Stakeholder Carbon Footprint - Impact starts with „I“
Das Greenhouse Gas Protocol unterscheidet nach den direkten (Scope 1) und indirekten Emissionen (Scope 2 und Scope 3) eines Unternehmens.
Der Stakeholder Carbon Footprint™ (SCF) erweitert die Methodik um eine verursachergerechte Aufteilung. Hierzu werden neben dem Fußabdruck auch die Einflüsse des Kapitals sowie Kommunikation und Innovation betrachtet. Dies bietet den Rahmen für eine gemeinsame Verantwortungsdiskussion. Hierfür ist es wichtig, dass man zum Beispiel beim Autofahren nicht nur den Normverbrauch am Auspuff betrachtet, wie dies die Herstellerangaben der CO2-Emissionen ausweisen, sondern, dass Realverbrauch, Produktion, Wartung, Infrastruktur und Benzinherstellung ebenfalls berücksichtigt werden.
Um diese Gesamtemissionen zu senken, haben Autofahrer, Hersteller, Zulieferer, Mineralölhersteller, die Politik oder Umweltorganisationen ganz unterschiedliche Einflussmöglichkeiten. So kann der Autofahrer entscheiden, ob und wie er fährt, die Hersteller bestimmen das Angebot, die Zulieferer die Produktionsmethoden oder die Politik kann über ein Tempolimit eingreifen.
Durch die Regulatorik wird Nachhaltigkeit zukünftig für alle Unternehmen verpflichtender Bestandteil des Geschäftsberichts. Der „Stakeholder Carbon Footprint“-Ansatz von Calcolution bietet nachhaltig engagierten Unternehmen und ihren Stakeholdern die Chance dabei ein gemeinsames Prozessverständnis zu entwickeln und Synergien bei der Umsetzung der Maßnahmen zu erzielen. Nach der gemeinsamen Umsetzung des Proof of Concept mit dem B.A.U.M. e.V., der abat AG, ESG Portfolio Management, dem VfU und der Uni Göttingen möchte Calcolution nun mit einem strategischen Partner eine transparente Softwarelösung realisieren. Zur Finanzierung dienen hierbei individuelle Realisierungen im Rahmen eines „White-Label-Konzeptes“ für interessierte Unternehmen.
Konzept des Stakeholder Carbon Footprints
Das Greenhouse Gas-Protokoll unterteilt die Emissionen eines Akteurs in direkte (Scope 1) und indirekte Emissionen (Scope 2 & 3) und ermittelt den Fußabdruck häufig in recht eng gefassten Systemgrenzen. In den letzten Jahren hat sich eine Diskussion um die vermiedenen Emissionen entwickelt. Diese werden häufig als Scope 4 bezeichnet werden.
Der Stakeholder Carbon Footprint™ vereint die Konzepte in einer ganzheitlichen Betrachtung. Hierbei ist es wichtig, dass der Fußabdruck (Scope 1-3) den kompletten Lebenszyklus der relevanten Aktivitäten betrachtet. Zusätzlich hat jeder Akteur über den „Geld-“ und den „Handabdruck“ einen erheblichen Einfluss auf die zukünftigen Emissionen anderer.
Im Projektteam wurden die Emissionen zunächst klassifiziert und anschließend bewertet. Die Abb. 2 zeigt die verwendeten Hauptkategorien sowie eine detailliertere Darstellung des Geld- und Handabdrucks mit beispielhaften Einflussmöglichkeiten der Akteure.
Was bestimmt den Fußabdruck?
Im Vergleich zum klassischen Corporate Carbon Footprint (CCF) ergeben sich im Stakeholder Carbon Footprint™ beispielsweise im Mobilitätsbereich deutliche Unterschiede. Dort führt die Berücksichtigung der Emissionen für Produktion, Benzinherstellung, -transport, Verkehrswege, Wartung, Sicherheit und Entsorgung zu einer deutlich höheren Emission pro Kilometer gegenüber den Herstellerangaben. Ähnliches gilt für die Berechnung der Emissionen von Flugreisen, wenn hier die Klimawirkung der Kondensstreifen berücksichtigt wird. Diese Beispiele zeigen die Wichtigkeit eines gemeinsamen Verständnisses der betrachteten Aktivitäten.
Durch die sehr weit gefassten Systemgrenzen des Stakeholder Carbon Footprint werden weitere Emissionen berücksichtig, die für die Geschäftstätigkeit der Unternehmen relevant, aber nur in begrenztem Umfang beeinflussbar sind. Normalerweise erfolgt hier eine 0/1-Entscheidung im Rahmen der Wesentlichkeitsanalyse. Der Stakeholder Carbon Footprint™ ermöglicht durch die Gewichtung eine feine und individuelle Abstufung, die zu neuen Einblicken führt, denn gerade die Scope-3-Emissionen können detailliert betrachtet werden. Beispiele hierfür sind die Emissionen, die im Hotel- und Gastronomiebereich bei Veranstaltungen entstehen oder die Emissionen aus dem Bau der genutzten Büros.
Und dann ist da noch der Geldabdruck
Der Geldabdruck beschreibt den zukünftigen Einfluss auf Emissionen, den Akteure über finanzielle Investitionen ausüben. Dies gewichtet der Stakeholder Carbon Footprint gemäß dem tatsächlichen Einfluss, der sich je nach Investitionsform deutlich unterscheidet.
Das Konzept stützt sich dabei stark auf die aktuelle Forschung, die gerade im Sustainable-Finance-Bereich noch eher am Anfang steht. In der Studie „Time to pay the piper“ von Marco Grasso wurden so zum Beispiel die Folgekosten der Erdölproduktion zwischen Konsumenten, Produzenten und Politik aufgeteilt. Die „Verantwortung“ von Saudi Aramco, dem weltweit größten Erdölproduzenten, wird dort auf jährlich ca. 43 Milliarden USD geschätzt.
Timo Busch von der Sustainable-Finance-Wissenschaftsplattform hat gerade ein Diskussionspaper zur Beurteilung von Unternehmensimpact und Investmentimpact veröffentlicht.
Calcolution führt gerade mit seinen Partnern eine Umfrage zur qualitativen Einschätzung des Einflusses der Kapitalgeber durch. Hierbei geht es um eine Unterscheidung verschiedener Möglichkeiten wie Fondsinvestments, der aktiven Teilnahme an Hauptversammlungen oder der direkten Finanzierung von Windrädern. Eine breite und transparente Diskussion über diese subjektiven Einschätzungen erleichtert den Kapitalgebern eine wirksame Allokation der eigenen Investitionen.
Handabdruck misst den individuellen Einfluss
Der Handabdruck misst den Einfluss, den Akteure auf die aktuellen und zukünftigen Emissionen anderer ausüben. In Abb. 2 sind verschiedene Kategorien dargestellt, die ursächlich zu einer Verhaltensänderung führen können.
Kommunikation und Innovation sind hierbei entscheidend für den Erfolg klimaschützender Maßnahmen, denn wir benötigen eine Veränderung im Verhalten aller und dabei ist es wichtig, dass „Sustainability Leader“ voraus gehen. Es gilt zum Beispiel Mobilitätskonzepte neu zu denken oder Lieferketten effizienter zu gestalten. Schließlich muss auch eine ehrliche Suffizienzdiskussion geführt werden, die die individuellen Bedürfnisse berücksichtigt.
In den letzten Monaten ist die Diskussion um den Handabdruck deutlich stärker geworden, so finden sich beispielsweise bei Germanwatch oder Brot für die Welt viele Anregungen.
Die exakte Wirkung dieser Aktivitäten lässt sich nur sehr schwer quantifizieren, für ein erfolgreiches Gegensteuern in der Klimakrise ist aber die breite Akzeptanz in allen Teilen der Bevölkerung unabdingbar.
Umsetzung des Stakeholder Carbon Footprint
Im Rahmen des Proof of Concept hat Calcolution wir gemeinsam mit Partnern eine Klassifikation erarbeitet und verschiedene Methoden zur Erhebung verglichen. Dabei hat es sich bewehrt, zunächst über einen qualitativen Fragebogen einzusteigen und dann sukzessive mit der Detaillierung der besonders relevanten Bereiche fortzufahren. Der Aufwand, aber auch der Erkenntnisgewinn, innerhalb der Unternehmen hängt hierbei stark von der Zahl der Beteiligten Personen ab.
Bei der Detaillierung der relevanten Bereiche einigte sich das Projektteam auf weite Systemgrenzen für die Emissionsfaktoren und gut messbare Mengen – wie Kilometer, Anzahl der Arbeitsplätze oder Anzahl der Teilnehmenden bei Veranstaltungen.
Im letzten Schritt gilt es die Verteilung der Emissionen anhand des Einflusses der beteiligten Akteure zu ermitteln. Dieses Vorgehen ist kaum standardisierbar, eine Diskussion darüber stärkt das Prozessverständnis jedoch erheblich. Als Orientierung kann hier eine Gleichgewichtung von Produzenten und Konsumenten sowie eine etwas geringere Verantwortung der Politik und der Gesellschaft dienen. Bei den Produzenten ist der Einfluss zwischen Investoren, herstellendem Unternehmen und Zulieferern aufzuteilen. In Abb. 2 wird eine solche Aufteilung beispielhaft anhand der Jahresemissionen eines einzelnen Autos dargestellt.
Für den Erfolg von Klimaschutzmaßnahmen ist Eigenverantwortung entscheidend. Der Stakeholder Carbon Footprint steigert das Verständnis und fördert Ideen aus dem Mitarbeiterkreis. Mittels einer Befragung wird eine Selbsteinschätzung erstellt. Diese soll - transparent und interaktiv dargestellt - die Diskussion beleben und zeigen in welchen Bereichen die größten Potentiale liegen. Die Einbeziehung von Kunden, Zulieferern, Verbänden, der Politik oder Peers in den Prozess kann die allgemeine Akzeptanz stärken und die eigenen Kosten für die Moderation des Prozesses und die Darstellung der Ergebnisse senken. Dieses Vorgehen ermöglicht einen ganzheitlichen Blick auf die selbst verursachten Emissionen, die weit über das GHG-Protokoll hinausgehen.
Fuß-, Geld- und Handabdruck werden separat betrachtet
Eine „Verrechnung“ von Fuß-, Geld- und Handabdruck ist zwar theoretisch möglich, birgt aber die Gefahr des Greenwashings der eigenen Emissionen. Im Rahmen des Projektes wurde sich daher auf eine getrennte Darstellung der Komponenten verständigt. Dies hat den Vorteil, dass man den Geld- und Handabdruck nicht zwingend mit subjektiven Annahmen in CO2-Äquivalente umrechnen muss.
Das Ziel von Calcolution ist eine moderierte Diskussion verschiedener Akteure mit dem Stakeholder Carbon Footprint als „Sprache“. In verschiedenen Best Practice Clubs kann jeder von den Erfahrungen der anderen profitieren. Diese Clubs können entweder unternehmensintern, zum Beispiel mit verschiedenen Abteilungen, einzelnen Filialen oder aber auch mit Kunden oder Zulieferern ins Leben gerufen werden. Wichtig hierbei sind Transparenz und der Wille zur Kooperation, dabei profitieren alle Teilnehmer vom Erfahrungsaustausch und steigern so die eigene Schlagkraft. Das Konzept lässt sich hervorragend mit den aktuellen Reportinganforderungen der CSRD verbinden und bietet den Link zur gemeinsamen skalierten Umsetzung von Maßnahmen.
Vergleich: Stakeholder Carbon Footprint vs. Corporate Carbon Footprint
Der Stakeholder Carbon Footprint setzt dabei auf dem Corporate Carbon Footprint auf und erweitert diesen gemäß den individuellen Anforderungen. Hierzu werden weitere relevante Aktivitäten ergänzt, die Emissionsfaktoren kritisch hinterfragt und eine individuelle Gewichtung hinzugefügt. Das Ergebnis ist ein neues Ranking der Emissionen, das eine gemeinsame Datengrundlage und Diskussion mit den übrigen beteiligten Akteuren ermöglicht.
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