Entscheidungsstichwort (Thema)
Leistungen aus vom Arbeitgeber als Versicherungsnehmer abgeschlossenen Gruppenunfallversicherung als Arbeitslohn
Leitsatz (amtlich)
Erhält der Arbeitnehmer wegen eines auf einer Dienstreise erlittenen Verkehrsunfalls, aufgrund dessen er dauerhaft arbeitsunfähig wurde, Leistungen aus einer vom Arbeitgeber als Versicherungsnehmer abgeschlossenen Gruppenunfallversicherung, liegt insoweit kein Arbeitslohn vor. Anders als bei Leistungen nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz fehlt diesen Leistungen der Entlohnungscharakter für die geleistete Arbeit. Die Leistungen dienen auch anders als Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung nicht dazu, Einnahmeausfälle auszugleichen.
Normenkette
EStG § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 8 Abs. 1; LStDV § 2 Abs. 1
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob es sich bei empfangenen Leistungen aus einer Gruppenunfallversicherung um Arbeitslohn des Klägers handelt.
Der allein stehende, 1965 geborene Kläger war als Schuhtechniker bei einer Schuhfabrik (im Folgenden: Arbeitgeberin) im Inland angestellt. Zur Produktionsüberwachung war er von seiner Arbeitgeberin zu deren Niederlassung nach Ungarn entsandt worden. Auf dem Weg zur dortigen Arbeitsstätte mit dem Pkw erlitt er am 09. Oktober 1999 in Ungarn einen Verkehrsunfall. Dabei zog er sich schwere Hirnquetschungen zu und ist seitdem Vollinvalide. Er bezieht eine Sozialversicherungsrente von derzeit monatlich 866,04 € (brutto); der Grad seiner Behinderung wurde durch Bescheid vom 14. Oktober 2003 mit 50 % festge-stellt (zuvor: 60 % mit dem Merkzeichen G).
Die Arbeitgeberin hatte im Rahmen einer Gruppenversicherung auch für den Kläger eine Unfallversicherung "gegen die wirtschaftlichen Folgen körperlicher Unfälle" im Rahmen der Allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen (AUB 88) abgeschlossen, die "Unfälle in der ganzen Welt", im beruflichen wie auch im Privatbereich, umfasst.
Im Jahr 2003 zahlte die Versicherung an die Arbeitgeberin als Versicherungsnehmerin (VN) wegen des Unfalls einen Betrag von 76.694,00 €, den diese lediglich mit 51.129,00 € an den Kläger nach Abzug von Lohnsteuer, Zuschlagsteuern und Sozialabgaben als Arbeitslohn im März 2003 überwies. Da nach dem Doppelbesteuerungsabkommen mit Ungarn das Besteuerungsrecht für den Kläger im Jahr 2003 dem Land Ungarn zustand, erstattete das Finanzamt die im Jahr 2003 einbehaltene Lohnsteuer sowie die Zuschlagsteuern dem Kläger. Insoweit wird der Kläger in Ungarn zur Steuer herangezogen.
Am 20. Dezember 2006 übergab die Arbeitgeberin dem Kläger einen Verrechnungsscheck über 11.605,87 € als Teil des verbleibenden Restbetrags der Versicherungsleistung (= 25.564,80 €; vgl. Klageschrift zum Arbeitsgericht K vom 21. Dezember 2006, Bl. 6, 9 ESt-Akte). U.a. wegen des verbleibenden Betrags von 13.958,93 € erhob der Kläger Klage vor dem Arbeitsgericht K. Hier kam es am 25. Januar 2007 zu einem Zwischenvergleich u.a. dahin, dass dem Kläger eine Entgeltsbescheinigung (für 2006) zur Vorlage beim Finanzamt zu erteilen sei. Hierin bescheinigt die Arbeitgeberin für das Streitjahr 2006 dem Kläger einen Bruttoarbeitslohn von 25.564,80 € unter Abzug von diesbezüglichen Lohnsteuern, Zuschlagsteuern und Sozialabgaben (Bl. 5 ESt-Akte). Dementsprechend veranlagte das Finanzamt mit Bescheid vom 21. Juni 2007 für 2006 (Bl. 71 ESt-Akte).
Mit seinem hiergegen eingelegten Einspruch machte der Kläger geltend, dass die Versicherungsleistung kein Lohnersatz darstelle, sondern Entschädigung für die körperliche Beeinträchtigung sei und den immateriellen Schaden ausgleiche. Im Übrigen habe wegen des Unfalls ein unmittelbarer Anspruch gegenüber der Arbeitgeberin nach §§ 104, 8 Abs. 2 Nr. 1 - 4 SGB VII sowie aus Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA) bestanden.
Der Einspruch hatte keinen Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 24. August 2007, Bl. 83 ESt-Akte).
Das Finanzamt vertrat unter Berufung auf das im Anschluss an das BFH-Urteil vom 16. April 1999 - VI R 60/96 (BStBl. II 2000, 406) ergangene BMF-Schreiben vom 17. Juli 2000 - IV C 5 - S 2332 - 67/00 - (hier: 4.1.1) die Meinung, dass es sich um steuerpflichtigen Arbeitslohn handele. Der Versicherungsschutz sei als Gegenleistung zur geleisteten Arbeit, zumindest aber mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis, gewährt worden. Die Arbeitgeberin sei weder gesetzlich noch deshalb zum Schadenersatz wegen des Unfalls verpflichtet gewesen, weil ihr keine schuldhafte Verletzung ihrer arbeitsvertraglichen Fürsorgepflicht vorzuwerfen sei.
Mit der vorliegenden Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er verbleibt bei seiner Auffassung, dass die Versicherungsleistung als Schadenersatz nicht steuerbar sei.
Der Kläger beantragt, den Einkommensteuerbescheid 2006 vom 21. Juni 2007 in der Fassung der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 24. August 2007 dahin zu ändern, dass bei Ansatz der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit mit 0,00 € die Einkommensteuer m...