Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkünfte eines Vertretungsapothekers aus Gewerbebetrieb
Leitsatz (amtlich)
Ein Apotheker, der zu Vertretungszwecken selbständig tätig ist ohne eine eigene Apotheke zu betreiben, erzielt Einkünfte aus Gewerbebetrieb.
Normenkette
EStG §§ 15, 18 Abs. 1 Nrn. 1, 3, § 19; GewStG §§ 2, 6-7
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Tätigkeit des Klägers als Vertretungsapotheker als gewerblich i.S.d. § 15 Einkommensteuergesetz (EStG) einzuordnen ist und der Gewinn daher der Gewerbesteuer unterliegt.
Der Kläger studierte Pharmazie und betrieb bis … eine eigene Apotheke, die er jedoch aus Altersgründen aufgab. Um seine Rente aufzubessern, nahm er für Apotheken Aushilfstätigkeiten in Form von Urlaubs- und Krankheitsvertretungen wahr. Hierzu schloss er einen Rahmendienstvertrag mit der X GmbH (vgl. Bl. 19ff. Sonderakte Einsprüche) in dem auszugsweise folgendes geregelt ist:
§ 1 Aufgabenbereich
(1) Gegenstand des Unternehmens der X GmbH ist die Vermittlung von approbierten Apothekern [...] an Apotheken mit entsprechendem, jeweils befristetem Vertretungsbedarf. […].
(2) Der freie Mitarbeiter […] wird ab dem folgenden Datum als freiberuflicher Apotheker […] für das Unternehmen auf Anfrage tätig […].
(3) Er [..] erbringt seine [..] Leistungen im eigenen Namen und auf eigene Rechnung als selbständiger Unternehmer […]. Die Dienstleistung des freien Mitarbeiters […] besteht darin, als Approbierter […] den Vertretungsdienst in den jeweiligen Apotheken wahrzunehmen. Der entsprechende Vertretungsbedarf wird von den Apotheken jeweils im Vorfeld dem Unternehmen mitgeteilt. Das Unternehmen wird dann dem freien Mitarbeiter […] die Übernahme des angefragten Vertretungsdienstes anbieten, der […] in der Entscheidung über die Annahme dieses Angebotes jeweils frei entscheiden kann. […]
(4) Die zur Arbeitsausführung notwendigen Hilfsmittel wie z.B. entsprechende Arbeitskleidung werden von dem freien Mitarbeiter […] selbst gestellt.
§ 2 Vergütung
(1) Der freie Mitarbeiter […] erhält vom Unternehmen nur dann eine Vergütung, wenn und solange er […] einen ihm […] angebotenen Vertretungsdienst übernommen und ausgeführt hat. […]
(7) Der freie Mitarbeiter […] hat sämtliche Zahlungen, die er vom Unternehmen erhält, selbst zu versteuern und in eigener Selbständigkeit zur Einkommensteuer anzumelden. Ebenfalls hat der freie Mitarbeiter […] alle Sozialabgaben von dem gezahlten Honorar selbst zu tätigen. […]
§ 3 Krankheit, Arbeitsverhinderung und Urlaub
Die Regelung des § 616 BGB, wonach der Dienstverpflichtete trotz vorübergehender Dienstverhinderung einen Anspruch auf Zahlung der Vergütung erlangt, wird ausgeschlossen.
§ 4 Ausgestaltung des Dienstverhältnisses, Tätigkeit für Dritte, Haftung
(1) Die Parteien werden in der Ausgestaltung der Tätigkeit des freien Mitarbeiters […] und der Beziehung zueinander alles unterlassen, was die Qualifizierung des Vertrages als abhängiges Angestelltenverhältnis bedingen könnte. Sollte dennoch der vorliegende Vertrag von einer der beteiligten Parteien oder von dritter Seite als Anstellungsverhältnis qualifiziert werden oder sollte durch gesetzliche Vorgaben die Beschäftigung des freien Mitarbeiters […] als Scheinselbständigkeit bezeichnet werden, so verpflichten sich die Parteien, sich gegenseitig mit allen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zu unterstützen, um den Gegenbeweis zu führen. […]
(3) Zwischen den Vertragsparteien besteht Einigkeit, dass der freie Mitarbeiter in der jeweiligen Apotheke in eigener Verantwortung und auf eigenes Risiko handelt. Das Unternehmen haftet nicht für Schäden, die der Apotheke und/oder Dritten durch oder infolge der Tätigkeit des freien Mitarbeiters […] entstehen. […].
(4) Das Unternehmen wird mit den jeweils anfragenden Apotheken einen Dienstvermittlungsvertrag abschließen, […]"."
Auf den durch die X GmbH eingereichten Dienstvermittlungsvertrag, wie er üblicherweise mit den Apotheken abgeschlossen wurde, wird Bezug genommen (Bl. 46ff. Prozessakte (PA)).
Durch diese Tätigkeit erzielte er im Streitjahr 2016 Einkünfte, die er in der Einkommensteuererklärung für 2016 als selbstständige Einkünfte i.S.d. § 18 EStG erklärte. Nachdem der Beklagte den Kläger darauf hinwies, dass es sich um gewerbliche Einkünfte i.S.d. § 15 EStG handeln dürfte, reichte dieser eine Steuererklärung über die Gewerbesteuer-Messbetragsfestsetzung für das Jahr 2016 ein, woraufhin der Beklagte am 12.02.2019 den streitgegenständlichen Gewerbesteuermessbescheid erließ (Bl. 5 GewSt-Akte).
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 15.03.2019 vertreten durch seinen Steuerberater Einspruch ein (Bl. 1 Sonderakten Einsprüche). Zur Begründung trug er im Wesentlichen vor, dass der Kläger kein Gewerbe im steuerlichen Sinne ausübe, da sein Beruf als eine einem freien Beruf ähnliche Tätigkeit anzusehen sei. Denn ein Apotheker habe ein abgeschlossenes Hochschulstudium, sodass es sich um eine Tätigkeit handele, die einen ausgesprochen int...