Entscheidungsstichwort (Thema)
Umwandlung von irrtümlich gezahlten Rentenversicherungsbeiträgen in Beiträge zur freiwilligen Rentenversicherung
Leitsatz (amtlich)
Wird hinsichtlich irrtümlich gezahlter Rentenversicherungsbeiträge für die Gesellschafter-Geschäftsführerin einer GmbH ein Antrag gestellt, dass die zu Unrecht gezahlten Beiträge zur Rentenversicherung als Beiträge zur freiwilligen Rentenversicherung verbleiben, so handelt es sich in Höhe der Arbeitgeberanteile um Zufluss von Arbeitslohn im Jahr der Antragstellung, nicht hingegen um eine Entschädigung.
Normenkette
EStG § 19 Abs. 1, § 24 Nr. 1a; LStDV § 2 Abs. 1; SGB IV § 202
Tatbestand
Streitig ist, ob durch Unterlassen der Rückforderung seitens des Arbeitgebers nach irrtümlicher Pflichtbeitragszahlung an die gesetzliche Rentenversicherung ein Zufluss von Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit vorliegt.
Die Klägerin wurde für das Kalenderjahr 1997 einzeln zur Einkommensteuer veranlagt. Seit 1980 war sie Angestellte bei der G. H. GmbH, deren einzelvertretungsberechtigte Gesellschafterin-Geschäftsführerin sie seit dem 01. Januar 1989 neben einem weiteren ebenfalls einzelvertretungsberechtigten Geschäftsführer ist. An der GmbH ist sie zu 37 % beteiligt.
Im Zuge einer Betriebsprüfung stellte der Beklagte fest, dass es sich seit 1989 - unstreitig - nicht um ein Arbeitsverhältnis im sozialversicherungsrechtlichen Sinn handelt. Zur Verwendung der irrtümlich geleisteten Arbeitgeberanteile zur Renten- und Arbeitslosenversicherung reichte die GmbH, vertreten durch die Klägerin, am 24. November 1997 bei der Barmer Ersatzkasse einen Antrag ein. Dabei wurde für die zu Unrecht gezahlten Beiträge (Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil) zur Arbeitslosenversicherung für die Jahre 1989 bis 1997 die Erstattung in Höhe von 42.622,20 DM beantragt, die dann auch entsprechend dem Bescheid des Arbeitsamts P vom 20. Januar 1998 durchgeführt wurde. Die Arbeitgeberin erzielte hier einen steuerpflichtigen Ertrag in Höhe von 50 %, entspricht 21.311,10 DM.
Für die irrtümlich gezahlten Beiträge zur Rentenversicherung (u. a. Arbeitgeberanteile 1989 bis 1997 in Höhe von 62.370,90 DM) wurde ebenfalls am 24. November 1997 der Antrag gestellt, dass die zu Unrecht gezahlten Beiträge dem Rentenversicherungsträger als Beiträge zur freiwilligen Versicherung verbleiben, § 202 Satz 1 SGB VI; auf Bl. 63 der ESt-Akte des Beklagten, Fach 1997, St.Nr. 35/073/4014/4, wird Bezug genommen.
Der Beklagte erhöhte die bisher erklärten und veranlagten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit des Kalenderjahres 1997 um den Arbeitgeberanteil zur Rentenversicherung in Höhe von 62.371,-- DM und erfasste diese Einkünfte im Einkommensteuerbescheid vom 11. Februar 2000. Die Sonderausgaben wurden ebenfalls entsprechend erhöht.
Gegen diesen Änderungsbescheid erhob die Klägerin Einspruch. Sie äußerte die Auffassung, Zufluss von Arbeitslohn durch die Umwandlung der Arbeitgeberbeiträge in freiwillige Beiträge liege nicht vor. Auf der Ebene des Unternehmens sei erhöhte Bestandskraft eingetreten, auch bei der Klägerin lägen für die vergangenen Jahre bestandskräftige Einkommensteuerbescheide vor.
Der Einspruch hatte keinen Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 11. Dezember 2000). Als Begründung wurde in der Einspruchsentscheidung u. a. ausgeführt, es liege ein Zufluss aus dem Dienst- bzw. Arbeitsverhältnis vor. Es sei unerheblich, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form die Einnahmen gewährt würden. Der Zufluss liege im Verzicht der Arbeitgeberin auf den Rückforderungsbetrag und nicht im Wegfall einer eventuellen Steuerfreiheit der Arbeitgeberanteile. Der Klägerin sei ein Vorteil zugeflossen, auch wenn sie in der Verfügungsmacht über die Rentenversicherung eingeschränkt sei.
Mit der Klage trägt die Klägerin vor, hinsichtlich der von der GmbH gezahlten Rentenbeiträge wäre es im Erstattungsfall zu einer erheblichen Rentenkürzung bei der Klägerin gekommen. Die Klägerin habe daher gemeinsam mit der Arbeitgeberin die Umdeutung der irrtümlich gezahlten Pflichtbeiträge in freiwillige Beiträge zur Rentenversicherung beantragt. Dabei habe es sich um die Arbeitgeberanteile in Höhe von 62.370,90 DM gehandelt.
In der Einspruchsentscheidung gehe der Beklagte davon aus, dass der Verzicht auf den Erstattungsanspruch der Arbeitgeberanteile ein geldwerter Vorteil zugunsten der Klägerin im Sinne von § 19 EStG im Jahr 1997 darstelle und berufe sich dabei u. a. auf ein Urteil des BFH aus 1984 zur Ausgabe von Belegschaftsaktien mit zeitlich begrenzten Verfügungssperren (Problembereich: Beschränkung der Verfügungsmacht; BStBl II 1985, 136).
Wie das Finanzgericht Rheinland-Pfalz bereits in seiner Entscheidung vom 09. August 1991 3 K 2438/90, EFG 1992, 116, ausgeführt habe, sei die Zahlung von Arbeitgeberanteilen zur Sozialversicherung keine Zahlung von Leistungen im Sinne des § 19 EStG sondern beruhe auf einer besonderen öffentlich-rechtlichen Verpflichtung des Arbeitgebers zur Sicherung der Rentenansprüche aus der gesetzlichen Rentenversicherung. ...