OFD Hannover, Verfügung v. 24.11.2008, S 0535 - 28 - StO 136

 

1. Allgemeines

Da fast jeder Schuldner über zumindest ein Girokonto verfügt, ist die Kontopfändung bei einer Bank naturgemäß die am häufigsten vorkommende Vollstreckungsmaßnahme des Innendienstes. Die Pfändung erfolgt mit Vorlage Voll 38. Dabei ist es zweckdienlich, alle bekannten Kontonummern anzugeben. Dies ermöglicht der Bank eine schnelle und zutreffende Schuldneridentifizierung. Aber auch ohne Angabe von Kontonummern ist der gepfändete Anspruch hinreichend bestimmt.

Die Pfändungs- und Einziehungsverfügung ist an die Bank oder Sparkasse zuzustellen, bei der der Schuldner das Konto unterhält. Hat eine Bank für die Bearbeitung von Pfändungen eine zentrale Stelle eingerichtet, sollen die Pfändungs- und Einziehungsverfügungen auch an die jeweilige zentrale Bearbeitungsstelle zugestellt werden. Hat die Bank einen empfangsbevollmächtigten Dritten benannt, soll an diesen zugestellt werden. Eine Zustellung an eine Bank ist aber auch dann wirksam, wenn sie an die kontoführende Zweigniederlassung erfolgt.

 

2. Ermessenserwägungen, Verhältnismäßigkeitsgrundsatz

(…)

 

3. Pfändbare Forderungen

Aus der Geschäftsbeziehung eines Schuldners zu einem Kreditinstitut können sich im Einzelnen folgende Vollstreckungsmöglichkeiten ergeben:

  1. die Pfändung in ein Girokonto mit Kontokorrentabrede, Tz. 4
  2. die Pfändung von Kreditansprüchen, Tz. 5
  3. die Pfändung von Spareinlagen, Tz. 6
  4. die Pfändung von Verwertung von Wertpapieren, Tz. 7 und
  5. die Pfändung des Zutrittsrechts zu einem Bankschließfach, Tz. 8
  6. Pfändung eines Genossenschaftsanteils, Tz. 9
  7. Pfändung eines Rückübertragungsanspruchs, Tz. 10 und
  8. Pfändung von Übererlösen, Tz. 10.

Die Ansprüche a) bis e) sind standardmäßig von der Vorlage Voll 38 erfasst. Die Ansprüche f) bis g) können optional ausgewählt werden.

 

4. Pfändung in ein Girokonto mit Kontokorrentabrede, § 355 HGB

 

4.1 Allgemeines

Girokonten bei Banken und Sparkassen sind regelmäßig als Kontokorrentkonten ausgestaltet, d.h. die laufenden beiderseitigen Ansprüche des Kontoinhabers und des Kreditinstituts sind nur an bestimmten Rechnungsabschlusstagen (meist vierteljährlich) durch Verrechnung und Feststellung des für den einen oder anderen Teil sich ergebenden Überschusses auszugleichen, § 355 Abs. 1 HGB. Neben diesen Saldoansprüchen aus dem Kontokorrentverhältnis ist auch der aus dem Girovertrag herrührende Anspruch des Kontoinhabers auf Auszahlung des zwischen zwei Rechnungsabschlüssen entstehenden Kontoguthabens (so genannter Tagessaldo) pfändbar. Von der Vorlage Voll 38 werden daher folgende Ansprüche des VS gegen das Kreditinstitut erfasst:

 

4.2 Gegenwärtiger Saldo

Die Pfändung führt zu einem Rechnungsabschluss zum Zeitpunkt der Zustellung, dem so genannten Zustellungssaldo.

 

4.3 Zukünftige Salden

Die Pfändung führt zur Beschlagnahme künftiger Aktivsalden.

 

4.4 Guthaben zwischen den Rechnungsperioden

Die Pfändung der künftigen Salden erstreckt sich lediglich auf den Saldo im Rechnungsabschlusszeitpunkt. Tägliche Neueingänge und Gutschriften werden von der Pfändung nicht erfasst. Der Schuldner könnte somit zwecks Vereitelung der Vollstreckung jederzeit über sein Konto verfügen, ohne gegen das sich aus der Pfändung ergebende Verfügungsverbot zu verstoßen. Beispielsweise könnte er ein sich zwischen dem Zustellungssaldo und künftigen Saldo ergebendes Guthaben abheben oder durch Überweisungen sein Konto belasten. Um solche Manipulationen zu verhindern, muss zusätzlich noch das Guthaben zwischen den Rechnungsperioden gepfändet werden. Hierzu gehört die Pfändung der Tagessalden, des Anspruches auf Gutschrift aller eingehenden Beträge sowie auf Durchführung von Überweisungen und Auszahlungen an den VS selbst und an Dritte. Eine Pfändung hindert den VS, über Guthaben und eingehende Beträge zwischen den Rechnungsabschlüssen zu verfügen. Sie bewirkt die Beschlagnahme der täglich entstehenden Guthaben (BFH-Urteil vom 20.12.1983, VIII R 80/80, BStBl 1984 II S. 419). Durch die Pfändung des Anspruchs auf Gutschrift der eingehenden Beträge wird sichergestellt, dass eingehende Beträge auch tatsächlich auf dem Konto des VS gutgeschrieben werden müssen. Der VS kann sich eingehende Beträge damit nicht mehr vor Einstellung in das Kontokorrent auszahlen lassen oder auf ein anderes Konto umbuchen lassen.

Wird das Konto debitorisch geführt, kann durch die Pfändung u.U. erreicht werden, dass das Konto durch die eingehenden Beträge aufgefüllt und der VS an einer weiteren Belastung seines Kontos gehindert wird. Zu einem Zahlungsanspruch führt die Pfändung allerdings erst dann, wenn sich ein positiver Tagessaldo ergibt, siehe aber Tz. 5 ff.

 

4.5 Eigene Ansprüche der Bank

Die mit der Pfändung in Anspruch genommene Bank kann die Auszahlung von positiven Tagessalden auf Girokonten nur dann verweigern, wenn diese Guthaben ausdrücklich als Sicherheitsleistung dienen oder eigene Ansprüche der Bank gegen den VS bestehen, die nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen ein Pfandrecht der Bank begründen. In diesen Fä...

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