Michael Paul, Jörgen Erichsen
Auch wenn der Umsatz, der Überschuss und der Kontostand zweifelsfrei wichtige Daten sind, taugen sie in dieser Form der Betrachtung nicht für eine Unternehmenssteuerung oder z. B. als Grundlage für wichtige Entscheidungen.
Die BWA macht nur stark eingeschränkt eine zeitliche Entwicklung transparent. Ihre Defizite sind im Bankgespräch mit 2 Fragen aufgedeckt. Der Steuerberater kann hier nur helfen, wenn er ausreichenden Einblick in die hinter den Zahlen stehenden betriebswirtschaftlichen Tatbestände hat.
Bei den wichtigen und notwendigen Daten kann man Unterscheidungen treffen nach
- Daten für den laufenden Betrieb,
- Daten als Frühwarnsystem und
- Zusatzdaten, die längerfristige Entwicklungen beobachten.
Wenn man kleine und mittlere Unternehmen betrachtet, merkt man schnell, dass es nicht einer Unmenge Zahlen bedarf, um den Zustand und die Entwicklung des Unternehmens festzustellen und ausreichend genau zu beschreiben. Prof. Jörg Baetge hat bereits 1996 ein anerkanntes und sehr rationelles Unternehmensrating-Verfahren entwickelt, das im Grunde mit 14 Kennzahlen für eine erstaunlich genaue Bonitätsbeurteilung eines Unternehmens dient. Mit ihm ist zudem eine recht genaue Insolvenzrisikoeinschätzung möglich. Das Verfahren ist weitestgehend unabhängig von Branche und Unternehmensgröße nutzbar.
Für ein kleineres Unternehmen sind selbst 14 Kennzahlen oft schon viel. Auch diese Zahlen lassen sich in 2 Bereiche aufteilen: die, die sich aus der Buchhaltung ableiten lassen, und die, die statistisch im Unternehmen erhoben werden müssen.
4 Kennzahlen können ausreichen
Der Bilanz-Quickcheck von Peter Kralicek verwendet sogar nur 4 Kennzahlen, um die Entwicklung des Unternehmens zu beurteilen und die Insolvenzgefährdung zu prüfen:
- Eigenkapitalquote in %
- Schuldentilgungsdauer in Jahren
- Gesamtkapitalrentabilität in %
- Cash-flow in % der Betriebsleistung.
Hier mögen Controller oder Ratinganalysten die Nase rümpfen. Es gilt aber für kleinere Unternehmen der pragmatische Ansatz: besser wenige wichtige und qualifizierte Zahlen einfach erfasst und fest im Blick, als 25 Kennzahlen berechnet aber nicht beachtet.
Zur Beurteilung dient die vereinfachte Bewertung in Tab. 1. Vielleicht fehlt ab und zu eine gewisse Trennschärfe und es werden Besonderheiten von Branchen und Betriebsarten und -größen vernachlässigt. Dafür wird eine klare Aussage für das Unternehmen und dessen Entwicklung im Zeitvergleich getroffen.
Die 4 Quickcheck-Kennzahlen schöpfen weite Teile des Informationspotenzials des Jahresabschlusses aus. Für Betriebs- und Branchenvergleiche ist dieser Quickcheck nicht geeignet, sehr wohl aber für die Beobachtung des eigenen Unternehmens.
Kennzahl/Beurteilungsschema |
Sehr gut |
gut |
Mittel |
noch ausreichend |
nicht mehr ausreichend |
Eigenkapitalquote |
> 30 % |
> 20 % |
> 10 % |
< 10 % |
negativ |
Schuldentilgungsdauer in Jahren |
< 3 J. |
< 5 J. |
< 12 J. |
< 20 J. |
> 20 J. |
Gesamtkapitalrentabilität |
> 15 % |
> 12 % |
> 8 % |
< 8 % |
negativ |
Cashflow in % der Betriebsleistung |
> 10 % |
> 8 % |
> 5 % |
< 5 % |
negativ |
Tab. 1: Kennzahlen für den Quickcheck
Beide genannten Methoden greifen nur auf Bilanzzahlen zurück und dienen der bonitätsmäßigen Beurteilung eines Unternehmens. Für Unternehmer sind insbesondere Kennzahlen der im Ratingverfahren ebenfalls relevanten "Soft Facts" wichtig, wenn damit auch gesteuert werden soll. Hierzu gehört z. B. das Thema Kundenzufriedenheit. Wer diese nicht misst, kann sie nicht wirklich sachlich beurteilen und im 2. Schritt auch nicht optimal kommunizieren. Für den Unternehmer mag das persönliche Feedback im Verkaufsgespräch reichen. Den Mitarbeitern und der Bank gegenüber lässt es sich aber glaubwürdiger präsentieren, wenn durch eine jährliche, schriftliche Kundenbefragung echte, zählbare Ergebnisse vorliegen. Die Grafik am schwarzen Brett, die eine stetige Verbesserung der Kundenzufriedenheit seit 5 Jahren zeigt, ist neben der interessanten Aussage auch ein optimales Motivationsinstrument für die Mitarbeiter.
Noch eines kommt hinzu: Banken und Sparkassen beziehen bei der Bonitätsbewertung in der Regel deutlich mehr Kennzahlen ein. Fragen Sie nach, welche das genau sind und welche Formeln die Bank nutzt, um die Kennzahlen zu erstellen und welche Ausprägungen das Institut als günstig ansieht (bzw. wo die Grenze zu nicht mehr ausreichend liegt). So können Sie sich noch besser vorbereiten und Verbesserungen vornehmen.