OFD Niedersachsen, Verfügung v. 17.9.2010, S 0353 - 9 - StO 144
1. Allgemeines
Grundlagenbescheide i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO sind Feststellungsbescheide, Steuermessbescheide oder sonstige für eine Steuerfestsetzung bindende Verwaltungsakte.
Auch Verwaltungsakte von Behörden, die keine Finanzbehörden sind, können Grundlagenbescheide sein, wie z.B.
Folgebescheide sind nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO an die Grundlagenbescheide anzupassen, denn diese sind im Umfang der in ihnen getroffenen Feststellungen für Folgebescheide bindend (§ 182 Abs. 1 AO).
2. Hemmung der Verjährung (§ 171 Abs. 10 AO)
2.1 Durch § 171 Abs. 10 Satz 1 AO wird die Änderungsbefugnis nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO über die normale Festsetzungsfrist (§§ 169, 170 AO) hinaus erweitert. Danach endet die Festsetzungsfrist beim Folgebescheid nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Bekanntgabe des Grundlagenbescheides, soweit dieser für die Festsetzung der Folgesteuer bindend ist.
Die Zwei-Jahresfrist des § 171 Abs. 10 AO beginnt mit der Bekanntgabe des Grundlagenbescheides, nicht mit dem Zugang der verwaltungsinternen Mitteilungen, mit denen die für den Erlass der Folgebescheide zuständigen Finanzämter über die getroffenen Feststellungen unterrichtet werden.
Die Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung eines Grundlagenbescheids (auch ohne dessen sachliche Änderung) steht dem Erlass eines geänderten Grundlagenbescheids gleich (§ 164 Abs. 3 Satz 1 AO) und setzt daher die Zwei-Jahresfrist in Lauf (vgl. BFH-Urteil vom 11.4.1995, BFH/NV 1995 S. 943).
Auch die Änderung eines Grundlagenbescheids durch Einspruchsentscheidung oder Gerichtsentscheidung setzt die Zwei-Jahresfrist des § 171 Abs. 10 Satz 1 AO in Lauf. Wird allerdings durch eine Einspruchs- oder Gerichtsentscheidung der Grundlagenbescheid lediglich bestätigt, beginnt keine neue Zwei-Jahresfrist (vgl. BFH 30.11.1999, BStBl 2000 II S. 173).
2.2 Gleiches gilt bei Ergehen eines geänderten Grundlagenbescheids, der mehrere gesonderte Feststellungen umfasst. Jede einzelne festgestellte Besteuerungsgrundlage hat hierbei einen eigenständigen Regelungsgehalt. Der Feststellungsbescheid ist eine Zusammenfassung einzelner Feststellungen von Besteuerungsgrundlagen. Dementsprechend wird die Ablaufhemmung des § 171 Abs. 10 AO in den Fällen von geänderten Grundlagenbescheiden lediglich bezüglich der geänderten Feststellungen erneut ausgelöst (BFH-Urteil vom 6.7.2005, BFH/NV 2006 S. 227).
Beispiel:
Mit Feststellungsbescheid vom 20.10.2005 wurde für den Veranlagungszeitraum 01 dem Steuerpflichtigen ein Anteil am laufenden Gewinn der Y-KG in Höhe von 25.000,00 EUR und ein Veräußerungsgewinn von 90.000,00 EUR zugewiesen. Im ESt-Bescheid des Steuerpflichtigen vom 11.12.2005 setzte das Wohnsitzfinanzamt zwar den ihm mitgeteilten Anteil am laufenden Gewinn, nicht aber den Veräußerungsgewinn als Besteuerungsgrundlage an. Mit geänderten Feststellungsbescheid vom 15.11.2007 wurde nunmehr ein Anteil des Steuerpflichtigen am laufenden Gewinn der Y-KG in Höhe von 32.000,00 EUR und ein unveränderter Veräußerungsgewinn in Höhe von 90.000,00 EUR festgestellt.
Lösung:
Der festgestellte Anteil am laufenden Gewinn und der festgestellte Veräußerungsgewinn stellen jeweils eigenständige Feststellungen dar, die lediglich in einem Feststellungsbescheid zusammengefasst sind. Die Bekanntgabe des geänderten Feststellungsbescheids vom 15.11.2007 löst eine erneute Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 10 Satz 1 AO lediglich bezüglich des festgestellten Anteils am laufenden Gewinn der Y-KG aus, da insoweit eine geänderte Feststellung erfolgte.
Die bloße Wiederholung des Veräußerungsgewinns im Feststellungsbescheid bewirkt dagegen hinsichtlich dieser Besteuerungsgrundlage keine erneute Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 10 Satz 1 AO.
2.3 Das für den Grundlagenbescheid zuständige FA hat deshalb dafür Sorge zu tragen, dass die Mitteilungen über die festgestellten Besteuerungsgrundlagen möglichst gleichzeitig mit der Bekanntgabe des Grundlagenbescheides oder eines/einer die Feststellung ändernden Bescheids oder Einspruchsentscheidung an die für den Erlass der Folgebescheide zuständigen Finanzämter abgesandt werden.
Die Auswertung der eingehenden Mitteilungen ist von den für die Folgebescheide zuständigen Finanzämtern grundsätzlich unverzüglich vorzunehmen. Zuständig hierfür sind die Veranlagungsstellen.
Ist ersichtlich, dass der Steuerpflichtige an mehreren Personengesellschaften und/oder Gemeinschaften beteiligt ist, kann es aus arbeitsökonomischen Gründen sinnvoll sein, Mitteilungen mit steuerlich nicht erheblichen Auswirkungen zurückzustellen und zur gemeinsamen Auswertung zu sammeln. In diesen Fällen ist jedoch durch geeignete Überwachungsmaßnahmen sicherzustellen, dass die Mitteilungen noch innerhalb der „normalen” F...