Entscheidungsstichwort (Thema)
Qualifikation eines Masseurs zum Physiotherapeuten ist Fortbildung
Leitsatz (redaktionell)
Aufwendungen eines Masseurs / medizinischen Bademeisters für den Erwerb der Zusatzqualifikation „Physiotherapeut“ nach § 12 Abs. 1 Satz 1 und 2 des Masseur- und Physiotherapeutengesetzes vom 26. Mai 1994 stellen Fortbildungskosten dar.
Normenkette
EStG §§ 19, 9 Abs. 1 Sätze 1-2
Tatbestand
Streitig ist, ob Aufwendungen im Zusammenhang mit der Weiterbildung eines Masseurs zum Physiotherapeuten Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit darstellen.
Der Kläger beendete im Jahre 1992 seine Ausbildung zum Masseur und medizinischen Bademeister. Er hatte in diesem Beruf eine Arbeitsstelle bis zum 1. Oktober 1995. Wegen der sich anschließenden Arbeitslosigkeit entschloss er sich am 15. April 1996 zu einem 20 Monate dauernden Lehrgang mit dem Ziel, die Qualifikation als Physiotherapeut zu erwerben. Mit seiner Einkommensteuererklärung 1996 machte er Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit geltend. Es handelte sich um Beiträge zum Verband „Physikalische Therapie“ in Höhe von 228,-- DM, um Kosten der Berufsbekleidung in Höhe von 200,-- DM, Kontoführungsgebühren in Höhe von 30,-- DM und Schulgebühren für neun Monate in Höhe von 225,-- DM pro Monat. Desweiteren machte er Reisekosten mit eigenem Pkw für 160 Tage geltend, und zwar mit 38 Entfernungskilometern und einem Kilometersatz von 1,04 DM für den Entfernungskilometer (entspricht 6.324,-- DM). Der Kläger war im Jahre 1996 ohne Einkünfte. Er bezog Arbeitslosengeld von insgesamt 15.967,60 DM. Im Einkommensteuerbescheid 1996 vom 16. Dezember 1998 berücksichtigte der Beklagte Ausbildungs- / Weiterbildungskosten in Höhe von 1.800,-- DM. Aus dem Bescheid ergab sich ein zu versteuerndes Einkommen von 0,-- DM. Der Gesamtbetrag der Einkünfte betrug 0,-- DM. Der hiergegen am 29. Dezember 1998 eingelegte Einspruch, über den der Beklagte durch Einspruchsentscheidung vom 4. März 1999 entschied, blieb ohne Erfolg. Er wurde mangels Beschwer als unzulässig verworfen. Mit einem Bescheid zur gesonderten Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zum Schluss des Veranlagungszeitraums 1996 vom 10. März 1999 stellte der Beklagte einen verbleibenden Verlustabzug zum Schluss des Veranlagungszeitraums in Höhe von 0,-- DM fest. Der hiergegen am 13. März 1999 eingelegte Einspruch, über den der Beklagte durch Einspruchsentscheidung vom 23. April 1999 entschied, blieb ohne Erfolg.
Mit Antrag vom 19. April 2001 verzichtete der Kläger auf einen Verlustrücktrag in Höhe des in 1996 bestehenden negativen Gesamtbetrages der Einkünfte (§ 10 Abs. 1 Satz 4 EStG).
Mit seiner Klage trägt der Kläger vor, es handele sich bei seiner Ausbildung zum Physiotherapeuten um eine verkürzte Fortbildung, deren Voraussetzung die vorherige Ausbildung zum Masseur und medizinischen Bademeister gewesen sei. Diesen Beruf habe er ausgeübt. Mit dem Gesetz über die Berufe in der Physiotherapie vom 26. Mai 1994 sei der Beruf des Masseurs und medizinischen Bademeisters als Ausbildungsvorstufe zum Physiotherapeuten anzusehen. Wer die schulische Ausbildung zum Masseur durchlaufen habe, könne diesen Beruf nach Abschluss eines sechs-monatigen Praktikums ergreifen oder aber nach weiterem Besuch einer Schule Physiotherapeut werden. Der Masseur strebe eine verbesserte und höherwertige Qualifikation im praktizierten Berufszweig (der Physiotherapie) ohne völligen Berufswechsel an. Dies ergebe sich schon aus der Überschrift des Gesetzes über die Berufe in der Physiotherapie. Die höhere Qualifikation sei im Vergleich wie ein Zweitstudium zu sehen. Bereits vorhandene Berufskenntnisse würden vertieft oder erweitert ohne als Neuausbildung die Grundlage für eine höherwertige oder andersartige Berufstätigkeit zu eröffnen. Er verweise hierzu auf § 12 des Gesetzes über die Berufe in der Physiotherapie. Danach ergebe sich, dass die beiden Berufe in einem Subordinationsverhältnis stünden; es handele sich daher um eine Nachschulungsart, die jedem anderen als dem Masseur verwehrt sei. Insoweit werde Bezug genommen auf die im Gesetz genannten Voraussetzungen, wonach Fachmasseure unter bestimmten Voraussetzungen eine jeweils verkürzte Ausbildung zum Physiotherapeuten durchlaufen können. Es handele sich um eine staatlich geregelte Fortbildungsmöglichkeit.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid über die Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zum Schluss des Veranlagungszeitraums 1996 vom 10. März 1999 in Gesalt der Einspruchsentscheidung vom 23. April 1999 dahingehend zu ändern, dass ein Verlustabzug zum Schluss des Veranlagungszeitraums in Höhe von 8.389,-- DM festgestellt wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er trägt vor, bei den geltend gemachten Aufwendungen handele es sich um Ausbildungskosten und damit um Sonderausgaben. Bei der Umschulung eines Masseurs und medizinischen Bademeisters zum Physiotherapeuten handele es sich um eine Berufsausbildung, da sich das Berufsbild beid...