rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Feststellung des Grundstückswerts
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen,
II. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Tatbestand
Streitig ist bei der Bedarfsbewertung eines bebauten Grundstücks die Berechnung der Alterswertminderung.
Die Klägerin hat am 31. Juli 1996 im Wege der Erbfolge einen halben Miteigentumsanteil an dem bebauten Grundstück … in …. Auf Aufforderung der zuständigen Erbschaftsteuerstelle hat der Beklagte den Grundstückswert mit dem nach Klageerhebung geänderten Feststellungsbescheid vom 12. Februar 1998 gemäß § 146 BewG auf 200.000 DM festgestellt und der Klägerin den erworbenen 1/2-Anteil mit 100.000 DM zugerechnet.
Bei der Wertermittlung des Grundstücks im Ertragswertverfahren hat der Beklagte ausgehend von einer durchschnittlichen Jahresmiete von 21.439 DM das 12,5 fache mit 267.992 DM angesetzt und unter Abzug einer auf 25 v.H. des Ausgangswert gemäß § 146 Abs. 4 Satz 1 BewG beschränkten Alterswertminderung von 66.998 DM einen Ertragswert von 200.994 DM und damit einen abgerundeten Grundstückswert von 200.000 DM ermittelt.
Die Klägerin wendet sich gegen die gesetzliche Beschränkung der Alterswertminderung für das 1904 erbaute Haus und hält allein den Ansatz einer Alterswertminderung von 124.616 DM (93 Jahre × 0,5 % = 46,5 %) für sachgerecht. Sie läßt hierzu vortragen:
Es sei einerseits schwer verständlich, daß nach dem neuen Bewertungsverfahren für alle Gebäude von einer steuerlichen Nutzungsdauer von 200 Jahren ausgegangen werde, weil bisher eine Nutzungsdauer von 50 oder 100 Jahren unterstellt worden sei. Andererseits sei es nicht nachvollziehbar, daß die jährliche Kette der Alterswertminderung, die einer Abschreibungsreihe nahekomme, ohne weitere Begründung bei einem Alter von 50 Jahren abgebrochen werde. Damit werde für die verbleibenden 150 Jahre die Notwendigkeit und die Berechtigung einer Alterswertminderung abgelehnt, was der Lebenserfahrung hinsichtlich der Wertminderung eines Gebäudes im Laufe seines Altersprozesses widerspreche. Im Streitfall werde das Gebäude der Klägerin, das ein Alter von bald 100 Jahren habe, einem anderen gleichgesetzt, das nur ein Alter von 50 Jahren habe. Zwischen dem Alter eines Gebäudes und seinem Wert bestehe aber ein gegenläufiger Zusammenhang, so daß es nicht hingenommen werden könne, wenn für einen derart langen Zeitraum bei der Wertermittlung keine Unterschiede gemacht werden sollen. Damit statuiere die Vorschrift des § 146 BewG innerhalb der Bewertung von Grundstücken neue Ungleichbehandlungen, obwohl dem Gesetzgeber durch den Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 22. Juni 1995 – 2 BvR 552/91 – (BStBl II 1995, 671) aufgegeben war, für die wirtschaftlichen Einheiten Bewertungsgrundlagen zu schaffen, die deren Wert in ihrer Relation realitätsgerecht abbilden. Die Werte sollten auch „entwicklungsbegleitend fortgeschrieben” werden. Soweit der Beklagte im Einspruchsverfahren die Klägerin darauf hingewiesen habe, daß es ihr freistehe, den niedrigeren gemeinen Wert durch die Vorlage eines Gutachtens nachzuweisen, sei dem entgegen zu halten, daß es für die Eigentümer alter Häuser unzumutbar sei, teure Gutachten erstellen zu lassen, bloß weil der Gesetzgeber es – wie im Streitfall – abgelehnt habe, eine vernünftige Alterswertminderung in das Bewertungsverfahren einzuführen. Jedenfalls belaste die „abgeschnittene Alterswertminderung” in der vorliegenden Form die Klägerin bereits jetzt, obwohl die Bedarfsbewertung nur die Vorstufe zur Festsetzung der Erbschaftsteuer darstelle (vgl. auch Wolf, DStR 1997 S. 349; Thiel, DB 1997 S. 64). Bei Ansatz der begehrten Alterswertminderung von 124.616 DM liege der Wert des 1/2-Grundstücksanteils der Klägerin mit 71.688 DM immer noch über dem vom Beklagten errechneten Bodenwert von 68.750 DM, der nur in Sonderfällen als Mindestwert anzusetzen wäre. Die begehrte Alterswertminderung berücksichtige auch, daß bei alten und überalten Gebäuden bei der Wertermittlung des Grundstücks die erforderlichen Abrißkosten des Gebäudes in die Rechnung einfließen müßten. So würde zum Beispiel niemand ein Grundstück mit einem alten, in der Nutzungsmöglichkeit weitgehend (sich ständig erhöhender Reparaturaufwand) oder ganz (Baufälligkeit) eingeschränkten Gebäude erwerben, wenn er nicht die alsbaldige Notwendigkeit des Abrisses und die damit verbundenen Kosten im Kaufpreis berücksichtigen würde. Dieser Lebenserfahrung dürfe sich die fiskalische Bewertung nicht entziehen.
Die Klägerin beantragt,
den nach § 68 FGO zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Bescheid über die gesonderte Feststellung des Grundstückswerts vom 12. Februar 1998 dahingehend zu ändern, daß der Grundstückswert auf 143.000 DM festgestellt wird und der Klägerin 1/2-Grundstücksanteil in Höhe von 71.500 DM zugerechnet wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er beruft sich darauf, daß er den Grundstückswert nach den Vorschriften des § 146 BewG zutreffend festgestellt habe und ein niedrigerer Grundstückswert gemäß ...