Revision eingelegt (BFH X R 3/21)
Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Abgrenzung von dauernder Last und Leibrente Maßgeblichkeit der Abänderbarkeit der Höhe der Rentenleistungen
Leitsatz (amtlich)
Hat sich der Übernehmer in einem vor dem 1. Januar 2008 abgeschlossenen Vermögensübergabevertrag zu wiederkehrenden Barleistungen verpflichtet, ist dies grundsätzlich als in voller Höhe als Sonderausgabe abziehbare dauernde Last zu beurteilen, sofern - z.B. durch eine Bezugnahme auf § 323 ZPO - die Abänderbarkeit der Höhe der Rentenleistungen vereinbart wurde. Wurde die Abänderbarkeit der gesamten Versorgungsleistungen allerdings bei wesentlich veränderten Lebensbedürfnissen (Heimunterbringung, Pflegebedürftigkeit) ausgeschlossen, liegt eine nur mit dem Ertragsanteil abziehbare Leibrente vor. Darauf, ob voraussichtlich ein Mehrbedarf aufgrund einer Pflegebedürftigkeit oder Heimunterbringung des Übergebers tatsächlich entstehen wird, kommt es nicht an.
Normenkette
ZPO § 323; EStG § 10 Abs. 1 Nr. 1a, § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob Zahlungen des Klägers an seinen Vater als dauernde Last oder als Leibrente zu berücksichtigen sind.
Die Kläger wurden in den Streitjahren zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielte u.a. Einkünfte aus Gewerbebetrieb als Optiker.
Mit notariellem Vertrag vom 30. Dezember 2003 hatte der Kläger den Optikerbetrieb von seinem Vater, Herrn R. H., übernommen. Im Gegenzug hatte er sich verpflichtet, seinem Vater auf dessen Lebenszeit zur Gewährung seines standesgemäßen Unterhalts einen monatlichen Betrag in Höhe von 5.500 € "als dauernde Last" zu zahlen. Bezüglich dieses Betrages vereinbarten die Vertragsparteien eine Wertsicherungsklausel. Zudem wurde die Geltung von § 323 ZPO vereinbart. Hiernach soll bei einer Veränderung der für die Berechnung der monatlichen Leistungen maßgeblichen Verhältnisse im wesentlichen Umfang jeder Vertragsteil berechtigt sein, im Wege der Klage eine entsprechende Abänderung des geschuldeten Betrags zu verlangen, wobei insbesondere die Leistungsfähigkeit des Übernehmers und die Bedürftigkeit des Übergebers maßgeblich sein sollen. Eine Abänderung soll jedoch nicht aus dem Mehrbedarf des Berechtigten abgeleitet werden dürfen, der sich infolge seiner dauernden Pflegebedürftigkeit oder durch eine Aufnahme ein Alters- oder Pflegeheim ergibt. Weitere Gegenleistungen sind durch den Kläger nicht zu erbringen (§ 3 Ziff. 1 und 5). Wegen der Einzelheiten wird auf den notariellen Übergabevertrag verwiesen (Bl. 8 ff. d. Akte "Dauernde Last").
In Nachträgen vom 15. Februar 2010 und vom 28. Januar 2011 vereinbarten der Kläger und sein Vater, dass die Wertsicherungsklausel zunächst nicht berücksichtigt werde, da die finanzielle Leistungsfähigkeit des Klägers durch Umsatzrückgänge beeinträchtigt sei; es verbleibe daher bei dem bisher gezahlten Betrag von 5.500 € monatlich. In einem weiteren Nachtrag vom 18. August 2011 wurde der Zahlbetrag mit Wirkung ab 1. September 2011 wegen anhaltender Umsatzrückgänge von 5.500 € auf 4.500 € reduziert. Diese Vereinbarung sollte bis zum 31. Dezember 2012 gelten und die finanzielle Leistungsfähigkeit des Klägers anschließend erneut geprüft werden (Bl. 5 - 7 d. Akte "Dauernde Last").
Mit notariellem Vertrag vom 3. Mai 2012 vereinbarten die Vertragsparteien, dass die im Notarvertrag vom 30. Dezember 2003 enthaltene Einschränkung der Abänderungsbefugnis nach § 323 ZPO, wonach eine Abänderung nicht aus dem sich infolge der dauernden Pflegebedürftigkeit oder der Aufnahme in ein Alters- oder Pflegeheim ergebenden Mehrbedarf des Berechtigten abgeleitet werden dürfe, mit Wirkung zum 1. Januar 2011 ersatzlos aufgehoben werde (Bl. 24 ff. d. Akte "Dauernde Last").
Unter dem 30. März 2017 vereinbarten der Kläger und sein Vater schließlich, dass die Zahlung ab dem 1. April 2017 bis auf weiteres auf 2.000 € monatlich herabgesetzt werde, da der Übergeber zurzeit nicht auf die dauernde Last angewiesen sei. In einer weiteren Vereinbarung vom 6. Juni 2017 wurde die Zahlung aus dem gleichen Grund ab dem 1. Juli 2017 bis auf weiteres ausgesetzt (Bl. 34 f. d. PA).
In ihren Einkommensteuererklärungen für 2009 bis 2012 machten die Kläger den an den Vater gezahlten Jahresbetrag in Höhe von 66.000 € (2009, 2010), 62.000 € (2011) und 54.000 € (2012) als dauernde Last geltend.
Mit Einkommensteuerbescheiden für 2009 vom 10. September 2012, für 2010 vom 4. November 2011 und für 2011 vom 7. März 2013 berücksichtigte der Beklagte die Versorgungsleistungen als Leibrente und ließ dementsprechend lediglich einen Sonderausgabenabzug in Höhe des Ertragsanteils von 15 % der Geldleistungen zu. Im Einkommensteuerbescheid für 2012 vom 4. Dezember 2013 berücksichtigte der Beklagte die bis zum 3. Mai 2012 geleisteten Zahlungen (22.500 €) mit dem Ertragsanteil als Leibrente und nur die danach geleisteten Zahlungen (31.500 €) als dauernde Last.
Hiergegen legten die Kläger jeweils form- und fristgerecht Eins...