Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Einreihung von Schuhen mit besonders aufwändig gestalteter Laufsohle

 

Leitsatz (redaktionell)

Auch Schuhe mit besonders gestalteter Laufsohle, nach deren Aufbau die Schuhe in bestimmter Weise zu therapeutischen Zwecken Verwendung finden, sind in die Unterpos. 6404 1990 KN einzureihen.

 

Normenkette

KN Allgemein

 

Tatbestand

Strittig ist die Einreihung eines sog. "mBT-Schuhs".

Die Klägerin beantragte am 30. Oktober 2003 eine verbindliche Zolltarifauskunft -vZTA- für einen dem Aussehen einem Sportschuh oder einem Straßenschuh gleichenden mBT-Schuh, dessen besonders dicke Sohle über keinen Absatz verfügt und bei dem die Lauffläche der Sohle gerundet ist (vgl. Foto Bl. 120Rs der Verwaltungsakte). Die Laufsohle des Schuhs besteht aus Kautschuk, in den ein harter Kern aus einer dreidimensional geformten Fiberglas-/Kunststoffplatte und ein Fersenpolster eingearbeitet ist. Der Schaft des Schuhs besteht aus einem geschlossenen Oberteil aus Spinnstoff, auf den an mehreren Stellen riemenartige Stücke aus Leder als Verstärkung aufgesetzt sind. Der Schuh wird mit Schnürsenkeln verschlossen, serienmäßig hergestellt und paarweise verkauft. Die Klägerin begehrt die Einreihung des Schuhs in die Pos. 90.19 KN als Gerät für die Mechanotherapie.

Mit VZTA vom 7. Januar 2004 reihte der Beklagte den mBT-Schuh als Schuh mit Laufsohle aus Kautschuk und Oberteil aus Spinnstoffen in die Unterpos. 6404 1990 KN ein. Die hiergegen eingelegte Einspruch blieb erfolglos.

Die Klägerin trägt vor, bei dem mBT-Schuh würde es sich nicht um einen Schuh im Sinne des Zolltarifs handeln. Als gemeinsames Merkmal aller Schuhe im Sinne des Zolltarifs würden diese eine nahezu vollständige Planheit der Lauffläche aufweisen, wie sich beispielhaft aus den Bildmustern in den Erläuterungen zur KN ergeben würde. Bei Absatzschuhen könnte je nach Absatzform und -höhe die Größe der planen Lauffläche variieren, aber auch bei hochhackigen Damenschuhen würde es der Trägerin ermöglicht, auf einer ebenen Sohlenfläche stehen und laufen zu können. Gerade eine solche plane Lauffläche würde der mBT-Schuh aber nicht aufweisen. Die Lauffläche der Sohle des mBT-Schuhs sei gewölbt und würde nur mit einer sehr geringen Fläche in der Mitte der Sohle plan auf einer Ebene aufliegen. Durch die besondere Form der Sohle und deren besonderen Aufbau würde dem Träger eines mBT-Schuhs das Gefühl des Barfussgehens mit einem Trampolin-Effekt vermittelt. Der besondere Aufbau der Schuhe ermögliche den Einsatz der Schuhe zu therapeutischen Zwecken. Die mBT-Schuhe könnten nicht im normalen Schuhhandel erworben werden und erst nach einer Schulung durch einen mBT-Lehrer getragen werden. Die fachkundige Instruktion für das Tragen der Schuh erfolge in aller Regel durch Ärzte, Physiotherapeuten oder Vertreter anderer medizinischer Berufszweige, deren medizinisches Fachwissen für den gezielten therapeutischen und richtigen Einsatz des mBT-Schuhs entscheidend sei.

Durch die besondere Form und Konstruktion der Schuhe würde eine Bewegung beim Träger zwangsweise hervorgerufen und der Träger sei durch das Gerät selbst zum Balancieren gezwungen. Die mBT-Schuhe würden daher eine Passivität des menschlichen Bewegungs- und Halteapparats verhindern und das neuromuskuläre System in ständige Bewegung versetzen. Zusammen mit einem angepassten Gehverhalten würde ein therapeutischer Effekt für die Wirbelsäule sowie die Gelenke und Muskeln der Beine und Füße hervorgerufen. Dadurch würde sich der Schuh positiv auf den Halte- und Bewegungsapparat des Trägers auswirken und Einsatz bei Krankheiten und Behinderungen verschiedener Art finden. Die mBT-Schuhe würden daher hauptsächlich der zielgerichteten Behandlung von speziellen Krankheiten und körperlichen Einschränkungen dienen. Daneben könnten mBT-Schuhe auch für prophylaktische Gymnastik verwendet werden. Teilweise würde die Anschaffung von mBT-Schuhen als therapeutisches Hilfsmittel von den Krankenkassen bezuschusst. Die Auffassung des Beklagten, dass Geräte zur Mechanotherapie im Sinne der Pos. 90.19 KN stets bewegliche Teile wie beispielsweise Räder, Federn und Rollen aufweisen müssten, sei unzutreffend. Die Sohle der mBT-Schuhe sei so aufgebaut, dass sie wie bei einer Feder eine elastische Wirkung entfalten würden. Dadurch würde der Schuh selbst die gelenkentlastende und muskelstärkende Wirkung erzeugen.

Wie sich aus den Gutachten des Fachanwalts für Steuerrecht Dr. Landry und des Sportmediziners Dr. Naik (Bl. 117 - 136 der Prozessakte) ergeben würde, finde mit dem mBT-Schuh ein Muskel- und Koordinationstraining automatisch statt, weil die besondere Sohlenkonstruktion automatisch zu entsprechenden Ausgleichs- und Balancierbewegungen des Trägers führen würde. Bei dem mBT-Schuhen würde es sich daher um kein statisches Gerät handeln, sondern die Sohlen seien nur teilweise starr konstruiert, der untere Teil der Sohlen sei aber hoch flexibel und besitze eine Federwirkung, die deutlich über die Dämpfungswirkung anderer Schuhe hinausgehen würd...

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