Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Rechtmäßigkeit eines Duldungsbescheides gem. § 278 AO
Leitsatz (amtlich)
Auch wenn man den Auffassungen in der Literatur folgt, dass eine zeitlich unbeschränkte Inanspruchnahme des Zuwendungsempfängers nicht in Betracht komme, auch wenn im Gesetz keine zeitliche Einschränkung vorgesehen ist, so ist für die Geltendmachung der Inanspruchnahme nach § 278 Abs. 2 Satz 1 AO wenigstens eine Frist von 10 Jahren seit der unentgeltlichen Zuwendung anzunehmen.
Normenkette
AO § 278 Abs. 2
Tatbestand
Strittig ist ein Bescheid nach § 278 Abs. 2 AO.
Die Klägerin wird zusammen mit ihrem Ehemann, Herrn ... -B-, zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Nach Aufteilung der Einkommensteuerschuld für die Jahre 1991 - 1999 ergaben sich Abgabenrückstände des B in Höhe von 605.137,54 DM. Die Abgabenrückstände konnten im Wege der Zwangsvollstreckung gegen B nicht beigetrieben werden. Mit Bescheid vom 9. Februar 2001 nahm der Beklagte die Klägerin gemäß § 278 Abs. 2 AO in Höhe der vorgenannten Abgabenrückstände in Anspruch.
Auf den Einspruch der Klägerin reduzierte der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 9. Januar 2002 die Inanspruchnahme auf einen Betrag von 530.062,54 DM, im Übrigen blieb der Einspruch erfolglos. Während des Klageverfahrens ermäßigte der Beklagte mit Bescheid vom 12. Mai 2003 die Inanspruchnahme auf eine Summe von 410.500 DM (Bl. 102, 104 der Prozessakte).
Dieser Bescheid ist Gegenstand des Klageverfahrens und dem Bescheid liegen noch folgende Sachverhalte zu Grunde:
- "Mit notarieller Urkunde vom 4. April 1995 übertrug B im Wege der Schenkung das Grundstück ... in Leipzig auf die Klägerin. In der notariellen Urkunde war ausgeführt, dass zum Verkehrswert des zugewendeten Grundstücks keine Angaben gemacht werden können. Das Grundstück mit einer Fläche von 500qm war von B im Jahr 1991 zum Preis von 14.100 DM erworben worden (Bl. 17 Vorheftung zum Sonderhefter "§ 278 AO", Vertragshefter). In dem Bescheid wurde für Zuwendung des Vermögensgegenstandes ein Wert von 80.000 DM zu Grunde gelegt, welcher in der Veräußerungsanzeige des beurkundenden Notars vom 9. Mai 1995 angegeben war (Bl. 96 der Prozessakte).
- Mit Kaufvertrag vom 28. September 1996 war ein Wohnmobil zum Preis von 281.500 DM von Herrn S. veräußert worden. In den Kaufvertrag war als Käuferin die Klägerin angegeben, der Kaufvertrag war vom Kläger unterzeichnet worden. Der Verkäufer bestätigte, den Kaufpreis in bar erhalten zu haben (Bl. 10, 11 Vorheftung zum Sonderhefter "§ 278 AO"). Das Wohnmobil war mit Kaufvertrag vom 12. Juli 2000 an Herrn ... zum Preis von 220.000 DM verkauft worden. Als Verkäuferin war in dem Kaufvertrag die Klägerin angegeben, der Kaufvertrag war von B unterschrieben worden (Sonderhefter "§ 278 AO" am Ende).
- Mit Vertrag vom 26. November 1993 gewährte die Klägerin der Firma B. GmbH & Co. KG, deren Geschäftsführer B war, ein Darlehen über 100.000 DM, welches mit einem Zinssatz von jährlich 5,5 % zu verzinsen und der Zins jeweils am 15. Dezember eines jeden Jahres zu entrichten war. Das Darlehen war 3 Jahre tilgungsfrei und danach mit monatlich 750 DM zu tilgen, wobei die Tilgungsraten am letzten eines jeden Monats fällig wurden. Im Darlehensvertrag ist die Bestimmung enthalten, das die Restsumme einschließlich der aufgelaufenen Zinsen sofort fällig wird, soweit der Darlehensnehmer mit einer Zahlung in Verzug gerät (Bl. 7 Vorheftung zum Sonderhefter "§ 278 AO"). Zur Sicherstellung der Rückzahlung des Darlehens trat die KG ihre Außenstände in Höhe des Darlehensbetrages zuzüglich der Zinsen für die gedachte Laufzeit des Darlehens an die Klägerin mit Abtretungsvereinbarung vom 26. November 1993 ab. In der Abtretungsvereinbarung war bestimmt, dass die Klägerin berechtigt ist, diese offen zu legen, sofern die KG bei Fälligkeit von Raten bzw. des gesamten Rückzahlungsbetrages nicht zahlt und dass die Klägerin berechtigt ist, in diesem Fall die Forderungen gegen den Kunden der KG außergerichtlich und gerichtlich geltend zu machen (Bl. 8 Vorheftung zum Sonderhefter "§ 278 AO"). Ebenfalls am 26. November 1993 war von der Klägerin und B ein Darlehen über 100.000 DM bei der Kreissparkasse Bad Marienberg aufgenommen worden, welches an die KG ausgezahlt wurde. Auf das Darlehen entrichtete B Zins- und Tilgungsleistungen in der Zeit vom 1. Dezember 1993 bis 31. Dezember 1997 in Höhe von 49.000 DM (Bl. 27 Vorheftung zum Sonderhefter "§ 278 AO"). Dieser Betrag wurde in dem Bescheid für die Vermögenszuwendung zu Grunde gelegt.
Die Klägerin trägt vor, eine Inanspruchnahme nach § 278 Abs. 2 AO würde wegen Zeitablaufs nicht mehr in Betracht kommen, da Vollstreckungsverjährung eingetreten wäre. Zwar würde § 278 AO keine Frist vorsehen, hierbei würde es sich allerdings offensichtlich um eine vom Gesetzgeber übersehene planwidrige Lücke handeln. Diese Lücke sei in Analogie zu den Vorschriften des Anfechtungsgesetzes zu schließen. Denn dabei sei zu berücksichtigen, dass kein Grund ersichtlich wäre, der Finanzbehörde einen gegenüber der all...