OFD Nordrhein-Westfalen, Verfügung v. 14.7.2015, S 7417 - 2015/0001 - St 445
Im Rahmen der landwirtschaftlichen Betriebsprüfung wurde die Frage der umsatzsteuerlichen Behandlung von Leistungen im Zusammenhang mit der Lieferung von Flüssigfutter in der Schweinemast durch eine Futtermittelgesellschaft an mehrere landwirtschaftliche Betriebe auf einer Hofstelle an mich herangetragen.
Hierzu nehme ich im Einvernehmen mit dem Finanzministerium Nordrhein-Westfalen wie folgt Stellung:
1. Sachverhalt
Der Sachverhalt stellt sich (vereinfacht) wie folgt dar:
Zu einem landwirtschaftlichen Unternehmensverbund auf einer Hofstelle gehören mehrere landwirtschaftliche Schweinemastbetriebe i.S. des § 24 UStG, die als Einzelunternehmen des Landwirts, Familien-Personengesellschaften und Gesellschaften i.S. des § 51a BewG betrieben werden. Daneben betreibt der Landwirt mit weiteren Familienmitgliedern eine regelzubesteuernde Futtermittelgesellschaft.
Die pauschalierenden Mastbetriebe liefern (mit zulässigem Steuerausweis i.H.v. 10,7 % Umsatzsteuer) sämtliches erzeugtes Getreide und Mais an die Futtermittelgesellschaft. Die Futtermittelgesellschaft mischt das Getreide unter Beifügung von weiteren zugekauften Ergänzungsstoffen zu Flüssigfutter, welches bedarfsgerecht über ein Rohrleitungssystem an die verschiedenen auf der Hofstelle befindlichen Schweinemastbetriebe verteilt wird. Die Anmischung der unterschiedlichen Komponenten erfolgt in einem einzigen Anmischbehälter für sämtliche Schweinemastbetriebe.
Die Futtermenge wird durch sensorische Bedarfsmeldung der Mastbetriebe an den einzelnen Futtertrögen ermittelt und an die Misch- und Verteilanlage der Futtermittelgesellschaft weitergegeben. Das Flüssigfutter wird – individuell nach den Vorgaben der einzelnen Betriebsinhaber und den einzelnen Mastphasen entsprechend – zubereitet. Insoweit werden verschiedenste Futtermittelrezepturen verabreicht.
Die Abrufung der Sensorstände, die Ansteuerung sämtlicher Ventile sowie die bedarfsgerechte Mischung der verschiedenen Komponenten und deren Verteilung werden zentral über den Fütterungscomputer der Futtermittelgesellschaft geregelt. Nur der Fütterungscomputer kann die eingehenden Sensorsignale verarbeiten und die Bereitstellung des entsprechend benötigten Futters durch Anmischung und Befüllung der Tröge anstoßen. Eine zeitgleiche Fütterung von zwei oder mehr der auf der Hofstelle verbundenen Schweinemastbetrieben ist nicht möglich.
Der Fütterungscomputer der Futtermittelgesellschaft beinhaltet die zentrale Hauptfunktion des gesamten Fütterungsprozesses. Über ihn werden die Futterkurve und die jeweiligen Futtermischungen gesteuert. Die Bedienung erfolgt ausschließlich über die Gesellschafter der Futtermittelgesellschaft sowie deren Angestellte. Unabhängig von den Eigentumsverhältnissen der Leitungen, Sensoren etc. entscheiden diese bei der Bedienung des Fütterungscomputers über den Zeitpunkt, die Menge und den genauen Inhalt des Futters bei den einzelnen Masttieren. Eine geänderte Bestellung oder eine Inaugenscheinnahme der Masttiere durch den einzelnen Betriebsinhaber selbst ist dafür nicht notwendig.
2. Umsatzsteuerliche Würdigung
Die Leistungen der Futtermittelgesellschaft an die pauschalierenden Mastbetriebe unterliegen im dargestellten Fall nicht dem ermäßigten, sondern dem Regelsteuersatz.
Bei dem dargestellten Sachverhalt stellt sich zunächst die Frage, ob von einer einheitlichen Leistung oder von mehreren getrennt zu beurteilenden selbständigen Einzelleistungen auszugehen ist. Es ist hierbei das Wesen des fraglichen Umsatzes zu ermitteln, um festzustellen, ob die Futtermittelgesellschaft gegenüber den Schweinemastbetrieben mehrere selbständige Hauptleistungen oder eine einheitliche Leistung erbringt. Dabei ist auf die Sicht des Durchschnittsverbrauchers abzustellen.
In der Regel ist jede Lieferung und jede sonstige Leistung als eigene selbständige Leistung zu betrachten. Zusammengehörige Vorgänge können nicht bereits deshalb als einheitliche Leistung angesehen werden, weil sie einem einheitlichen wirtschaftlichen Ziel dienen. Wenn mehrere, untereinander gleichzuwertende Faktoren zur Erreichung dieses Ziels beitragen und aus diesem Grund zusammengehören, ist die Annahme einer einheitlichen Leistung nur gerechtfertigt, wenn die einzelnen Faktoren so ineinandergreifen, dass sie bei natürlicher Betrachtung hinter dem Ganzen zurücktreten. Dass die einzelnen Leistungen auf einem einheitlichen Vertrag beruhen und für sie ein Gesamtentgelt entrichtet wird, reicht ebenfalls noch nicht aus, sie umsatzsteuerrechtlich als Einheit zu behandeln. Entscheidend ist der wirtschaftliche Gehalt der erbrachten Leistungen.
Allerdings darf ein einheitlicher wirtschaftlicher Vorgang umsatzsteuerrechtlich nicht künstlich in mehrere Leistungen aufgeteilt werden. Dies gilt auch dann, wenn sich die Abnehmer dem leistenden Unternehmer gegenüber mit einer solchen Aufspaltung einverstanden erklären. Auch der Umstand, dass beide Bestandteile im Wirtschaftsleben auch getr...