Dipl.-Finanzwirt Christian Ollick
Kommentar
Der BFH hat sich in 2012 in 3 Urteilen mit verschiedenen Fallgestaltungen einer teilentgeltlichen Übertragung von Wirtschaftsgütern bzw. mit einer unentgeltlichen Übertragung eines Mitunternehmeranteils auseinandergesetzt. Diese Urteile hat die Finanzverwaltung bisher nicht veröffentlicht. Dabei soll es zunächst auch bleiben, das BMF hat insoweit einen temporären Nichtanwendungserlass verfügt.
Arbeitnehmer können erhaltene Personalrabatte nach der BFH-Rechtsprechung nachträglich im Wege des § 8 Abs. 2 EStG besteuern lassen, sodass der geldwerte Vorteil im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung nach dem günstigsten Preis der Ware am Markt bemessen wird.
Das BMF hat dieses Wahlrecht nun anerkannt und erklärt, dass auch Vergleichsangebote aus dem Internet vorgelegt werden können.
Um die neue Haltung der Finanzverwaltung zum Verhältnis der Bewertungsvorschriften des § 8 Abs. 2 und 3 EStG zueinander zu verstehen, empfiehlt sich zunächst ein Blick in das Einkommensteuergesetz. Danach gilt:
- 44-EUR-Freigrenze: Nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG werden Einnahmen, die nicht in Geld bestehen, mit dem um übliche Preisnachlässe geminderten üblichen Endpreisen am Abgabeort angesetzt. Nach der BFH-Rechtsprechung darf hier grundsätzlich der günstigste Preis am Markt angesetzt werden (u. a. BFH, Urteil v. 17.8.2005, IX R 10/05). Die nach dieser Norm bewerteten Sachbezüge bleiben bis zu 44 EUR pro Monat steuerfrei. Ist diese Grenze jedoch nur um einen Euro überschritten, entfällt die Steuerfreiheit komplett (Freigrenze).
- Rabattfreibetrag von 1.080 EUR: Nach § 8 Abs. 3 EStG können Personalrabatte, die Arbeitnehmer von ihren Arbeitgebern erhalten, bis zu einem Betrag von 1.080 EUR pro Jahr steuerfrei bleiben. Die Bewertungsvorschrift stellt – anders als § 8 Abs. 2 EStG – auf den Endpreis ab, zu denen der Arbeitgeber (oder der dem Abgabeort nächstansässige Abnehmer) die Waren oder Dienstleistungen fremden Letztverbrauchern im allgemeinen Geschäftsverkehr anbietet. Von diesem Wert darf noch ein Bewertungsabschlag von 4 % vorgenommen werden.
Hinweis: Auf den ersten Blick scheint eine Bewertung nach § 8 Abs. 3 EStG wegen des 4 %-igen Abschlags und des Rabattfreibetrags steuerlich attraktiver zu sein als eine Bewertung nach § 8 Abs. 2 EStG. Allerdings kann sich auch die letztere Bewertungsvariante als günstiger erweisen, wenn der vom Arbeitgeber angebotene Endpreis erheblich über dem günstigsten Preis am Markt liegt oder wenn der Rabattfreibetrag bereits durch eine andere Zuwendung ausgeschöpft ist.
Blick in die BFH-Rechtsprechung
Mit Urteil vom 26.7.2012 (Az. VI R 27/11) hat der BFH entschieden, dass Arbeitnehmer in ihrer Einkommensteuererklärung zwischen einer Bewertung nach § 8 Abs. 2 EStG und § 8 Abs. 3 EStG wählen können. In einem zweiten Urteil vom selben Tag (Az. VI R 30/09) entschied das Gericht, dass Rabatte, die auch Nichtarbeitnehmer erhalten, aus der Vorteilsberechnung des § 8 Abs. 3 EStG ausgeklammert werden müssen. Als Endpreis i. S. d. § 8 Abs. 3 EStG stellt der BFH demnach auf den Preis ab, der am Ende von Verkaufsverhandlungen als letztes Angebot steht.
Reaktion der Finanzverwaltung
Das BMF hat die vorgenannte BFH-Rechtsprechung mit Schreiben vom 16.5.2013 allgemein anerkannt und zugleich ergänzende Anwendungsregelungen veröffentlicht. Danach gilt:
Als Endpreis i. S. d. § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG erkennt das BMF den nachgewiesenen günstigsten Preis (einschließlich sämtlicher Nebenkosten) an, zu dem die konkrete Ware oder Dienstleistung mit vergleichbaren Bedingungen an Endverbraucher und ohne individuelle Preisverhandlungen im Zeitpunkt des Zuflusses am Markt angeboten wird. Bei diesem Wertansatz ist jedoch nicht die Regelung der R 8.1 Abs. 2 Satz 9 LStR 2011 anzuwenden, wonach aus Vereinfachungsgründen nur 96 % des Endpreises, zu dem die Ware/Dienstleistung fremden Letztverbrauchern im allgemeinen Geschäftsverkehr angeboten wird, angesetzt werden darf. Das BMF weist ausdrücklich darauf hin, dass auch allgemein zugängliche Internetangebote inländischer gewerblicher Anbieter zur Preisfeststellung herangezogen werden dürfen.
Hinweis: Diese Äußerung ist für die Praxis höchst relevant, denn so kann der Arbeitnehmer den günstigsten Preis am Markt ohne großen Aufwand durch eine Internetrecherche nachweisen.
Arbeitgeber kann weiter üblichen Endpreis ansetzen
Arbeitgeber sind jedoch nicht verpflichtet, für Zwecke des Lohnsteuerabzugs den günstigsten Preis am Markt zu ermitteln. Sie dürfen die Lohnsteuer stattdessen weiterhin unter Rückgriff auf den um übliche Preisnachlässe geminderten üblichen Endpreis am Abgabeort einbehalten.
Hinweis: Diese "teurere" Vorteilsbewertung des Arbeitgebers kann der Arbeitnehmer später in seiner Einkommensteuererklärung abwenden, indem er dem Finanzamt den günstigsten Preis am Markt nachweist.
Der Arbeitgeber ist lediglich verpflichtet, den beim Lohnsteuerabzug zugrunde gelegten Endpreis zu dokumentieren und als Beleg zum Lohnkonto zu nehmen. Er muss dem Arbeitnehmer zudem später auf Verlangen den angewandte...