rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Herstellung einer neuen Wohnung

 

Leitsatz (redaktionell)

Auch umfangreiche Baumaßnahmen an einem erworbenen Altbau (Einfamilienhaus) zum Zweck der Modernisierung und Sanierung führen nicht zur Herstellung einer bautechnisch neuen Wohnung, wenn keine wesentliche Veränderung der Bausubstanz vorliegt, die dem Gebäude das bautechnische Gepräge eines neuen Gebäudes gibt. Dies gilt jedenfalls dann, wenn das Gebäude weder zerstört noch dem Verfall preisgegeben war, keine umfangreichen Schäden an konstruktiven Teilen vorgelegen haben und bei dem Erwerb auf Dauer nicht mehr bewohnbar gewesen ist.

 

Normenkette

EigZulG § 2 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, § 9 Abs. 1, 2 S. 1

 

Tatbestand

Streitig ist, ob den Klägern Eigenheimzulage für die Anschaffung einer Altbauwohnung oder für die Herstellung einer (anderen) neuen Wohnung zusteht.

Die Kläger erwarben mit notariellem Kaufvertrag vom 5. 2. 1997 das ca. 1905 auf einem 580 qm großen Grundstück errichtete Einfamilienhaus in ... für einen Kaufpreis von 330.000 DM. Die Wohnung bestand im Zeitpunkt des Erwerbs aus je 7 Räumen im Erd- und Obergeschoss des Gebäudes, das bis zum 10. 6. 1996 im Erdgeschoss von der Eigentümerin bewohnt war. Das Obergeschoss stand bereits seit Jahren leer. Die Kläger bezogen das nach ihren Angaben im Zeitpunkt des Erwerbs unbewohnbare und heruntergekommene Gebäude im Anschluss an eine „tiefgreifende Wiederherstellung“ durch Fremd- und Eigenleistungen, für die keine Baugenehmigung oder Bauanzeige erforderlich war, am 1. 11. 1997.

Im Jahre 1997 beantragten die Kläger die Gewährung einer Eigenheimzulage für die Herstellung einer neuen Wohnung in Höhe von 5 v. H. einer Bemessungsgrundlage von 480.000 DM (Kaufpreis 330.000 DM + 150.000 DM nachträgliche Herstellungskosten). Nach der Anlage zum Antrag der Kläger auf Eigenheimzulage vom 21. 12. 1997, auf die im einzelnen Bezug genommen wird, hat der Bauaufwand für verschiedene Gewerke in Höhe von ca. 130.000 bis 150.000 DM für Fremd- und in Höhe von ca. 100.000 DM für Eigenleistungen den Verkehrswert der Altbausubstanz (Kaufpreis 330.000 DM abzüglich Wert des Grund und Bodens von 400 bis 450 DM/qm) bei weitem überstiegen, so dass nach Auffassung der Kläger gemäß Rz. 15 BMF-Schreiben vom 31. 12. 1994 (BStBl I 887) ein Herstellungsfall habe angenommen werden müssen. Nach einem Vermerk des Ermittlungsbeamten des Beklagten vom 23. 1. 1998 u. a. über die durchgeführten Bauarbeiten (Bl. 8 f EigZul-Akte), auf den im einzelnen Bezug genommen wird, gewährte der Beklagte mit Bescheid vom 11. 2. 1998 lediglich eine Eigenheimzulage für den Erwerb eines Altbaus mit dem Höchstbetrag von 2.500 DM.

Der Einspruch der Kläger hiergegen mit der Begründung, das erworbene Einfamilienhaus habe im Erwerbszeitpunkt nicht mehr über Räume verfügt, die zur Haushaltsführung geeignet gewesen seien, blieb ohne Erfolg. Der Beklagte vertrat - ausgehend von dem BdF-Erlaß vom 10. 2. 1998 (BStBl I 190) - nach Erörterung des Streitfalls mit den Klägern unter Berücksichtigung der im Einspruchsverfahren vorgelegten Baupläne und des Vorbringens der Kläger in ihren Schriftsätzen vom 27. 10. 1998, 14. 12. 1998 und 26. 5. 1999, auf die im einzelnen Bezug genommen wird, in der Einspruchsentscheidung vom 11. 10. 1999 weiterhin die Auffassung, durch die Baumaßnahmen der Kläger sei keine Wohnung im bewertungsrechtlichen Sinne entstanden. Die Kläger hätten lediglich die vorhandene Wohnung saniert.

Mit der Klage hiergegen bringen die Kläger unter Bezugnahme auf ihre Schriftsätze im Einspruchsverfahren und unter Vorlage einer Aufstellung der durchgeführten Bauleistungen mit Material- und Baurechnungen mit Schreiben vom 26. 9. 2001 - ausgehend von dem BMF-Schreiben vom 31. 12. 1994 (a. a. O. Rz. 14) - vor: Das erworbene Grundstück sei nicht mehr bewohnbar gewesen, weil die ehemals vorhandene Wohnung es nicht mehr zugelassen habe, darin einen Haushalt zu führen. Der funktionale bewertungsrechtliche Wohnungsbegriff setze Beheizbarkeit, funktionierende Elektro- und Sanitäranlagen, Küchenanschlüsse und die allgemeine Bewohnbarkeit der Räume voraus. Aus Rechtsprechung, Erlassen und Literatur ergäben sich dafür, ob ein Gebäude eine nur mängelbehaftete oder gar keine Wohnung mehr enthalte folgende Abgrenzungskriterien:

Es müsse festgestellt werden, dass die eine Haushaltsführung ermöglichenden Funktionssysteme irreparabel weggefallen seien. Der Totalausfall müsse wirtschaftlich und technisch so gravierend sein, dass diese von Grund auf völlig neu installiert werden müssten.

Es müsse auf den Umfang der erforderlichen Baumaßnahmen abgestellt werden. Diese müssten in erster Linie dazu erforderlich sein - wie bei einem normalen Neubaufall - die Funktionssysteme herzustellen.

Vom Förderzweck des Eigenheimzulagengesetzes her müsse den Baumaßnahmen ein wirtschaftlich größeres Gewicht (Gepräge) zukommen als der Gebäudesubstanz.

Der Streitfall erfülle die angegebenen Kriterien dafür, dass jedenfalls bei Erwerb des Grundstücks keine Wohnung mehr be...

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