Entscheidungsstichwort (Thema)

Hotelzimmer als „Wohnung“ am Beschäftigungsort eines Alleinstehenden ohne Hausstand

 

Leitsatz (redaktionell)

Die dreimonatige Übergangszeit für einen Wohnungswechsel an den neuen Beschäftigungsort beginnt bei einem Arbeitnehmer ohne eigenen Hausstand bereits mit dem Bezug eines Hotelzimmers.

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 14.04.2005; Aktenzeichen VI R 13/04)

 

Tatbestand

Streitig ist der Abzug von Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung und von Umzugskosten als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit.

Der Kläger war im Streitjahr 1998 alleinstehend. Er erzielte als Arzt Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit sowie Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit als Notarzt.

In seiner am 2. Juli 1999 beim Beklagten eingereichten Einkommensteuererklärung machte der Kläger u.a. folgende Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit geltend:

Mehraufwendungen für doppelte Haushaltsführung

25.623,00 DM

(Bl. 10 der ESt-Akte)

Daneben machte der Kläger folgende Umzugskosten geltend:

Beförderungsauslagen

3.092,00 DM

Reisekosten für den Umzugstag

322,00 DM

Umzugskostenpauschale für sonstige Umzugsauslagen

1.472,00 DM

./. Erstattung von Umzugsauslagen durch den Arbeitgeber

./.

1.202,00 DM

Summe der Umzugskosten

3.684,00 DM

Der Kläger hatte im Streitjahr seinen Wohnsitz in …-straße 9. Es handelt sich dabei um die Wohnung seiner Eltern, in der er zwei Zimmer bewohnt.

Der Kläger nahm am 1. Oktober 1997 eine Tätigkeit bei der Firma … auf. Vom 1. Oktober bis zum 15. Dezember 1997 war er in einem Hotel untergebracht. Die Kosten dieser Unterbringung übernahm der Arbeitgeber. Am 15 Dezember 1997 bezog er eine Wohnung in … . Umzugstag war lt. Angabe des Klägers der 1. Januar 1998 (Bl. 8 ESt-Akte). Laut den Richtlinien seines Arbeitgebers (Bl. 30 der ESt-Akte) erhalten Mitarbeiter der Firma N die Umzugskosten mit einem Umzugsunternehmen erstattet, das von der N GmbH ausgewählt wird. Die Erstattung der Kosten erfolgt, in der Erwartung einer längerfristigen Zusammenarbeit. Deshalb wird die Kostenerstattung für einen Zeitraum von drei Jahren zinsfrei gewährt. Bei einem vom Arbeitnehmer zu vertretenden früheren Ausscheiden aus dem Unternehmen ist der Restbetrag des zunächst sich selbst mit 1/36 pro Monat tilgenden Darlehens sofort fällig.

Der Umzugsvertrag (Angebot/Auftrag) mit einem Endpreis von 3.091,75 DM war an die N GmbH gerichtet (Bl. 9 der ESt-Akte).

Der Kläger ist nach 14 Monaten aus der Firma N GmbH ausgeschieden.

Mit Einkommensteuerbescheid für 1998 vom 27. Oktober 1999 erkannte der Beklagte die Aufwendungen des Klägers für die doppelte Haushaltsführung in Höhe von 7.106,00 DM (32 Familienheimfahrten sowie die letzte Fahrt vom Beschäftigungsort) und die Umzugskosten in Höhe von 1.890,00 DM (22/36 aus 3.091,75 DM) an.

Mit Schreiben vom 4. November 1999 legte der Kläger gegen diesen Bescheid Einspruch ein. Er machte Kosten für eine doppelte Haushaltsführung in den ersten drei Monaten des Mietverhältnisses sowie Kosten für Familienheimfahrten bis November 1998 wie folgt geltend:

Wohnungsmiete 1.417,00 DM x 2,5

3.542,50 DM

Verpflegungsmehraufwendungen 75 x 76,00 DM

3.450,00 DM

Familienheimfahrten 32 x 310 km x 0,7 DM

6.944,00 DM

letzte Fahrt zum Hauptwohnsitz

161,20 DM

Daneben machte er weiterhin die Umzugskosten in Höhe von 3.684,00 DM geltend. Der Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 30. Mai 2000 als unbegründet zur gewiesen.

Mit der hiergegen am 29. Juni 2000 erhobenen Klage trägt der Kläger vor:

Er habe sich von Anfang an um eine Wohnung am Beschäftigungsort bemüht, habe diese jedoch erst am 15. Dezember 1997 beziehen können. Bei dem Umzug am 15. Dezember 1997 seien ihm Umzugskosten in Höhe von über 5.000,00 DM entstanden.

Im Hinblick auf eine Stelle bei der B in ... habe der Kläger sein Beschäftigungsverhältnis bei der Firma N fristgemäß zum 30. November 1998 gekündigt und die Wohnung in ... aufgelöst.

Bei Ledigen, die keinen eigenen Hausstand unterhalten, bestimme Abschn. 43 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 der Lohnsteuerrichtlinien, für den Fall, dass der Mittelpunkt der Lebensinteressen am bisherigen Wohnort beibehalten werde, für eine Übergangszeit von drei Monaten nach Bezug der Wohnung am neuen Beschäftigungsort, dass der Wohnungswechsel als doppelte Haushaltsführung gilt. Bei den angegebenen Umzugskosten handele es sich bereits um den Betrag, den die Arbeitgeberin nicht erstattet habe, bzw. den er anteilig habe zurückzahlen müssen.

Der Kläger beantragt,

  • unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 30. Mai 2000 den Einkommensteuerbescheid 1998 vom. 27. Oktober 1999 dahin zu ändern, dass weitere Werbungskosten in Höhe von 8.787,00 DM berücksichtigt werden.

Der Beklagte beantragt,

  • die Klage abzuweisen.

Er trägt vor:

Unterhalte ein Lediger keinen, eigenen Hausstand, weil er - wie der Kläger - noch in der Wohnung seiner Eltern lebe, so gelte nach Abs. 43 Abs. 5 Lohnsteuerrichtlinien als doppelte Haushaltsführung, wenn der A...

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