OFD Nürnberg, Verfügung v. 10.12.2003, S 0353 - 28/St 24
1. Allgemeines
Grundlagenbescheide i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO sind Feststellungsbescheide, Steuermessbescheide oder sonstige für eine Steuerfestsetzung bindende Verwaltungsakte. Auch Verwaltungsakte von Behörden, die keine Finanzbehörden sind, können Grundlagenbescheide sein (vgl. Tz. 8).
Folgebescheide sind nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO an die Grundlagenbescheide anzupassen, denn diese sind im Umfang der in ihnen getroffenen Feststellungen für Folgebescheide bindend (§ 182 Abs. 1 AO).
2. Hemmung der Verjährung (§ 171 Abs. 10 AO)
2.1 Durch § 171 Abs. 10 Satz 1 AO wird die Änderungsbefugnis nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO über die normale Festsetzungsfrist (§§ 169, 170 AO) hinaus erweitert. Danach endet die Festsetzungsfrist beim Folgebescheid nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Bekanntgabe des Grundlagenbescheides, soweit dieser für die Festsetzung der Folgesteuer bindend ist. Nach der Rechtsprechung des BFH (vgl. BFH-Urteil vom 30.11.1999, BStBl 2000 II S. 173, m.w.N.) wird durch § 171 Abs. 10 Satz 1 AO im Ausmaß der Bindungswirkung des Grundlagenbescheids der Ablauf der Festsetzungsfrist des Folgebescheids gehemmt, soweit und solange der Grundlagenbescheid noch zulässig ergehen oder korrigiert werden kann. Das heißt, das auch nach Ablauf der Zwei-Jahresfrist des § 171 Abs. 10 Satz 1 AO die Anpassung an den Grundlagenbescheid noch möglich ist, soweit beim Grundlagenbescheid noch keine Feststellungsverjährung eingetreten ist. Die Zwei-Jahresfrist spielt somit nur dann eine Rolle, wenn sowie für den Grundlagenbescheid als auch für den Folgebescheid bereits Feststellungs- bzw. Festsetzungsverjährung eingetreten ist, jedoch die Bekanntgabe des (geänderten) Grundlagenbescheids noch nicht länger als zwei Jahre zurückliegt.
Die Zwei-Jahresfrist des § 171 Abs. 10 AO beginnt mit der Bekanntgabe des Grundlagenbescheides, nicht mit dem Zugang der verwaltungsinternen Mitteilungen, mit denen die für den Erlass der Folgebescheide zuständigen Finanzämter über die getroffenen Feststellungen unterrichtet werden.
Die Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung eines Grundlagenbescheids (auch ohne dessen sachliche Änderung) steht dem Erlass eines geänderten Grundlagenbescheids gleich (§ 164 Abs. 3 Satz 1 AO) und setzt daher die Zwei-Jahresfrist in Lauf (vgl. BFH-Urteil vom 11.4.1995, BFH/NV 1995 S. 943).
Auch die Änderung eines Grundlagenbescheids durch Einspruchsentscheidung oder Gerichtsentscheidung setzt die Zwei-Jahresfrist des § 171 Abs. 10 Satz 1 AO in Lauf. Wird allerdings durch eine Einspruchs- oder Gerichtsentscheidung der Grundlagenbescheid lediglich bestätigt, beginnt keine neue Zwei-Jahresfrist (vgl. BFH vom 30.11.1999, BStBl 2000 II S. 173).
2.2 Das für den Grundlagenbescheid zuständige FA hat deshalb dafür Sorge zu tragen, dass die Mitteilungen über die festgestellten Besteuerungsgrundlagen möglichst gleichzeitig mit der Bekanntgabe des Grundlagenbescheids oder eines/einer die Feststellung ändernden Bescheids oder Einspruchsentscheidung an die für den Erlass der Folgebescheide zuständigen Finanzämter abgesandt werden.
Die Auswertung der eingehenden Mitteilungen ist von den für die Folgebescheide zuständigen Finanzämtern grundsätzlich unverzüglich vorzunehmen. Zuständig hierfür sind die Veranlagungsstellen.
Ist zu erwarten, dass eine Anpassung an mehrere Grundlagenbescheide erforderlich werden wird (Beispiel: der Steuerpflichtige ist an mehreren Personengesellschaften und/oder Gemeinschaften beteiligt), kann es aus arbeitsökonomischen Gründen sinnvoll sein, Mitteilungen mit steuerlich nicht erheblichen Auswirkungen zurückzustellen und zur gemeinsamen Auswertung zu sammeln. In diesen Fällen ist jedoch durch geeignete Überwachungsmaßnahmen sicherzustellen, dass die Mitteilungen noch innerhalb der „normalen” Festsetzungsfrist ausgewertet werden (z.B. augenfälliger Vermerk auf der Mitteilung bzw. in der Steuerakte, Wiedervorlage).
Ist die „normale” Festsetzungsfrist bereits abgelaufen, sind die Mitteilungen stets unverzüglich auszuwerten.
2.3 Durch § 171 Abs. 10 Satz 2 AO umfasst die Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 4 AO infolge einer Außenprüfung auch die Festsetzungsfrist für den Teil der Steuer, für den ein Grundlagenbescheid bindend ist und dessen Besteuerungsgrundlagen nicht mitgeprüft werden. § 171 Abs. 10 Satz 2 AO gilt für alle bei In-Kraft-Treten des Änderungsgesetzes (27.6.1998) noch nicht abgelaufenen Festsetzungsfristen (vgl. Art. 97 § 10 Abs. 8 EGAO). Durch diese Ergänzung des § 171 Abs. 10 AO ist die Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 4.11.1992, BStBl 1993 II S. 425) überholt, wonach die Ablaufhemmung des § 171 Abs. 4 AO die gesondert festgestellten Besteuerungsgrundlagen nicht mitumfasst.
Mitteilungen, die nach Erlass der Prüfungsanordnung beim FA eingehen, sind von der Veranlagungs- bzw. Rechtsbehelfstelle grundsätzlich ohne vorherige Auswertung der Außenprüfung zuzuleiten. Diese berücksichtigt die mitgeteilten Besteuerungsgrundlagen bei Erst...