Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Vermutung des Vermögensverfalls bei Restschuldbefreiung

 

Leitsatz (amtlich)

Wurde nach Durchführung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Steuerberaters Restschuldbefreiung nach § 291 InsO angekündigt, sind die Vermögensverhältnisse des Steuerberaters nunmehr als geordnet anzusehen, soweit keinerlei Anhaltspunkte für eine Versagung der Restschuldbefreiung nach Ablauf der Wohlverhaltensperiode vorliegen, so dass der Widerruf der Bestellung wegen Vermögensverfalls nicht mehr gerechtfertigt ist.

 

Normenkette

StBerG § 46 Abs. 2 Nr. 4 2. Hs. 1. Alternative; InsO § 291

 

Tatbestand

Streitig ist der Widerruf der Bestellung des Klägers als Steuerberater wegen Vermögensverfalls.

Der am 5. Juli 1953 geborene Kläger ist seit 1983 verheiratet. Die Eheleute haben einen am 17. Mai 1988 geborenen Sohn (D), eine am 16. August 1989 geborene Tochter (A) sowie ein weiteres, 1985 geborenes Kind (J). Zwei Kinder stehen in Berufsausbildung und sind unterhaltsberechtigt.

Der Kläger war in Einzelpraxis seit dem 17. Oktober 1986 mit beruflicher Niederlassung zunächst in 57642 A freiberuflich tätig. Mit Fax vom 26. Januar 2005 teilte er der Beklagten mit, dass das Finanzamt A (Finanzamt) wegen Steuerforderungen gegen ihn eine Pfändung von Mandantenforderungen ausgebracht habe. Anlässlich einer Besprechung bei der Beklagten am 4. Februar 2005 schilderte er die Situation; es soll um eine Steuernachzahlung von 70.000,00 € gegangen sein. Das Finanzamt schikaniere ihn.

Mit Vertrag vom 22. Februar 2005 veräußerte der Kläger seinen -Miteigentumsanteil an einem bankfinanzierten 5-Familienhaus in A, B-Straße, an den anderen Miteigentümer (Dr. H.) für 207.570,53 € (= der Darlehensvaluta inkl. Zins und Tilgungsrückstand) mit Wirkung zum 1. März 2005 (Vertrag, Bl. 207 ff., im Folgenden jeweils: Widerrufsordner). Der Kaufpreis sollte durch privative Schuldübernahme (§ 414 BGB) des Erwerbers erbracht werden. Zusätzlich trat der Kläger gem. § 2 Nr. 5 b des Übertragungsvertrages seine zur Sicherheit gestellten Ansprüche aus Lebensversicherungen in Höhe von „ca.“ 39.000,00 € an den Erwerber ab. Der Schuldübernahme stimmte die X-Bank als Inhaberin der in Abteilung 3 des Grundbuches eingetragenen Buchgrundschuld in Höhe von 460.162,89 € nicht zu (Schreiben vom 25. April 2005, Bl. 226). Sie bezifferte in diesem Schreiben ihren Anspruch zum 1. März 2005 auf insgesamt 486.324,53 €.

Zum 1. März 2005 veräußerte der Kläger seinen Mandantenstamm bzw. seine Steuerberatungspraxis in A für 90.000,00 € an einen Berufskollegen (Wirtschaftsprüfer/Steuerberater H). Ab 15. Juni 2005 will der Kläger als „freier Mitarbeiter“ bei der Firma R Steuerberatungsgesellschaft mbH in T (im Folgenden: GmbH) tätig sein. Zum 1. Januar 2006 wurde er neben Steuerberater/Rechtsbeistand R, der im ca. 160 km von T entfernten A, A-Straße, eine Einzelkanzlei als Steuerberater betreibt, als weiterer Alleinvertretungsberechtigter, von der Beschränkung des § 181 BGB befreiten Geschäftsführer bestellt. Ein schriftlicher Vertrag über die Tätigkeit des Klägers in Trier soll nicht existieren (vgl. Bl. 3 des ersten Berichts des Insolvenzverwalters vom 1. Juni 2006, Bl. 101).

Mit Schreiben vom 22. Juli 2005 übermittelte die Steuerberaterkammer D der Beklagten ein Schreiben der Y-Ersatzkasse, wonach der Kläger als Arbeitgeber in der Zeit vom 1. Oktober 2004 bis zum 30. Juni 2005 mit Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von 6.842,52 € im Rückstand sei. Hierzu von der Beklagten angesprochen, teilte er unter einer Adresse in T (R-Straße, T) mit, dass Ratenzahlung vereinbart worden sei. Nach telefonischer Mitteilung der Ersatzkasse soll die erste Ratenzahlung nicht eingegangen sein; es liefen Vollstreckungsmaßnahmen. Die Beklagte ermittelte daraufhin, dass der Kläger mittlerweile in D (Anschrift wie im Rubrum) als wohnhaft gemeldet war.

Unter dem 2. August 2005 teilte die OFD der Beklagten mit, dass der Kläger bereits seit Juni 2003 wegen steuerlicher Rückstände in Beitreibung sei; zum 19. Juli 2005 betrügen seine steuerlichen Rückstände 116.649,00 € (davon an Säumniszuschlägen: 8.039,00 €). U.a. handelte es sich um Lohnsteuern für den Zeitraum Oktober 2004 bis März 2005, Einkommensteuer 2001 bis 2003 sowie Vorauszahlung zur Einkommensteuer bis zum 2. Quartal 2005 und Umsatzsteuer seit 1999. Ein am 23. November 2004 durchgeführter Vollstreckungsversuch des Vollziehungsbeamten sei fruchtlos verlaufen. Aus der Praxisveräußerung habe das Finanzamt per Forderungspfändung 30.000,00 € erhalten. Hierzu hat der Insolvenzverwalter in seinem ersten Bericht festgehalten, dass der Praxiserwerber den Kaufvertrag wegen arglistiger Täuschung mit Schreiben vom 27. Januar 2006 angefochten habe. Angeblich soll ein Großteil der Mandate nicht existent gewesen sein, andere Mandanten hätten das Mandat bereits gekündigt gehabt. Der Erwerber sei nicht bereit, die Restzahlung von 60.000,00 € zu erbringen; 30.000,00 € habe das Finanzamt gepfändet und auch erhalten. Die OFD teilte ferner mit...

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