Entscheidungsstichwort (Thema)
Zu den Voraussetzungen einer Tatentdeckung iSd § 7 Nr. 1b StraBEG
Leitsatz (amtlich)
Eine Tat ist iSd § 7 Nr. 1b StraBEG zwar noch nicht alleine durch die Erstellung einer Kontrollmitteilung durch Bedienstete eines anderen Finanzamtes oder deren bloßen Eingang bei dem zuständigen Veranlagungsfinanzamt entdeckt. Sie ist es jedoch dann, wenn der Veranlagungsbeamte durch einen Vergleich der mitgeteilten mit den bisher erklärten Umsätzen feststellt, dass die in der Kontrollmitteilung dargestellten Umsätze darin offensichtlich nicht enthalten sein können
Normenkette
StraBEG § 7 Abs. 1b; AO § 371 Abs. 2
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Wirksamkeit einer vom Kläger u.a. für die Streitjahre 1999 bis 2001 bei dem Beklagten eingereichten „Strafbefreienden Erklärung“ nach dem Gesetz über die strafbefreiende Erklärung (StraBEG).
Der Kläger ist als Ausbeiner gewerblich tätig. In seinen für die Jahre 1993 bis 2002 abgegebenen Steuererklärungen erklärte er hieraus Umsätze und gewerbliche Einkünfte. Dem folgte der Beklagte, soweit es die Streitjahre betrifft, erklärungsgemäß.
Am 13.10.2003 ging bei dem Beklagten eine vom Finanzamt S erstellte Kontrollmitteilung ein. Danach hat der Kläger der Fleischmarkt G GmbH in G für Aushilfs-, Ausbein- und Zerlegearbeiten
in 1999 |
insgesamt |
450.527,46 DM brutto |
in 2000 |
insgesamt |
429.596,72 DM brutto und |
in 2001 |
insgesamt |
456.855,26 DM brutto |
in Rechnung gestellt. Als Art der Zahlung ist dabei für einen Teil der Beträge „Bank“ ausgewiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Kontrollmitteilung und die Anlagen dazu Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 22.10.2003 wies der Beklagte den Steuerberater des Klägers unter Auflistung der sich daraus für die einzelnen Jahre ergebenden Umsätze auf den Inhalt der Kontrollmitteilung hin. Weiter führte er aus, dass diese Umsätze erheblich von den erklärten Umsätzen abwichen und bat um Überprüfung und Stellungnahme.
Auf der vom Kläger mit der Antragsschrift in dem Verfahren 1 V 1903/04 bei Gericht eingereichten Kopie dieses Schreibens sind neben handschriftlich ergänzten Zahlen folgende handschriftliche Vermerke angebracht: „Original am 30.10.2003 9.45 Uhr Hr. H. (der Kläger, Anm. d. Neutralisierenden) zwecks Klärung + Stellungnahme vorgelegt; hat Schreiben mit nach Hause genommen. Soll sich möglichst bald bei uns diesbezügl. melden“ und „Anruf v. Hr. H. 30.10.2003 10.15 Uhr: Angaben FA bzw. Fleischmarkt stimmen.“ Beiden Vermerken ist ein Unterschriftskürzel angefügt (Bl. 37 Prozessakte 1 V 1903/04).
Mit am 12.02.2004 bei dem Beklagten eingegangenem Schreiben übersandte der Steuerberater des Klägers einen von diesem unterzeichneten Vordruck „Strafbefreiende Erklärung“ nach dem StraBEG, mit der die Summe der auf Grund unrichtiger, unvollständiger oder unterlassener Angaben zu Unrecht nicht besteuerten Einnahmen der Jahre 1993 bis 2002 mit insgesamt 233.593 Euro angegeben wurde. Beigefügt waren für die Jahre 1993 und 1995 bis 2002 bisher nicht erklärte Betriebseinnahmen ausweisende Anlagen sowie ein Verrechnungsscheck zum Ausgleich der danach zu entrichtenden Steuerbeträge iHv 58.398 Euro. Für die Streitjahre waren danach folgende Brutto-Betriebseinnahmen nicht erklärt:
- 1999: |
88.788,81 DM |
- 2000: |
80.947,51 DM |
- 2001: |
137.657,80 DM |
Für die Streitjahre vertrat der Beklagte die Auffassung, dass infolge vorheriger Tatentdeckung die strafbefreiende Erklärung nicht anerkannt werden könne. Dementsprechend legte er den streitgegenständlichen nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO bzw. § 164 Abs. 2 AO geänderten Umsatz-, Gewerbesteuermess- und Einkommensteuerbescheiden vom 29. März 2004 bzw. 31. März 2004 die vom Kläger in den Anlagen zu dieser Erklärung angegebenen o.g. Mehrbetriebseinnahmen zugrunde und erhöhte die Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb um diese Beträge, die Umsätze um daraus abgeleitete Nettobeträge.
Die dagegen erhobenen Einsprüche begründete der Kläger damit, die Voraussetzungen einer strafbefreienden Erklärung nach dem StraBEG seien vollständig erfüllt, auch im Hinblick auf die Streitjahre. Dem stehe das dem Beklagten vorliegende Kontrollmaterial und dessen Schreiben vom 22.10.2003 nicht entgegen. Damit sei lediglich mitgeteilt worden, dass die vom Kläger erklärten Umsätze von dem vorliegenden Kontrollmaterial erheblich abwichen. Offensichtlich hätten also dem Beklagten keine konkreten Anhaltspunkte für eine Steuerstraftat vorgelegen, denn sonst hätte der Sachverhalt von der Steuerfahndungsstelle ermittelt werden müssen. Es habe daher lediglich eine Vorfeldermittlung nach Nr. 146 Abs. 1 und 2 AStBV vorgelegen. Der Beklagte sei, hätte ein Anfangsverdacht einer Straftat vorgelegen, verpflichtet gewesen, umgehend ein solches Steuerstrafverfahren im Rahmen der Vorermittlungen einzuleiten. Da er dies nicht getan habe, liege ein Verstoß gegen § 160 Abs. 1 iVm § 136 StPO vor, der zu einem Verwertungsverbot führe. Folglich...