Entscheidungsstichwort (Thema)
Reihengeschäft und innergemeinschaftliche Lieferung
Leitsatz (amtlich)
Zur Verschaffung der Verfügungsmacht in einem Reihengeschäft.
Normenkette
UStG § 3 Abs. 6-7, § 6a Abs. 1, 3
Tatbestand
Strittig sind innergemeinschaftliche Lieferungen von Kraftfahrzeugen in einem Reihengeschäft.
Die Klägerin betreibt ein Autohaus. Im Streitjahr veräußerte die Klägerin auf Vermittlung durch einen Herrn … insgesamt 20 Kraftfahrzeuge VW Golf an die B mit Sitz in X in England. Die von der Klägerin eingeholte einfache Bestätigungsabfrage für die von der B angegebene Umsatzsteuer-Identifikationsnummer verifizierte diese als gültig.
Als Käufer für die ersten zehn Kraftfahrzeuge war zunächst in den verbindlichen Bestellungen die Firma V in London benannt. Die Klägerin änderte dies später auf die Firma B durch Überkleben des Adressfeldes. Die Klägerin rechnete beide Bestellungen jeweils einschließlich Transportkosten und einer Gebühr für die Kfz-Briefe gegenüber der B mit Rechnungen vom 31. Juli 2007 -erste Bestellung- bzw. vom 7. November 2007 -zweite Bestellung- ohne Umsatzsteuer ab. B veräußerte die Kraftfahrzeuge aufgrund mündlicher Vereinbarung an die Firma C in Y in England mit Ausweis von britischer Mehrwertsteuer weiter.
Die Fahrzeuge wurden durch eine Spedition …- transportiert, wobei ein Fahrzeugtransport durch die …. als Unterfrachtführer … abgewickelt wurde. Die ersten zehn Kraftfahrzeuge wurden am 26. Juli 2007 bzw. am 1. August 2007 von der Spedition bei der Klägerin abgeholt. Die zweiten zehn Kraftfahrzeuge wurden am 7. November 2007 bzw. ein Fahrzeug am 18. Dezember 2007 von der Spedition bei der Klägerin abgeholt. Empfänger der Lieferungen war ausweislich der Frachtbriefe jeweils die C, wobei 11 Fahrzeuge unmittelbar nach Y und 9 Fahrzeuge nach Z in Wales transportiert wurden.
Die Klägerin behandelte die Fahrzeuglieferungen umsatzsteuerlich als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen. Im Anschluss an eine Umsatzsteuernachschau sah der Beklagte aufgrund einer Auskunft der britischen Finanzbehörden, nach der B und V als sog. "missing trader" und als Beteiligte eines Umsatzsteuerbetruges einzustufen seien, die Lieferungen der Fahrzeuge als steuerpflichtig an und erfasste in dem Umsatzsteuerbescheid 2007 vom 14. Mai 2009 die erklärten steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferungen als steuerpflichtige Umsätze. Die Klägerin legte hiergegen Einspruch ein und reichte eine geänderte Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr ein, der der Beklagte in Hinblick auf die Übrigen nicht streitgegenständlichen Umsatze mit geändertem Umsatzsteuerbescheid vom 18. September 2009 folgte.
Während des Einspruchsverfahrens legte die Klägerin sog. weiße Speditionsbescheinigungen mit Ausstellungsdatum vom 7. Juli 2009 vor, wonach B den Auftrag zum Transport der Kraftfahrzeuge an die Spedition erteilt hatte.
Mit Einspruchsentscheidung vom 15. Juli 2010 wurde der Einspruch zurückgewiesen, da der Beklagte den Buch- und Belegnachweis nicht als erbracht ansah und Vertrauensschutz nicht zu gewähren sei. Nach den Feststellungen des Operativen Ermittlungs-Teams der Finanzverwaltung seien sowohl B als auch V sowie der Vermittler ... nach Überprüfung durch die englischen Finanzbehörden als missing trader Beteiligte an einem Umsatzsteuerbetrug. Die Klägerin müsse gewusst haben, dass möglicherweise ein Umsatzsteuerbetrug geplant gewesen sei.
Das Gericht gab der daraufhin erhobenen Klage mit Urteil vom 4. Dezember 2012 - 6 K 2104/10 statt, da nach den Feststellungen des Gerichts nicht feststehe, dass die Klägerin Kenntnis vom Weiterverkauf der Kraftfahrzeuge gehabt habe.
Auf die daraufhin vom Beklagten eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ließ der BFH mit Beschluss vom 16. Juli 2013 – XI B 12/13 die Revision zu. Mit Urteil vom 25. Februar 2015 – XI R 30/13 hob der BFH das Urteil des Gerichts auf und verwies die Sache an das Gericht zurück. Entgegen der Auffassung des Gerichts, welches von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen sei, da dem Gericht die Rechtsgrundsätze aus dem Urteil des Senats vom 28. Mai 2013 (XI R 11/09, BFH/NV 2013, 1524) noch nicht bekannt gewesen seien, seien die streitbefangenen Lieferungen nicht allein wegen fehlender Kenntnis der Klägerin von der Veräußerung der Kraftfahrzeuge durch die B an die C als innergemeinschaftliche Lieferungen steuerfrei. Für die zu treffende Zuordnung fehle die Feststellung aller besonderen Umstände des Einzelfalls sowie die Prüfung, ob zwischen der B und der C die Übertragung der Befähigung, wie ein Eigentümer über die Kraftfahrzeuge zu verfügen, stattgefunden habe, bevor die innergemeinschaftliche Versendung erfolgt sei. Dabei sei nicht auf die subjektive Kenntnis der Klägerin abzustellen, sondern die objektiven Umstände seien maßgeblich. Daher seien im zweiten Rechtsgang Feststellungen dazu nachzuholen, wann B die Verfügungsmacht an den Kraftfahrzeugen auf C übertragen habe.
Die Klägerin trägt ergänzend zu ihrem Vorbringen im ersten Rechtszug vor, es widerspreche der Au...