Entscheidungsstichwort (Thema)

Besteuerung der Einkünfte des Gesellschafter-Geschäftsführers einer luxemburgischen S.a.r.l. in Deutschland

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft ist nicht stets unselbständig tätig; vielmehr ist auf die Umstände des Einzelfalls abzustellen. Zu den Indizien, die im Rahmen der Gesamtwürdigung zu berücksichtigen sind, gehört bei einem Gesellschafter-Geschäftsführer die Beteiligungsquote, die als Indiz gegen eine nichtselbständige Tätigkeit herangezogen werden kann.

2. Das bloße Tätigwerden in Räumlichkeiten des Vertragspartners genügt für die Begründung einer Betriebsstätte im Sinne von Art. 5 Abs. 1 DBA Luxemburg 1958 nicht. Vielmehr muss dem Unternehmer ein selbständiger Anspruch auf Zutritt zu den Räumlichkeiten zustehen.

3. Inwieweit Einkünfte aus einem gewerblichen Unternehmen im Sinne von Art. 5 Abs. 1 DBA Luxemburg 1958 auf eine Betriebsstätte im "anderen Staat" entfallen, kann nach den auf die in der Betriebsstätte ausgeübten Tätigkeiten entfallenden Zeitanteilen bemessen werden, wenn die sog. direkte Methode mangels einer eigenständigen Betriebsstättenbuchführung nicht anwendbar ist und im Rahmen der sog. indirekten Methode keine anderweitigen sachgerechten Schlüsselgrößen in Betracht kommen.

 

Normenkette

DBA Luxemburg Art. 5, 10, 13; EStG § 15 Abs. 2, § 18 Abs. 1 Nr. 1, § 19 Abs. 1 Nr. 1, § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 2; LStDV § 1 Abs. 2 Sätze 1-2; AO §§ 12, 90 Abs. 2

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 14.04.2019; Aktenzeichen I B 19/19)

 

Tatbestand

Streitig ist, inwieweit der Kläger mit seinen von einer luxemburgischen S.a.r.l. bezogenen Einkünften der inländischen Besteuerung unterliegt. Das Verfahren befindet sich im zweiten Rechtsgang.

Der in X wohnhafte Kläger war an der im Februar 2000 von ihm und Herrn E. gegründeten Firma D S.a.r.l. (im Folgenden: S.a.r.l.) zunächst zu 50 % beteiligt (Gründungsvertrag vom 1. Februar 2000). Beide Gesellschafter waren Geschäftsführer. Seit dem 24. September 2003 ist der Kläger alleiniger Gesellschafter, seit dem 02. Oktober 2003 ist er außerdem alleiniger Geschäftsführer der S.a.r.l. Der Zweck der Gesellschaft ist die Durchführung von Dachdeckerarbeiten, Zimmererarbeiten, Klempnerarbeiten, Gerüstbau, Schornsteinsanierung und der Handel aller diesbezüglichen Materialien. Der Gesellschaftssitz wurde mit Beschluss vom 11. September 2002 von G/Luxemburg nach R/Luxemburg verlegt. Mit Beschluss vom 25. August 2008 wurde der Sitz nach E/Luxemburg, rue …, und mit Beschluss vom 4. November 2009 in die route … in E verlegt. Seit dem Jahr 2000 war die S.a.r.l. Mieterin von zwei Hallen (Nrn. 472 und 435) mit den dazugehörigen Freiflächen auf dem Flugplatz in Y (vgl. hierzu u.a. den Mietvertrag zwischen der S.a.r.l. und der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben vom 3. Februar 2006).

Für die Jahre 2000 bis 2002 reichte der Kläger keine Einkommensteuererklärungen beim Beklagten ein. In seinen am 30. Dezember 2008 beim Beklagten eingegangenen Einkommensteuererklärungen für 2003 bis 2007 sowie in den am 18. Dezember 2009 bzw. 4. Juli 2011 eingereichten Erklärungen für 2008 und 2009 beantragte er die getrennte Veranlagung und erklärte auf der Anlage N steuerfreien Arbeitslohn aus einer Tätigkeit für die S.a.r.l.. Den Erklärungen beigefügt waren jeweils von der S.a.r.l. ausgestellte Certificats de rémunération, in denen für den Kläger Bruttovergütungen in Höhe von 46.364,81 € (2003), 45.416,06 € (2004), 45.371 € (2005), 46.312,83 € (2006), 47.371,80 € (2007), 48.358,60 € (2008) und 49.566,96 € (2009) sowie Gratifikationen in Höhe von 6.553,30 € (2005), 3.851,38 € (2006), 3.947,65 € (2007) und 2.500 € (2009) ausgewiesen waren (vgl. beispielhaft Bl. 41 d. ESt-Akten).

Unter dem 12. Januar 2010 bzw. 27. Juli 2011 erließ der Beklagte Einkommensteuerbescheide für 2008 und 2009. Für die Jahre 2000 bis 2007 erfolgte zunächst keine Veranlagung.

In der Zeit von August 2010 bis November 2011 (mit Unterbrechungen) fand beim Kläger eine Steuerfahndungsprüfung für die Streitjahre statt. Im Verlaufe der Prüfung bat der Prüfer den Kläger u.a. darum, für die Jahre 2000 bis 2008 eine Liste der Bauarbeiten in Luxemburg und Deutschland mit Angabe der Kunden, der Einsatzorte und des jeweiligen Umsatzes der S.a.r.l. sowie Rapportzettel, Stundenzettel usw. für den Kläger vorzulegen. Der Kläger teilte daraufhin mit Schreiben vom 30. September 2010 mit, die S.a.r.l. sei bis einschließlich 2007 ausschließlich für die Generalbauunternehmen E GmbH und B GmbH tätig gewesen. Eine Liste über die Einsatzorte befinde sich nicht in den Akten der Firma. Im Jahr 2008 sei die S.a.r.l. daneben noch für fünf verschiedene Privatkunden tätig gewesen, Kopien der entsprechenden Ausgangsrechnungen seien diesem Schreiben beigefügt. Rapport- oder Stundenzettel lägen nicht mehr vor. Für die Ausübung seiner Tätigkeit als Geschäftsführer sei es nur in seltenen Fällen nötig gewesen, die Baustellen in Deutschland aufzusuchen, da die Bauleitung und Bauüberwachung seines Hauptauftraggebers, der E...

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