Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewerbesteuermeßbetrag 1990 und 1991
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Tatbestand
Die Klägerin betreibt in … Apotheke.
Gegen die entsprechend ihrer Steuererklärung ergangenen Bescheide über die Gewerbesteuermeßbeträge 1990 vom 14. September 1992 und 1991 vom 09. Juni 1993 legte die Klägerin am 13. Oktober 1992 bzw. 12. Juli 1993 Einspruch mit der Begründung ein, daß die Heranziehung zur Gewerbesteuer rechtswidrig sei. Diese stelle ein Sonderopfer für einen eng begrenzten Teil der Gemeindebevölkerung dar, obwohl andere Berufsgruppen auch gemeindliche Einrichtungen nutzten. Eine steuerliche Gleichbehandlung sei also insofern nicht gegeben.
Sie vertrat zudem den Standpunkt, daß sie als Apothekerin freiberuflich im Sinne des § 18 Einkommensteuergesetz –EStG–tätig sei. So habe schon der Bundesgerichtshof entschieden, daß die Eigenart des Berufs des selbständigen Apothekers es mit sich bringe, daß bei ihm die Züge eines freien Berufes überwiegen (Urteil vom 13. Februar 1964 – 1 BvL 17/61, DB 1964, 296). Auch das Bundesverwaltungsgericht habe im Anschluß an das Bundesverfassungsgericht klargestellt, daß der Apotheker den freien Berufen zumindest nahestehe, wenn er nicht sogar als freier Beruf zu bezeichnen sei (Beschluß vom 05. September 1991 – 3 N 1/89, NJW 1992, 994).
Mit seiner Einspruchsentscheidung vom 11. Mai 1994 hat der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurückgewiesen.
Er vertrat die Ansicht, daß die Heranziehung der Apotheke zur Gewerbesteuer im Vergleich mit den in § 18 EStG aufgeführten freien Berufen, die nicht gewerbesteuerpflichtig sind, nicht gegen Artikel 3 Abs. 1 Grundgesetz – GG– verstoße.
Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage.
Ergänzend zu den im außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren vorgetragenen Argumenten weist die Klägerin darauf hin, daß der Apotheker auch nach der Präambel der Berufsordnung für Apothekerinnen und Apotheker der Landesapothekerkammer Rheinland-Pfalz eine öffentliche Aufgabe erfülle und seiner Natur nach einen freien Beruf ausübe.
Auch der Gesetzgeber stelle in § 203 Abs. 1 Nr. 1 Strafgesetzbuch –StGB– den Apotheker ausdrücklich auf eine Stufe mit dem Arzt, Zahnarzt, Tierarzt und Angehörigen eines anderen Heilberufs.
Im Wege einer verfassungskonformen Auslegung müsse daher der Apotheker den freien Berufen im Sinne des § 18 EStG zuzuordnen sein.
Die Klägerin beantragt,
die Bescheide über den Gewerbesteuermeßbetrag 1990 vom 14. September 1992 und 1991 vom 09. Juni 1993 und die Einspruchsentscheidung vom 11. Mai 1994 aufzuheben,
hilfsweise,
das Verfahren auszusetzen und die Sache dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung darüber vorzulegen, ob § 18 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG jedenfalls insoweit verfassungswidrig ist, als die Berufstätigkeit eines Apothekers nicht als freie Berufstätigkeit behandelt wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Nachdem der Berichterstatter im Einverständnis mit den Beteiligten mit Beschluß vom 16. Januar 1996 das Ruhen des Verfahrens angeordnet hatte, bis über die beim Bundesverfassungsgericht anhängige Beschwerde, die sich gegen die Gewerbesteuerpflicht von Apotheken bzw. gegen die nicht angemessene Höhe des Freibetrags nach § 11 Abs. 1 Gewerbesteuergesetz –GewStG– richtete, entschieden werde, wurde das Verfahren wieder aufgenommen, nachdem die erste Kammer des 2. Senats die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen hatte (Beschluß vom 04. März 1996, 2 BvR 1486/92).
Entscheidungsgründe
Die Klage ist nicht begründet, da die Klägerin nach § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG der Gewerbesteuer unterliegt. Sie betreibt nämlich im Inland einen Gewerbebetrieb im Sinne des § 15 Abs. 2 EStG. Danach ist Gewerbebetrieb eine selbständige nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, wenn die Betätigung weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufs noch als eine andere selbständige Arbeit anzusehen ist.
Daß sich die Klägerin als Apothekerin selbständig, nachhaltig und mit Gewinnerzielungsabsicht am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr beteiligt, steht außer Frage und wird auch von der Klägerin nicht bestritten.
Sie ist aber auch nicht freiberuflich oder sonst selbständig im Sinne des Einkommensteuergesetzes tätig.
Zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit gehören gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG die Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit. Zu der freiberuflichen Tätigkeit gehören nach Satz 2 dieser Vorschrift die selbständig ausgeübte wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische, unterrichtende oder erzieherische Tätigkeit sowie die selbständige Berufstätigkeit der dort genannten sog. Katalogberufe und ähnlicher Berufe.
Als Apothekerin ist die Klägerin weder wissenschaftlich, künstlerisch, schriftstellerisch noch erzieherisch tätig. Der Beruf des Apothekers ist auch unter dem sog. Katalogberufen nicht erwähnt...