Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuer 1989–1990
Nachgehend
Tenor
I. Die Klage wegen Umsatzsteuer 1989 wird abgewiesen.
Der Umsatzsteuerbescheid 1990 vom 04. Mai 1993 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 06. Dezember 1993 wird geändert. Der Beklagte hat die Umsatzsteuer nach Maßgabe der Entscheidungsgründe neu zu berechnen, wobei der vom Übernehmer für den Warenbestand 7 % gezahlte Preis dem erklärten Anteil der 7 %-igen Umsätze hinzuzurechnen ist.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits zu 90 v.H., der Beklagte zu 10 v.H..
III. Das Urteil ist wegen der vom Beklagten zu tragenden Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der noch festzusetzenden Kosten abwenden, sofern nicht der Kläger vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit Leistet.
IV. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger ist Inhaber eines Lebensmitteleinzelhandels. Im Jahre 1991 wurde für die Jahre 1987 bis 1989 eine steuerliche Außenprüfung durchgeführt. Dabei wurde unter anderem folgendes festgestellt:
Der Kläger hat im Prüfungszeitraum seine Umsätze durch Anwendung eines rechnerisch ermittelten gewogenen Durchschnittsaufschlagsatzes auf den 7 %igen Wareneinkauf getrennt (Verfahren nach Abschnitt 259 Abs. 13 der Umsatzsteuerrichtlinien). Dieses Verfahren war vom Kläger bei Beginn des Unternehmens am 01. Januar 1985 beantragt und vom Beklagten für einen 5-Jahreszeitraum unter Vorbehalt genehmigt worden.
Der Kläger hat im Rahmen des Erwerbs seines Einzelunternehmens zum 01. Januar 1985 auch den Warenbestand käuflich erworben. Die Trennung der Entgelte hat er wie folgt vorgenommen:
Warenanfangsbestand 7 % (netto) zum 01.01.1985
+ Warenzukauf (netto)
= Bemessungsgrundlage
× gewogener Durschnittsaufschlagssatz
= Umsatz 7 %ige Ware (brutto).
Ab 01. Januar 1990 hat der Kläger für seinen Markt in … das Ermittlungsverfahren dahingehend umgestellt, daß der Warenzukauf zu 14 % hochgerechnet wird. Das Verfahren wurde zum 01. Januar 1990 neu beantragt und vom Beklagten antragsgemäß genehmigt.
Der Kläger unterhielt in … einen weiteren Markt, für den er das gleiche Verfahren angewandt hat. Umsatzsteuerlich bestand zwischen beiden Betrieben Organschaft. Der Betrieb in … wurde im Februar 1990 eingestellt, der vorhandene Warenendbestand wurde an einen Nachfolger veräußert.
Im Rahmen der Außenprüfung wurde dieses Verfahren grundsätzlich anerkannt. Der Prüfer beanstandete jedoch, daß aus dem Übergang zu einer anderen Umsatzermittlung (ab 01. Januar 1990) für den Betrieb in … bzw. aus der Beendigung des Betriebes in … (Februar 1990) keine Konsequenzen gezogen worden sind. Der Prüfer vertrat die Auffassung, daß bei derartigen Systemänderungen bzw. bei Betriebseinstellungen der bisher zu Recht nicht berücksichtigte Warenendbestand aus der Hochrechnung herauszunehmen sei.
Der Beklagte hat sich in den geänderten Umsatzsteuerbescheiden für die Streitjahre der Rechtsauffassung des Prüfers angeschlossen. Der hiergegen gerichtete Einspruch blieb erfolglos. Die Einspruchsentscheidung vom 06. Dezember 1993 wurde am 07. Dezember 1993 zugestellt.
Hiergegen erhob der Kläger Klage, die am 04. Januar 1994 bei Gericht einging. Der Kläger wendet sich gegen die vorgehensweise des Beklagten aus grundsätzlichen Erwägungen. Die Regelung in Abschnitt 259 Abs. 3 ff. der Umsatzsteuerrichtlinien verstoße gegen § 63 Abs. 5 UStDv – in der für die Streitjahre geltenden Fassung –, da sie zu einem rechnerisch falschen Ergebnis führe.
Der Kläger beantragt,
den Umsatzsteuerbescheid 1989 vom 08. Oktober 1991 und den Umsatzsteuerbescheid 1990 vom 04. Mai 1993 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 06. Dezember 1993 aufzuheben und die für 1989 festgesetzte Umsatzsteuer in Höhe von … DM um … DM vermindert auf … DM und
die für 1990 festgesetzte Umsatzsteuer in Höhe von … DM um … DM vermindert auf … DM neu festzusetzen.
- Die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage als unbegründet abzuweisen.
Er hält seinen im Einspruchsverfahren vertretenen Standpunkt aufrecht. Er dürfe gem. § 63 Abs. 5 UStDV (a.F.; jetzt Abs. 4) nur ein Verfahren zulassen, das zu einem annähernd zutreffenden Ergebnis führe. Ein rechnerisch richtiges Ergebnis könne aber nur erzielt werden, wenn die jeweiligen Warenendbestände aus der Hochrechnung herausgenommen würden.
Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.
Entscheidungsgründe
Die Klage wegen Umsatzsteuer 1989 ist nicht begründet, die Klage wegen Umsatzsteuer 1990 ist begründet.
§ 22 Umsatzsteuergesetz – UStG – regelt die Aufzeichnungspflichten des Unternehmers. Die Umsätze sind nach § 22 Abs. 2 Nr. 1 UStG getrennt nach Steuersätzen aufzuzeichnen. § 63 Abs. 5 (jetzt Abs. 4) Umsatzsteuerdurchführungsverordnung – UStDv – läßt in bestimmten Fällen Erleichterungen zu für die Trennung der Entgelte nach Steuersätzen. Es muß aber eine Methode angewendet werden, deren Ergebnis...