Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Berücksichtigung von Verlusten EU-ausländischer Tochtergesellschaften bei der inländischen Muttergesellschaft ohne vertragliche Verlustübernahmevereinbarung
Leitsatz (amtlich)
Wenn auch die nationalen steuerrechtlichen Vorschriften betreffend die deutsche körperschaftsteuerliche Organschaft nach den §§ 14 ff KStG an den gemeinschaftsrechtlichen Grundfreiheiten und der EuGH-Rechtsprechung wie z.B. der Entscheidung in der Rs. Marks & Spencer vom 13.12.2005, C-446/03 zu messen sind, führt dies nicht dazu, dass im Zuge einer normerhaltenden Reduktion der Vorschriften auf nahezu sämtliche dort geforderten Voraussetzungen zu verzichten wäre. Insbesondere an dem keinen spezifischen Inlandsbezug aufweisenden Merkmal der Verpflichtung zur Verlustübernahme durch die Muttergesellschaft ist festzuhalten.
Normenkette
AktG §§ 291, 302; KStG § 14; EGV Art. 43, 48
Tatbestand
Streitig ist die Berücksichtigung von Verlusten einer EU-ausländischen Tochtergesellschaft im Inland.
Die Klägerin ist die in Deutschland ansässige Muttergesellschaft des X-Konzerns. Unternehmensgegenstand ist die Herstellung, der Vertrieb und Handel von Maschinen, Anlagen und anderen industriellen Erzeugnissen, insbesondere Pumpen, Armaturen und Kompressoren.
Die Klägerin war an verschiedenen Tochterunternehmen im In- und Ausland beteiligt, so seit dem 30.11.1987 auch zu 100% an der hier streitgegenständlichen Y mit Sitz in F, Dänemark. Diese Tochtergesellschaft verkaufte von der X-Gruppe hergestellte Pumpen und Armaturen und erbrachte im Zusammenhang damit stehende Serviceleistungen auf dem sich als schwierig erweisenden dänischen Markt. Nachdem der handelsrechtliche Verlustvortrag der Y zum 31.12.1998 ca. 2,5 Mio. Dänische Kronen (DKK) betragen hatte (Bl. 59 Prozessakten - PA), konnten nicht zuletzt infolge kostenreduzierender Maßnahmen in den Jahren 1999 bis 2001 Gewinne zwischen 62.075 und 134.293 DKK erzielt werden. Für das Streitjahr 2002 entstand nach dem vorliegenden Jahresabschluss sodann ein weiterer Verlust iHv 702.253 DKK bzw. bei Berücksichtigung der Veränderung der Rückstellung für latente Steuern ein solcher iHv 403.253 DKK (Bl. 92 PA). Nachdem die Y in den Folgejahren weiterhin erhebliche Verluste erlitten hatte, wurde beschlossen, deren Geschäftstätigkeit zum Ende des Jahres 2004 zu beenden und die Gesellschaft aufzulösen. Die Geschäfte des Konzerns wurden ab dem 01.01.2005 von einem unabhängigen Vertriebspartner (G & S) weitergeführt. Zum Ende der Liquidation zum 30.11.2005 wies die Y einen Verlustvortrag iHv 4.999.680 DKK aus (Jahresabschluss zum 30.11.2005, Bl. 151 PA), das handelsbilanzielle Eigenkapital war zu diesem Zeitpunkt von ehemals 5 Mio. DKK auf nur noch 320 DKK gesunken (Jahresabschluss zum 30.11.2005, Bl. 153 PA). Nach Abschluss der Liquidation Mitte 2006 (Löschungsvermerk des dänischen Gesellschaftsregisters vom 21.06.2006, Bl. 183 PA) war die Y erloschen, ein sich ergebender handelsrechtlicher Liquidationserlös iHv 10.553 DKK, bei dem es sich um die steuerfreie Rückzahlung von Einlagen der Klägerin handelte, wurde ihr gutgeschrieben.
Angesichts der Einstellung des aktiven Geschäftsbetriebs der Y zum 31.12.2004 nahm die Klägerin in ihrem Jahresabschluss 2004 eine Teilwertabschreibung auf den Beteiligungsbuchwert der Y bis auf 1 Euro vor. Weil sie diese Abschreibung unter Anwendung von § 8b Abs. 3 KStG für steuerliche Zwecke außerbilanziell korrigierte, ergaben sich hieraus keine körperschaftsteuerlichen Auswirkungen (Anlagen zur Körperschaftsteuererklärung 2004, Bl. 173, 175 PA).
Mit Schreiben vom 07.03.2006 beantragte die Klägerin bei dem Beklagten unter Hinweis auf u.a. die Entscheidung des EuGH in der Rs. Marks & Spencer (C-466/03) den Abzug der jeweils im Einzelnen bezifferten operativen Verluste der Y aus den Geschäftsjahren 2002 bis 2005 bei der Ermittlung ihres zu versteuernden Einkommens der jeweiligen Veranlagungszeiträume.
Dem folgte der Beklagte im Körperschaftsteuerbescheid für das Streitjahr 2002 vom 17. September 2007 nicht. Nach der dem Bescheid beigefügten Anlage (Bl. 203 PA) sei eine einkommensmindernde Verlustberücksichtigung nicht möglich, weil das deutsche Steuerrecht eine rechtsträgerübergreifende Verlustberücksichtigung nur national in den Fällen der Organschaft zulasse. Eine solche könne nach derzeitiger Gesetzeslage nur mit einer Organgesellschaft wirksam begründet werden, die sowohl Sitz als auch Geschäftsleitung im Inland habe; daran fehle es bei der Y. Außerdem erforderten die deutschen Organschaftsregelungen zwingend den Abschluss und die Durchführung eines Ergebnisabführungsvertrags, der aber zwischen der Klägerin und der Y nicht vorliege. Es sei auch nicht analog verfahren worden, da der erwirtschaftete Verlust von der Klägerin tatsächlich nicht übernommen bzw. finanziell ausgeglichen worden sei.
Die Entscheidung des EuGH in der Rs. Marks & Spencer entfalte mangels gesetzgeberischer Umsetzung in nationales Recht oder einer Anordnung zu dessen allgemeiner Anwend...