Entscheidungsstichwort (Thema)
Gegendübliche Lärmbeeinträchtigungen grundsätzlich keine wertmindernde Umstände i. S. d. § 82 Abs. 1 BewG
Leitsatz (redaktionell)
Ein Abschlag wegen ungewöhnlich starker Lärmbeeinträchtigungen i. S. d. § 82 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BewG kommt in der Regel nur für einzelne, den Lärmbelastungen in besonderem Maße ausgesetzte Grundstücke in Betracht. Gegendüblicher Lärm kann demgegenüber einen Abschlag nicht rechtfertigen.
Normenkette
BewG § 82 Abs. 1
Tatbestand
Der Kläger und seine Ehefrau, die Beigeladene, erwarben1995/96 einen Miteigentumsanteil von 177/432 an dem bis dahin unbebauten Grundstück Flur ... Flurst. ... Sie bebauten das Grundstück mit einer Doppelhaushälfte. Mit Bescheid vom 8. April 1999 stellte der Beklagte den Einheitswert im Wege der Art-, Wert- und Zurechnungsfortschreibung auf den 1. Januar 1997 auf 67.100,-- DM fest. Zugleich setzte er den Grundsteuermessbetrag zum 1. Januar 1997 auf 174,46 DM fest. Das Haus wurde im Ertragswertverfahren bewertet.
Gegen den Bescheid erhob der Kläger Einspruch, den er damit begründete, dass die zur Landung auf dem Flughafen ... ansetzenden Flugzeuge Lärm und Schmutz verursachten, was zu einer Minderung des Einheitswertes führen müsse; Gleiches gelte für den Lärm, der durch die in der Nähe befindliche Autobahn und durch ein benachbartes Feuchtbiotop verursacht werde. Die Ehefrau des Klägers wurde zum Einspruchsverfahren hinzugezogen.
Der Einspruch blieb im Wesentlichen erfolglos; lediglich eine auf dem streitbefangenen Grundstück ruhende Grunddienstbarkeit führte zu einer Herabsetzung des Einheitswertes auf 66.500,-- DM und zu einer Herabsetzung des Grundsteuermessbetrags auf 172,90 DM. Zur Begründung der Einspruchsentscheidung vom 27. August 1999 führte der Beklagte aus (Bl. 64 ff. Verw.-Akten):
Eine Ermäßigung des Grundstückswertes nach § 82 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BewG wegen ungewöhnlich starker Beeinträchtigung durch Fluglärm komme nach der Rechtsprechung des BFH nur für solche Grundstücke in Betracht, die innerhalb der nach dem Gesetz zum Schutz gegen Fluglärm festgesetzten Schutzzonen des Lärmschutzbereichs lägen. Nach der auf diesem Gesetz beruhenden Verordnung über die Festsetzung des Lärmschutzbereichs für den Verkehrsflughafen ... liege ... außerhalb der Schutzzonen. Auch die Hinzuziehung eines neueren Gutachtens des Umweltamtes der Stadt zur Ermittlung und Beurteilung der gegenwärtigen und künftigen Fluglärmeinwirkungen ... unter Berücksichtigung von Betriebserweiterungen des ... Flughafens führe zu keinem anderen Ergebnis. Denn danach werde lediglich im südlichen Teil von ... im äußerst westlichen Teil von ... sowie am Nordrand von ... ein durchschnittlicher Dauerschallpegel von mehr als 60 dB (A) erreicht. Das Grundstück des Klägers und seiner Ehefrau liege jedoch außerhalb dieses Gebietes. Zudem müsse berücksichtigt werden, dass Grundstückseigentümer nur für Grundstücke in der Lärmschutzzone II eine Entschädigung nach dem Lärmschutzgesetz beanspruchen könnten, in der Lärmschutzzone II ein durchschnittlicher Dauerschallpegel von 67 bis 74 dB (A) vorherrsche und die Lärmschutzzone II des Flughafens ... im Westen im Bereich von ... ende. Folglich liege eine ungewöhnlich starke Beeinträchtigung des streitbefangenen Grundstücks in ... durch Fluglärm, die zu einer Minderung des Einheitswertes nach § 82 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BewG führen könne, nicht vor.
Gleiches gelte für die behauptete Beeinträchtigung des Grundstücks durch Straßenverkehrslärm. Nach der Rechtsprechung des BFH bewege sich die Einwirkung des Straßenverkehrs auf ein in einer Großstadt gelegenes Wohngrundstück in der Regel innerhalb der üblichen Schwankungsbreite des Straßenverkehrslärms in Großstädten. Ein Abschlag vom Grundstückswert sei nur gerechtfertigt, wenn die bestimmungsmäßige ortsübliche Nutzung des Grundstücks in erheblichem Maß beeinträchtigt werde. Der gewöhnliche übliche, wenn auch mitunter starke Verkehrslärm könne dagegen einen Abschlag vom Grundstückswert nicht rechtfertigen. Zudem müssten die auf das Grundstück einwirkenden Immissionen den gegendüblichen Straßenlärm erheblich überschreiten. Als Gegend in diesem Sinne sei der Bereich zu verstehen, der in dem einschlägigen Mietspiegel zusammengefasst sei. Ein Abschlag wegen ungewöhnlicher Verkehrslärmbeeinträchtigung werde demzufolge im Allgemeinen nur bei einzelnen, besonders intensiven Lärmbelastungen ausgesetzten Grundstücken bzw. bei einer kleinen überschaubaren Gruppe extrem belasteter Grundstücke in Betracht kommen. Würden demgegenüber ganze Stadt- oder Ortsteile mit annähernd gleicher Intensität in Mitleidenschaft gezogen, so spreche dies für die Gegendüblichkeit der Lärmimmissionen.
Nach dem BlmSchG i. V. m. den Richtlinien für den Verkehrslärm an Bundesstraßen in der Baulast des Bundes von 1997 dürfe die Lautstärke in Wohngebieten am Tag 70 dB (A) und in der Nacht 60 dB (A) nicht übersteigen. Das Grundstück des Klägers und seiner Ehefrau liege ca. 200 m abseits zweier Bundesfernstraßen in einem ver...