Prof. Dr. Jana Heimel, Daniel Mönch
Die in diesem Leitfaden beschriebenen Finance-Prozesse zeichnen sich unter anderem dadurch aus, dass sie häufig eng miteinander verknüpft sind. Das bedeutet, dass das Ergebnis bzw. die Erkenntnis eines Finance-(Teil)Prozesses ein notwendiges Startereignis für einen darauf folgenden, anderen Finance-(Teil)Prozess darstellt. Um diesem Zusammenspiel Rechnung tragen zu können, sollten die einzelnen Finance-(Teil)Prozesse nicht isoliert, sondern in ihrer Interaktion miteinander betrachtet und im Idealfall sowohl zeitlich als auch inhaltlich aufeinander abgestimmt werden.
Ablaufdiagramm
Zur Erleichterung dieser Aufgabe wird häufig eine Visualisierung der Prozesse in Form eines Ablaufdiagrammes verwendet. Die Prozessvisualisierung kann dazu dienen, die skizzierten Zusammenhänge aufzuzeigen und Abhängigkeiten unter den benötigten Inputfaktoren und dem daraus resultierenden Output übersichtlich und schematisch darzustellen.
Prozessvisualisierung
Die Prozessdarstellung ermöglicht zudem eine aktivitätsgenaue Feststellung der Arbeits-, Durchlauf- und Liegezeiten. Die gesteigerte Transparenz über die genauen Prozessabläufe kann somit zur Effizienz-, Qualitäts- und Flexibilitätssteigerung genutzt werden.
Für den Begriff der Prozessvisualisierung gibt es in der Theorie und Praxis zahlreiche synonym verwendete Bezeichnungen. Häufig finden sich die Begriffe Flowchart, Flussdiagramm, Prozessablauf(-diagramm), Swimlane, Vorgangskettendiagramm oder Prozesskette, um hier nur einige zu nennen.
Die Prozessvisualisierung schafft einen Überblick über die gesamte Organisationsstruktur bis hin zum gewünschten Detaillierungsgrad. Dabei werden Abläufe vereinfacht, aber dennoch praxisgerecht dargestellt. Gleichzeitig kann der Prozess grundlegend überprüft und somit Ineffizienzen sowie Schnittstellenproblematiken behoben werden. Darüber hinaus können durch eine einheitliche Prozessvisualisierung Unstimmigkeiten vermieden und die Kommunikation der Finance-Prozesse im Unternehmen vereinfacht werden. Dies kann zum einen die Schulung in den Prozessen erleichtern, zum anderen bei der Vorstellung bzw. Präsentationen der Finance-Prozesse im Unternehmen Verwendung finden.
Dabei ist der Grad der Vereinfachung stark vom Empfänger der Prozessvisualisierung abhängig. Dient die graphische Abbildung der Prozesse als Design Template zur anschließenden Umsetzung im ERP-System, muss der Detailgrad dementsprechend angepasst und höher gewählt werden als für die beschriebenen Schulungs- oder Präsentationszwecke.
Visualisierungstools
Die Visualisierung der Prozesse kann durch unterschiedliche Programme und Medien unterstützt werden. In der Praxis sind neben Microsoft PowerPoint, Microsoft Visio und ARIS zahlreiche weitere Softwarelösungen zur Erleichterung der Prozessvisualisierung vorzufinden.
Beispiel
Abb. 17 zeigt die exemplarische Darstellung eines Finance(Teil-)Prozesses als ereignisgesteuerte Prozesskette (EPK). Als Beispiel für die schematische Darstellung wurde der Teilprozess der Rechnungsprüfung in der Kreditorenbuchhaltung gewählt. Dieser beginnt mit einem vorgelagerten, notwendigen Ereignis, in diesem Fall der Erfassung einer Rechnung oder Gutschrift. Die einzelnen Aktivitäten der folgenden Rechnungsprüfung sind detailliert unterteilt und dem entsprechenden Kompetenzbereich zugeordnet ("Activity Split"). Die Durchführung einer Aktivität bzw. die Prüfung eines Sachverhalts kann im vorliegenden Beispiel entweder durch die Finance-Abteilung, die einzelnen Gesellschaften oder die Fachbereiche erfolgen. Die Rechnungsprüfung und die inhaltliche Rechnungsfreigabe erfolgt hauptsächlich durch die Gesellschaften oder Fachbereiche. Sollte bei der Prüfung der Einhaltung der Voraussetzungen gemäß § 14 UStG oder der anschließenden Prüfung der formalen Vollständigkeit festgestellt werden, dass die Rechnung unvollständig ist, tritt eines der definierten Prozess-Abbruchkriterien ein und der Prozess wird mit der Zurücksendung der Rechnung an den Lieferanten zur Klärung beendet. Sollten keine Probleme auftreten, wird die Rechnung der kaufmännischen Prüfung unterzogen. Fehlt für diesen Prüfschritt die Bestellung oder der Wareneingang, wird eine Klärung durch die jeweilige Gesellschaft oder den Fachbereich angestoßen. Der Prozess ist abgeschlossen, wenn die Rechnung geprüft und gebucht ist oder die Rechnung zur Sachverhaltsklärung aufgrund aufgetretener Probleme an den Lieferanten zurückgeschickt wurde.
Wie Abb. 17 zeigt, unterscheiden sich zur leichteren Verständlichkeit und zur besseren Nachvollziehbarkeit des Prozesses die Symbole für Anfangsereignisse, Entscheidungspunkte, Prozessaktivitäten und Prozessende.
Abb. 18 zeigt exemplarisch für die Kreditorenbuchhaltung die entwickelten Prozesstemplates auf Ebene 4. Auf eine umfassende Darstellung der Aktivitätenebene wurde aus Rücksicht auf die Zielsetzung und die Übersichtlichkeit des Leitfadens verzichtet.
Abb. 17: Darstellung der Aktivitäten (Prozessebene 4) am Beispiel des Teilprozesses "Rechnung prüfen und kontieren" der Kred...