Entscheidungsstichwort (Thema)
Missbrauch der Genehmigung zur Besteuerung der Umsätze nach vereinnahmten Entgelten
Leitsatz (amtlich)
Zum Widerruf einer Genehmigung zur Besteuerung der Umsätze nach vereinnahmten Entgelten im Missbrauchsfall und bei Gefährdung des Steueraufkommens.
Normenkette
UStG § 20 Abs. 1 S. 1; MwStSystRL Art. 66 Buchst. b; AO § 131 Abs. 2 S. 1 Nrn. 1, 3
Nachgehend
Tatbestand
Strittig ist der Widerruf der Genehmigung zur Besteuerung der Umsätze nach vereinnahmten Entgelten.
Der Kläger ist als Unternehmensberater unternehmerisch tätig und versteuert seine Umsätze aufgrund der unter dem Vorbehalt des Widerrufs erteilten Genehmigung vom 2. April 1987 nach vereinnahmten Entgelten.
Im Sommer 2015 fand beim Kläger eine Betriebsprüfung des damals noch für den Kläger zuständigen Finanzamts D an Amtsstelle statt (Bericht vom 10. Dezember 2015). Dabei stellte die Betriebsprüferin fest, dass der Kläger neben seiner Tätigkeit als Unternehmensberater noch Geschäftsführer verschiedener Firmen war, mit denen das Einzelunternehmen Geschäftsbeziehungen unterhielt (vgl. tab. Aufstellung in der Einspruchsentscheidung vom 26. Januar 2018, Seite 7, 8; Blatt 112 - 158 der Prüfer-Handakte). Bei der Prüfung der Geschäftsbeziehungen zu diesen Firmen fiel der Betriebsprüferin das Fehlen einer Kontoverbindung eines Geldinstitutes in der Buchführung und den wenigen eingereichten Ausgangsrechnungen des Klägers auf (Blatt 160 der Prüfer-Handakte). Bei der weiteren Prüfung der Verrechnungs- und Darlehenskonten und der Privateinlagen des Klägers bei diesen Firmen sowie durch Auswertung umfangreichen Kontrollmaterials zeigte sich, dass der Kläger in erheblichem Umfang Rechnungen mit gesondertem Umsatzsteuerausweis gegenüber diesen Firmen ausgestellt hatte, die aber von allen Firmen nur über Verrechnungskonten gebucht und über mehrere Jahre hinweg nicht gezahlt wurden (vgl. a. Schaubild 337 der Prüfer-Handakte). Da zu den Rechnungsbeträgen keine Zahlungsfristen bzw. Fälligkeiten ausgewiesen waren (vgl. Rechnungen an H Leasing GmbH, Blatt 55ff der Sonderakte), war die Prüferin der Auffassung, dass ein zeitnaher Zufluss der fakturierten Leistungen beim Kläger nicht angestrebt worden sei, sondern hätte vermieden werden sollen.
Daraufhin erfolgte durch das Finanzamt D der Widerruf der Genehmigung zur Besteuerung der Umsätze nach vereinbarten Entgelten mit Bescheid vom 18. November 2015, da die Vornahme des Vorsteuerabzugs beim Leistungsempfänger bei gleichzeitig fehlenden Umsätzen beim leistenden Unternehmen bei nahestehenden Person die Vermutung begründe, dass die dem leistenden Unternehmen erteilte Zustimmung missbraucht werde und das Finanzamt D daher in Missbrauchsfällen befugt sei, die unter Widerrufsvorbehalt erteilte Zustimmung zu widerrufen.
Hiergegen legte der Kläger Einspruch mit der Begründung ein, eine Ablehnung könne nicht ermessensfehlerhaft auf Liquiditätsvorteile des leistenden Unternehmers gestützt werden, da gerade die Stärkung der Liquidität kleiner und mittlerer Unternehmer Zweck der Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten sei und die mit der Länge des Leistungszeitraums zunehmenden Zinsnachteile bei der Finanzverwaltung gerade von diesem Sinn und Zweck der Vorschrift umfasst seien.
Der Einspruch wurde durch den dann zuständigen Beklagten mit Einspruchsentscheidung vom 26. Januar 2018 zurückgewiesen. Zur Begründung führte der Beklagte aus, der Widerruf der Ist-Besteuerung sei ermessensgerecht gewesen, da der Kläger in den zurückliegenden Jahren nur innerhalb des in der Tabelle (Tabelle in der Einspruchsentscheidung vom 26. Januar 2018, Seite 7, 8) dargestellten Firmenverbundes tätig geworden sei. Der Kläger habe rechtsmissbräuchlich den von ihm geführten Gesellschaften erhebliche Vorsteuerabzüge aus den von ihm erstellten Rechnungen ermöglicht und ermöglichen wollen, ohne dass es bei ihm zu einer korrespondierenden Versteuerung der Umsätze gekommen sei. Die Verbindlichkeiten der Gesellschaften gegenüber dem Kläger resultierten dabei aus langjährig zurückliegenden Fakturierungen und hätten dem Kläger in erheblichem Umfang der Forderungsabtretung in Form einer Darlehensgewährung gedient, welche letztlich nur zu einer Schuldenumschichtung innerhalb des Unternehmensverbunds und der Minderung der offenen Kreditorenverbindlichkeiten der Gesellschaften gegenüber dem Kläger geführt hätten, ohne dass der Kläger die erforderlichen steuerrechtlichen Konsequenzen gezogen habe. In diesem Rahmen müsse der Beklagte nicht darüber befinden, ob durch bestimmte Handlungen des Klägers ein Zufluss beim Kläger erfolgt sei, ohne dass tatsächlich Geldmittel geflossen seien. Diese Entscheidung bleibe dem jeweiligen Besteuerungsverfahren vorbehalten. Der Kläger führe keine Leistungen gegenüber fremden Dritten aus, sondern steuere rechtsmissbräuchlich das gesamte Leistungs- und Zahlungsverhalten im Firmenverbund als Gesellschafter, Geschäftsführer oder Bevollmächtigter Dritter und agi...