Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 50d Abs. 8 EStG
Leitsatz (amtlich)
Die in § 50d Abs. 8 EStG getroffenen Regelung stellt weder einen Verstoß gegen Art. 3 Grundgesetz (GG) dar, noch steht ihr § 2 AO entgegen.
Normenkette
EStG § 50d Abs. 8; AO § 2; GG Art. 3; DBA Türkei Art. 25
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob die vom Kläger für eine in der Türkei ausgeübte Tätigkeit erzielten Einkünfte der deutschen Einkommensteuer unterliegen.
Die Kläger sind zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Eheleute. Der Kläger erzielt als Techniker Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit bei der in E ansässigen Firma X GmbH. Die Klägerin ist Hausfrau.
Der Bruttoarbeitslohn des Klägers im Streitjahr 2004 betrug insgesamt 133.276,- €. Laut Arbeitgeberbescheinigung sind darin Einkünfte für in der Türkei durchgeführte Tätigkeiten in Höhe von 93.441,- € enthalten.
In seiner Einkommensteuererklärung beantragte er, den für die Zeit vom 08.03.2004 bis 31.12.2004 auf die Türkei entfallenden Anteil des Arbeitslohns entsprechend dem Doppelbesteuerungsabkommen steuerfrei zu belassen und nur den Differenzbetrag der Einkommensteuer zu unterwerfen.
Da der Kläger trotz Aufforderung seitens des Finanzamtes keinen Nachweis über die Steuerfreiheit oder Steuerentrichtung für den auf die Tätigkeit in der Türkei entfallenden Arbeitslohn vorlegte, behandelte der Beklagte den gesamten im Jahr 2004 erzielten Bruttoarbeitslohn unter Hinweis auf § 50d Abs. 8 Einkommensteuergesetz (EStG) als steuerpflichtig.
Gegen den am 12.01.2006 ergangenen Einkommensteuerbescheid erhoben die Kläger Einspruch, mit dem sie sich gegen die Anwendung des § 50d Abs. 8 EStG wandten. Zur Begründung führten sie aus, nach dem DBA, Art. 15 des DBA Türkei vom 16.04.1985, seien die für die Tätigkeit in der Türkei erzielten Einkünfte steuerfrei zu belassen. Nach dem Vertragstext habe die Türkei ihre Besteuerungskompetenz nicht aufgegeben. Damit sei jedoch nicht festgelegt, dass die Türkei auch Steuern erheben müsse. Ein Bescheinigungsverfahren sei nicht vorgesehen. Vielmehr sei nach Art. 25 des o.g. DBA ein Verständigungsverfahren vorgesehen für den Fall, dass eine in einem Vertragsstaat ansässige Person der Auffassung sei, dass Maßnahmen eines Vertragsstaates zu einer Besteuerung führen, die diesem Abkommen nicht entsprechen würden. Von diesem Verfahren möchten die Kläger Gebrauch machen und verweisen insoweit auf ein Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 01.07.1997, BStBl. I 1997, 717. Gemäß § 2 AO habe internationales Recht Vorrang vor nationalen Regelungen.
Des Weiteren werde auf ein Schreiben des BMF vom 21.07.2005 IV B 1 – S2411 – 2/05, verwiesen, aus dem hervorgehe, dass die Vorschrift nicht für Einkünfte gelte, auf die der Auslandstätigkeitserlass anzuwenden sei. In streitigen Fall würden die Voraussetzungen des ATE vorliegen.
Mit Entscheidung vom 17.12.2007 wies der Beklagte den Einspruch zurück. Nach Abschnitt V Nr. 2 des ATE seien die Regelungen des ATE nicht anzuwenden, wenn die Tätigkeit in einem Staat ausgeübt werde, mit dem ein DBA bestehe, in das Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit einbezogen seien. Mit der Türkei bestehe ein entsprechendes DBA, so dass die Anwendung des ATE nicht in Betracht komme und § 50d Abs. 8 EStG Anwendung finde.
Dem Einwand, § 50d Abs. 8 EStG sei rechtswidrig, da das DBA eine entsprechende Nachweispflicht nicht vorsehe und damit ein Widerspruch zu § 2 AO bestehe, könne nicht gefolgt werden, weil es sich herbei um eine eindeutige gesetzliche Vorschrift handele, die innerstaatliche Wirksamkeit entfalte. Im Übrigen habe der BFH die Abweichung von in DBA festgelegten Besteuerungsgrundlagen für rechtmäßig erachtet (Urteil vom 13.07.1994, I R 120/93).
Mit der Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter. Sie tragen vor, die Vorschrift verstoße gegen völkerrechtliche Verträge. In dem DBA mit der Türkei sei ein Bescheinigungsverfahren nicht enthalten. Gemäß § 2 AO habe internationales Recht Vorrang vor nationalem Recht.
Im Streitfall sei festzustellen, dass Arbeitnehmer, die in der Türkei arbeiten, gar keine Bescheinigung erhalten würden. Im vorliegenden Fall habe die Firma L GmbH, O (in Deutschland, Anm. d. Neutralisierenden) einen Vertrag mit der Firma B A. S. in C/Istanbul (B) geschlossen, aus dem hervorgehe, dass im Gesamtpreis von über 22 Mio. € keine Zölle, Zollnebenkosten, Steuern, Gebühren und Abgaben enthalten seien, diese ggf. aber von der Firma B vollumfänglich übernommen werden würden (vgl. Gerichtsakte, Bl. 21). Die Firma L habe auf dieser Vertragsgrundlage Unteraufträge auch an die Firma des Klägers erteilt. Aufgrund der erteilten Freistellung sei bezüglich dieses Auftrags für die Tätigkeit in der Türkei keine Lohnsteuer einbehalten worden. Der Gesamtauftraggeber B se...