Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Bestimmung des vorrangig Kindergeldberechtigten

 

Leitsatz (amtlich)

Die Bestimmung des Kindergeldberechtigten für den Fall, dass ein Kind sowohl in den Haushalt des Vaters als auch in den Haushalt der Mutter aufgenommen ist, wird - soweit sie nicht widerrufen wird - erst dann gegenstandslos, wenn das Kind den Haushalt auf Dauer verlässt.

Ein Widerruf muss schriftlich oder zur Niederschrift der Familienkasse erfolgen, es genügt die einseitige Erklärung eines Elternteils. Ein Widerruf entfaltet grundsätzlich Wirkung nur für die Zukunft.

 

Normenkette

EStG § 64 Abs. 1, 2 Sätze 1-2

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 12.07.2005; Aktenzeichen III S 1/05 (PKH))

BFH (Beschluss vom 12.07.2005; Aktenzeichen III S 1/05 (PKH))

 

Tatbestand

Streitig ist, welchem Elternteil Anspruch auf Kindergeld für C. und P. E., beide geboren am 24. Juni 1987, im Zeitraum Mai bis September 1999 zusteht.

Der Kläger hat mit Antrag vom 25. Oktober 1999 erstmals Kindergeld für seine Töchter für die Zeit ab November 1999 beantragt. In dem dem Antrag beiliegenden Schreiben vom 02. November 1999 führte er aus, dass bei Trennung der Lebensgemeinschaft mit der Mutter der Kinder im Juni 1995 vereinbart worden sei, dass die Kinder abwechselnd von je einem Elternteil betreut und versorgt würden, was bedeute, dass die Kinder zwei gleichwertige Mittelpunkte des Lebens und zwei Familien hätten. Bezüglich des Kindergeldes sei vereinbart worden (Berechtigtenbestimmung), dass die Mutter, Frau M. E., im Rahmen dieser Abmachung das Kindergeld ausgezahlt bekommen solle. Aufgrund von Unterhaltsstreitigkeiten und weil die Kinder seit März 1999 allein vom ihm versorgt würden, beanspruche er jetzt das Kindergeld. Dem Antrag war eine amtlich bestätigte Haushaltsbescheinigung vom 25. Oktober 1999 sowie die Kopie einer Ummeldung zum 20. Oktober 1999 beigefügt.

Der Kindesmutter wurde bis Oktober 1999 von der Familienkasse der Universität M das Kindergeld ausgezahlt, der Oktober 1999 wurde von der Kindesmutter später zurückgefordert.

Mit Schreiben vom 31. Mai 2000 begehrt der Kläger nun auch die Nachzahlung für die Monate April bis Oktober 1999, weil die Kindesmutter sich nicht an die Vereinbarung gehalten habe, rückständigen Unterhalt und Kindergeld an ihn zu zahlen. Er habe deshalb am 29. Mai 2000 Klage beim Familiengericht eingereicht. P und C seien seit April 1999 - bis auf einige Tage im April, Mai und Juni, wie sich aus dem Tagebuch ergebe - ausschließlich in seinem Haushalt gewesen und von ihm versorgt und betreut worden. Als Nachweis legte er vier Faxschreiben des Ehemannes der Kindesmutter vor, die belegen sollten, dass dieser die Kinder im streitigen Zeitraum nicht mehr in seinem Haushalt duldete.

Eine Anhörung der Kindesmutter hat ergeben, dass auf Empfehlung der Richterin N anlässlich einer Anhörung am 16. April 1999 die Besuchszeiten ihrer Töchter beim Vater großzügig ausgelegt wurden. Der Kindesvater habe bereits in der Vergangenheit mit der gleichen Vorgehensweise versucht, Unterhaltsvorschusszahlungen zu verhindern. Sie habe sich in der Zeit ab der Anhörung vom 16. April 1999 bis zum Verfahrenstermin am 20. Oktober 1999 an die Empfehlung der Richterin gehalten. Ihre Töchter hätten jederzeit den Vater sehen dürfen. Laut Protokoll vom 20. Oktober 1999 und der Aussage der Töchter sei ihr Lebensmittelpunkt ab diesem Tag beim Vater. Sie seien am 24. Oktober 1999 mit ihren Sachen umgezogen.

Aus dem Protokoll der nicht-öffentlichen Sitzung vor dem Amtsgericht M vom 20. Oktober 1999 ergibt sich, dass C und P wörtlich erklärten: "So ungefähr seit 6 - 8 Wochen wohnen wir beim Vater und besuchen so alle 14 Tage unsere Mutter". Die Sachverständige Frau G, Diplom-Psychologin, teilte mit Schreiben vom 26. November 2002 der Beklagten mit, dass zur Zeit der Begutachtung (angefragt war von der Beklagten für die Zeit von April bis September 1999) die beiden Töchter ihrem Eindruck nach sowohl bei der Mutter als auch beim Vater wohnten. Sie habe die beiden Mädchen sowohl im mütterlichen als auch im väterlichen Umfeld angetroffen. Sie hätten bei beiden Eltern jeweils eigene Kinderzimmer gehabt (Bl. 196 KiGA).

Die Beklagte hat mit Bescheid vom 30. April 2002 den Antrag des Klägers auf Kindergeld für die Zeit von April bis September 1999 abgelehnt. Der hiergegen eingelegte Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 4. Dezember 2002 als unbegründet zurückgewiesen.

Mit der Klage trägt der Kläger vor, dass die Kinder von August 1995 bis April 1999 im regelmäßigen Wechsel bei beiden Elternteilen gemäß den Abmachungen abwechselnd versorgt und betreut worden seien. Im April 1999 sei es zum Bruch der früheren Elternvereinbarung gekommen. Der Ehemann der Mutter habe erklärt, dass die Kinder nicht mehr länger in seinem Haushalt leben könnten und hätte die Kinder herausgeworfen. Seit April 1999 lebten die Kinder nur noch in seinem Haushalt und würden die Mutter gelegentlich besuchen. Im April und Mai 1999 hätten sie an mehreren Tagen versucht, zur Mutter zu geh...

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