Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer 1993

 

Tenor

I. Der Einkommensteuerbescheid für 1993 vom 07. September 1995 und die Einspruchsentscheidung vom 19. Dezember 1995 werden aufgehoben.

II. Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten zu Gunsten des Klägers vorläufig vollstreckbar. Den Beklagten wird gestattet, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung von 500,00 DM abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in der angegebenen Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob nach einer bestandskräftigen Veranlagung des Klägers durch Bescheid vom 10. Juli 1995 noch eine besondere Veranlagung für das Jahr der Eheschließung (§ 26 c EStG) durch Bescheid vom 07. September 1995 erfolgen durfte.

Der Kläger erzielte als angestellter Koch im Streitjahr 1993 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Seine Ehefrau, mit der im Streitjahr die Ehe geschlossen hat, ist als Kosmetikerin selbständig tätig. Beide Ehegatten wurden vor der Eheschließung beim beklagten Finanzamt in zwei verschiedenen Einkommensteuerstellen geführt.

Für das Streitjahr reichten die Eheleuten jeweils am 03. März 1995 unter ihren jeweiligen Steuernummern zwei gemeinsame Einkommensteuererklärungen ein, in denen sie die besondere Veranlagung (§ 26 c EStG) beantragten. Die Erklärungen enthalten die Einkünfte des jeweiligen Ehegatten und sind von beiden unterschrieben. Aufgrund der unter der Steuernummer der Ehefrau eingereichten Steuererklärung wurde diese mit Bescheid vom 18. Mai 1995 in der Gestalt des gemäß § 129 AO der berichtigten Bescheids vom 10. Juli 1995 unter Anwendung des § 26 c EStG bestandskräftig zur Einkommensteuer veranlagt. Auf der Grundlage der unter der Steuernummer des Klägers eingereichten Steuererklärung erging unabhängig davon gleichfalls am 10. Juli 1995 ein an beide Ehegatten gerichteter Einkommensteuerbescheid, mit dem eine Zusammenveranlagung der Ehegatten unter Berücksichtigung der vom Kläger erklärten Einkünfte und unter Anwendung des § 26 b EStG Einkommensteuer von 6.602,00 DM nach der Splitting-Tabelle festgesetzt wurde. Auch dieser Bescheid wurde bestandskräftig.

Durch einen weiteren Bescheid vom 07. September 1995 setzte das Finanzamt schließlich gegen den Kläger nochmals Einkommensteuer für 1993 im Wege der besonderen Veranlagung (§ 26 b EStG) nach der Grundtabelle in Höhe von 10.574,00 DM fest. Gegen diesen letztgenannten Bescheid wandte sich der Kläger durch Telefax vom 10. Oktober 1995 mit dem Einspruch und machte geltend, dem Erlaß des Bescheides stehe die Bestandskraft des Zusammenveranlagungsbescheids vom 10. Juli 1995 entgegen. Den Rechtsbehelf wies der Beklagte mit Entscheidung vom 19. Dezember 1995 als unbegründet zurück und führte aus, der Regelungsinhalt eines Zusammenveranlagungsbescheides und eines Bescheides über eine besondere Veranlagung von Ehegatten im Jahr der Eheschließung sei unterschiedlich. Regelungsinhalt des Zusammenveranlagungsbescheides sei der gegen die Eheleute als Gesamtschuldner bestehende Steueranspruch, während der Regelungsinhalt eines gemäß § 26 c EStG erlassenen Bescheides der jeweilige Steueranspruch gegen einen Ehegatten sei. Folglich sei mit dem angefochtenen Bescheid erstmals der gegen den Kläger bestehende Steueranspruch aus einer besonderen Einkommensteuerveranlagung festgesetzt worden. Über den gleichen Regelungsbereich habe zuvor keine Einzelfallentscheidung des Finanzamtes vorgelegen, so daß es für den erlassenen Bescheid insbesondere keiner Änderungsvorschrift bedurft hätte. Die bestandskräftige Festsetzung eines nicht existierenden Steueranspruchs gegen die Eheleute als Gesamtschuldner könne der erstmaligen Festsetzung des unstreitig bestehenden Einkommensteueranspruchs gegen den Kläger nicht entgegen stehen.

Mit der erhobenen Klage begehrt der Kläger weiter die Aufhebung des Bescheides vom 07. September 1995 und macht geltend, die von ihm für den Besteuerungszeitraum geschuldete Einkommensteuer werde – wenn die Verfahrensweise des Finanzamtes zulässig sei – zweimal in unterschiedlicher Höhe festgesetzt, so daß derselbe Sachverhalt in zwei Steuerbescheiden unterschiedlichen Regelungen unterworfen und doppelt der Besteuerung zugeführt werde.

Die vom Finanzamt für seine Rechtsansicht ins Feld geführten Entscheidungen des Bundesfinanzhofes sowie des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz hätten jeweils Sachverhalte zum Gegenstand gehabt, die mit dem vorliegenden Streitstoff nicht übereinstimmten. Allen diesen Entscheidungen sei gemeinsam, daß bestandskräftige Bescheide gegen beide Ehegatten fehlten und deshalb eine Änderung der einmal gewählten Veranlagungsart bei einem Ehegatten möglich gewesen sei und hieraus Folgerungen für die Veranlagung des anderen Ehegatten in Betracht gekommen seien. Sei es richtig, wie der Beklagte der Rechtsprechung entnehmen wolle, daß der Regelungsbereich des Einkommensteuerbescheides nicht nur nach Steue...

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