der öffentlichen Lasten, der Versicherung und des Kapitaldienstes kein wirtschaftliches Eigentum begründe. Unerheblich sei, dass die Erwerberin während der Lebensdauer der Kläger nicht frei über das Grundstück verfügen könne, da auf die gewöhnliche Nutzungsdauer des Wirtschaftsgutes abzustellen sei. Unter Berücksichtigung der statistischen Lebenserwartung der Kläger (37 Jahre) könnten diese die Erwerberin während der gewöhnlichen Nutzungsdauer des Gebäudes, welche mit 50 Jahren anzusetzen sei, nicht von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut ausschließen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Die Ab...