Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerbefreiung für Umsätze von Kliniken aus der Behandlung mit sog. alternativen Methoden
Leitsatz (amtlich)
Umsätze einer Klinik aus alternativen - nicht unter den Katalog des § 11 BPflV fallenden - Behandlungsmethoden können nur dann steuerfrei belassen werden, wenn der Betreiber der Klinik den Nachweis erbringt, dass mindestens 40 % der Belegungstage auf Patienten entfallen, bei denen die Kosten durch den Träger der gesetzlichen Sozialversicherung oder die Beihilfe erstattungsfähig wären.
Normenkette
UStG § 4 Nr. 16b; AO § 67 Abs. 2; BPflV §§ 2, 11; BPFlV § 22; EWGRL 388/77 Art. 13 Teil A Abs. 1 lit. b; EWGRL 388/77 Art. 13 Teil A Abs. 1 lit. a
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob Umsätze von Organgesellschaften des Klägers (Kliniken) steuerfrei sind.
Der Kläger hat ein Unternehmen der Wirtschaftswerbung und gewerblichen Verpachtung von bebauten Grundstücken. Die Immobilien werden von den Pächtern, der Kurklinik L GmbH (Kurklinik) und der M-Klinik für plastische Chirurgie GmbH (M GmbH) jeweils zu eigenbetrieblichen Zwecken genutzt. Der Kläger hält sämtliche Anteile an der Kurklinik und der M GmbH.
Die Kurklinik und die M GmbH haben jeweils Konzessionen zum Betrieb eines privaten Krankenhauses nach § 30 GewO.
Die M GmbH hat sich auf die Behandlung organischer Impotenz männlicher Patienten mittels eines chirurgischen Eingriffs und unter Verwendung von Implantaten spezialisiert. Die Kurklinik betreibt eine Privatklinik für Innere Medizin und Naturheilverfahren. Dort werden verschiedene Therapien zur Gesundheitsfürsorge und Rehabilitation angeboten, insbesondere Sauerstoff-, H 3-, Heilfasten-, Therma-, Thymus-, Thymo-Therma-, Ganzheits-, Schmerz- und ATP-Therapien, sowie biologisch aktive Zellregeneration (vgl. Anlage zum Schriftsatz vom 31.03.2006, Bl. 132 FG-Akte). Dabei orientiert sich die jeweilige Therapiedauer am Gesundheitszustand des Patienten und beträgt in der Regel zwischen einer und vier Wochen. Bei den Patienten handelt es sich um "Stammkunden", die regelmäßig therapiert werden oder um Personen, die über Werbeanzeigen in Zeitschriften auf die Angebote der Kurklinik aufmerksam gemacht werden.
Der Beklagte nimmt zwischen dem Kläger als Organträger und der Kurklinik und der M GmbH als Organgesellschaften umsatzsteuerlich eine Organschaft an.
Die Umsatzsteuer beim Kläger wurde für die Streitjahre 1994 bis 1999 zunächst unter Vorbehalt der Nachprüfung entsprechend den eingereichten Voranmeldungen bzw. Umsatzsteuererklärungen festgesetzt. Die Leistungen der Organgesellschaften waren darin als umsatzsteuerpflichtige Leistungen erfasst worden.
Unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 10.11.1999 - 2 BvR 2861/93, wonach ärztliche Leistungen unabhängig von der Rechtsform des leistenden Unternehmers von der Umsatzsteuer befreit sind, beantragte der Kläger erstmals, mit Schreiben vom 23.12.1999 für das Jahr 1994 und mit Schreiben vom 05.01.2000 für die Jahre 1995 bis 1998, die Umsatzsteuerbescheide zu ändern und die Leistungen der Organgesellschaften in vollem Umfang steuerfrei zu belassen. Zwar fielen die Kliniken nicht unter § 4 Nr. 16 b UStG, jedoch handele es sich um Heileinrichtungen, die von angestellten Ärzten verantwortlich geführt würden, die ihrerseits für sich die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 14 Satz 1 UStG in Anspruch nehmen könnten.
Im Anschluss an eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung erließ der Beklagte am 23.10.2002 geänderte Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 1994 bis 1998, in denen er nur die ärztlichen Leistungen steuerfrei beließ. Die Ermittlung der als umsatzsteuerpflichtig behandelten weiteren Leistungen nahm er in der Weise vor, dass die Aufwendungen für Unterkunft und Verpflegung in pauschaler Höhe von 165 DM je Aufenthaltstag mit der Anzahl der Gesamtaufenthaltstage der Patienten multipliziert wurden. Zugleich erließ er einen erstmaligen Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 1999, in dem er entsprechend verfuhr.
Gegen diese Bescheide erhob der Kläger fristgerecht Einspruch und beantragte, die Leistungen der Organgesellschaften gemäß § 4 Nr. 16 b UStG in vollem Umfang steuerfrei zu belassen. Bei der Kurklinik handele es sich um ein Krankenhaus, in dem ausschließlich Leistungen erbracht würden, die auch in internistischen Abteilungen von Krankenhäusern öffentlich-rechtlicher Träger üblicherweise erbracht würden. Auch zeige ein Vergleich der Kosten je Behandlungstag in der Kurklinik mit den Gesamtpflegesätzen je Tag der inneren Abteilungen in Krankenhäusern der näheren Umgebung, dass deren Sätze durchschnittlich über den Pflegesätzen der Kurklinik lägen.
Die Leistungen der M GmbH erstreckten sich ausschließlich auf die Behandlung der organischen Impotenz. Die M GmbH sei als Privatklinik in dieser Form in Deutschland einzigartig. Die Behandlungsleistungen würden allerdings auch von den medizinischen Einrichtungen der Universität B erbracht. Der Patient müsse für eine Behandlung du...