Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur steuerlichen Anerkennung eines Darlehensvertrages unter nahen Angehörigen Darlehen an 93-jährige Mutter, mit dessen Tilgung erst nach 15 Jahren begonnen werden soll
Leitsatz (amtlich)
Ein Darlehensvertrag zwischen dem Steuerpflichtigen als Darlehensnehmer und seiner 93-jährigen Mutter als Darlehensgeberin ist steuerlich nicht anzuerkennen, wenn mit der Tilgung des Darlehens erst nach 15 Jahren begonnen werden soll und der Steuerpflichtige bei Vertragsschluss davon ausgegangen war, seine Mutter zu beerben. Bei einer solchen Sachlage ist davon auszugehen, dass mit der Auszahlung des Darlehensbetrages eine endgültige Vermögensverschiebung zugunsten des Steuerpflichtigen im Sinne einer verschleierten Schenkung herbeigeführt werden sollte.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 S. 1, § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1; AO § 42; BGB § 181
Tatbestand
Streitig ist, ob Schuldzinsen aufgrund eines zwischen dem Kläger und seiner bei Vertragsschluss durch ihn vertretenen Mutter abgeschlossenen Darlehensvertrags steuerlich als vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigen sind.
Die Kläger werden als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Am 15. März 2015 schloss der Kläger mit seiner am 27. Dezember 1921 geborenen - zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses also 93 Jahre alten - Mutter, Frau I. W., einen "Darlehensvertrag" mit folgendem Inhalt:
1. " Vorbemerkung
Aus dem Verkauf des Hauses B-Str. sind der Darlehnsgeberin ca. 500.000 € verblieben, die gewinnbringend angelegt werden sollen.
Auf dem Tagesgeldkonto werden nur 0,5% Zinsen gezahlt. Die ausschließliche Anlage in Wertpapieren ist zu risikobehaftet, zumal die Darlehensgeberin bereits über ein Wertpapiervermögen von ca. 100.000,00 € (Deka) verfügt.
Der Darlehensnehmer beabsichtigt den Erwerb einer Immobilie zur Eigennutzung im Raum … und benötigt deshalb zur teilweisen Finanzierung ein Darlehen.
Laut FAZ vom heutigen Tag beträgt der Zins eines Baudarlehens bei einer 70prozentigen Finanzierung und einer Laufzeit von 15 Jahren im Mittelwert von 90 Banken: 1,88%.
Im Hinblick darauf, dass der Darlehensnehmer für Baukredite der Darlehensgeberin die persönliche Haftung genommen hat (VKH, Schwäbisch Hall) ist eine dingliche Absicherung des Kredits nicht vorgesehen; als Risikoausgleich zahlt der Darlehensnehmer jedoch einen Betrag von 1,12% p.a. zusätzlich.
2. Dies vorausgeschickt, gewährt die Darlehensgeberin dem Darlehnsnehmer ein Darlehen in Höhe von 250.000,00 € (...)
3. Das Darlehen ist mit 3% p.a. zu verzinsen; der Zinssatz kann erst nach 15 Jahren entsprechend der Entwicklung von dinglich gesicherten Immobiliarkrediten angepasst werden.
Die Zinszahlungen erfolgen nachträglich zum 30.03., 30.06., 30.09. und 30.12. eines jeden Jahres in Höhe von 1.875,00 €.
4. Während der ersten 15 Jahre erfolgt keine Tilgung; sodann eine solche von 5% p.a."
Der Kläger war zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit einer von seiner Mutter am 10. Oktober 1985 ausgestellten, von den Beschränkungen des § 181 BGB befreienden, notariellen General-Vollmacht ausgestattet, auf die wegen der Einzelheiten verwiesen wird. Den Darlehensvertrag vom 15. März 2015 unterzeichnete er sowohl auf Seiten des Darlehensnehmers als auch - als Vertreter seiner Mutter - des Darlehensgebers.
Mit notariellem Vertrag vom 28. Mai 2015 erwarb der Kläger das Grundstück I-Straße in H zu einem Kaufpreis von 730.000 €. Auf dem Grundstück befinden sich eine gewerbliche Halle mit einer Fläche von 638 m² (Hausnummer …c) und ein Bungalow mit einer Wohnfläche von 111 m² (Hausnummer …d).
Im Rahmen eines Einspruchs gegen einen Bescheid über Einkommensteuer-Vorauszahlungen für 2015, 2016 und weitere Jahre teilten die Kläger mit Schreiben vom 20. Juli 2015 mit, der Kläger werde Einkünfte aus Vermietung nicht mehr haben; vgl. auch Schreiben vom 10. August 2015, wonach Einkünfte aus Vermietung nicht mehr erzielt würden.
In ihrer am 20. Mai 2016 beim Beklagten eingereichten Einkommensteuererklärung für 2015 erklärten die Kläger neben sonstigen Einkünften/Leibrenten und Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit auch negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung des Grundstücks I-Straße in H in Höhe von 8.088 €. Zur Erläuterung führten sie in einem Schreiben vom 21. Mai 2016 aus, das Grundstück sei seit dem 01. Januar 2016 vermietet; im Jahre 2015 seien keine Einkünfte aus Vermietung erzielt worden. Zur Teilfinanzierung des Kaufpreises, der in Höhe von 300.000 € schon 2015 fällig gewesen sei, habe der Kläger ein Darlehen bei seiner Mutter über 250.000 € und ein Darlehen bei der Stadtsparkasse … über 300.000 € aufgenommen. Es seien aus dem von der Mutter des Klägers gewährten Darlehen Schuldzinsen in Höhe von insgesamt 5.937,50 € (312,50 € + (1.875 € x 3)) sowie hinsichtlich des Darlehens bei der Stadtsparkasse Gerichts- und Notarkosten zur Eintragung einer Grundschuld über 300.000 € in Höhe von insgesamt 1.789,48 € angefallen (aus hierzu vorgelegten Konto...