Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufwendungen für eine Scheidungsvereinbarung führen auch bei einer einverständlichen Scheidung als Scheidungskosten zu einer außergewöhnlichen Belastung. Einkommensteuer 1984
Leitsatz (redaktionell)
Die Notarkosten und Rechtsanwaltsgebühren für den Abschluss einer Scheidungsvereinbarung, die – den Entscheidungsverbund nach § 623 ZPO ersetzend – im Rahmen einer einverständlichen Scheidung nach § 630 ZPO entstehen, sind jedenfalls dann als zwangsläufige und damit zu einer außergewöhnlichen Belastung führende Scheidungskosten anzusehen, wenn die einverständliche Scheidung ohne den Abschluss der Vereinbarung nicht zustande gekommen wäre.
Normenkette
EStG § 33 Abs. 1-2; ZPO §§ 630, 623
Tenor
1. Unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 28. November 1986 wird der geänderte Einkommensteuerbescheid 1984 vom 4. März 1987 dahin geändert, daß die Einkommensteuerschuld des Klägers auf …,– DM herabgesetzt wird.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Streitig ist der Abzug von Ehescheidungskosten als außergewöhnliche Belastungen.
Die Ehe des Klägers wurde im September 1984 geschieden. Am 5. Juli 1984 schloß er mit seiner damaligen Ehefrau eine notarielle Scheidungsvereinbarung, in der Regelungen zur Abgeltung des Anspruchs auf Vorsorgeunterhalt sowie über die Herausgabe von Hausrat und persönlichen Gegenständen, die Übertragung einer Eigentumswohnung auf die Ehefrau zum teilweisen Ausgleich des Zugewinns und die Zahlung eines Barbetrags zum weiteren Zugewinnausgleich enthalten sind. Die Kosten der Urkunde und ihres Vollzugs sowie angefallene außergerichtliche Kosten und die Kosten des Scheidungsverfahrens übernahm der Kläger. Wegen der Einzelheiten wird auf die Urkunde Nr. … vom 5. Juli 1984 des Notars … in … (Bl. 57/84 ff. der Einkommensteuerakten – EStA–) verwiesen.
In der Einkommensteuererklärung für 1984 und in der Ergänzung dazu (Bl. 14/84 ff. und 43/84 bis 48/84 EStA) machte der Kläger „Anwalts-, Gerichts- und Notarkosten bei Ehescheidung” im Gesamtbetrag von 29.885,77 DM als außergewöhnliche Belastungen geltend. Der Beklagte erkannte daraus 4.946,– DM für das gerichtliche Scheidungsverfahren an (= 2.360,94 DM aus der Gebührenrechnung … unter 1., Bl. 46/84 EStA, und 2.584,94 DM laut Kostenrechnung …, Bl. 48/84 EStA). Dieser Aufwendungsbetrag wirkte sich infolge der zumutbaren (Eigen-)Belastung des Klägers, die der Beklagte mit 4.420,– DM berechnete, in Höhe von 526,– DM steuermindernd aus. Die übrigen Kosten (= 24.940,– DM) ließ der Beklagte unberücksichtigt, mit der Begründung, daß diese Aufwendungen auf die Vereinbarungen über die Vermögensauseinandersetzung entfielen (nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung – AO– geänderter Einkommensteuerbescheid 1984 vom 28. Juli 1986, Bl. 72/84 ff. EStA).
Auf den Einspruch hat der Beklagte die Einkommensteuerschuld des Klägers auf 37.009,– DM festgesetzt. In der Einspruchsentscheidung vom 28. November 1986 (Bl. 102/84 ff. EStA) ist ausgeführt, daß es sich im Streitfall um eine einverständliche Ehescheidung nach § 630 der Zivilprozeßordnung (ZPO) handele, bei der dem Familiengericht keine Vereinbarung über eine Vermögensauseinandersetzung vorgelegt werden müsse. Zwangsläufige Aufwendungen könnten bei einer solchen Ehescheidung nur insoweit entstehen, als § 630 ZPO ausdrücklich die Vorlage bestimmter Vereinbarungen verlange. Danach könnten von den Kosten für die Scheidungsvereinbarung vom 5. Juli 1984 nur die auf die Regelung des Ehegattenunterhalts und der Ansprüche auf Herausgabe von Hausrat entfallenden Kostenanteile als außergewöhnliche Belastungen anerkannt werden. Das seien nach dem Verhältnis des Gegenstandswerts des Ehegattenunterhaltsanspruchs (= 50.000,– DM) zu dem der gesamten Scheidungsvereinbarung (= 500.000,– DM) 10 % der Kosten des Notars … von 2.789,69 DM (Bl. 45/84 EStA) mit 278,97 DM und 10 % der Kosten des Rechtsanwalts … von 11.246,10 DM (Bl. 46/84 Nr. 2 EStA) mit 1.124,61 DM. Hinzu kämen die Kosten des Rechtsanwalts … … wegen der Ehescheidung (= 2.360,94 DM Nr. 1 Bl. 46/84 EStA), so daß insgesamt 3.765,– DM abzugsfähig seien. Im Hinblick auf die zumutbare Eigenbelastung des Klägers von 4.420,– DM verbleibe kein Abzug einer außergewöhnlichen Belastung.
Nach Klageerhebung hat der Beklagte den Einkommensteuerbescheid 1984 am 4. März 1987 nach § 164 Abs. 2 AO dahin geändert, daß er Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung um 3.000,– DM vermindert und die Einkommensteuerschuld des Klägers auf 35.394,– DM herabgesetzt hat (Bl. 14 ff. der Prozeßakte). Dieser Bescheid ist auf Antrag des Klägers nach § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) Gegenstand des Klageverfahrens geworden.
Mit der Klage macht der Kläger insgesamt 27.301,– DM als außergewöhnliche Belastungen geltend. Dabei handelt es sich um Anwaltskosten … für das gerichtliche Verfahren der Ehescheidung (Bl. 46/84 Nr. 1 EStA) im Betrag von 2.360,94 DM, Anwaltskosten … für außergerichtliche Tätigkeit wegen Zugew...