Die Kursverluste wurden nach den vorstehenden Ausführungen abgesichert durch die Verknüpfung der Grundgeschäfte mit den Sicherungsgeschäften. Man spricht hier von Hedge-Geschäften. Bei einer Einzelbewertung von Grund- und Sicherungsgeschäft werden die zum Bilanzstichtag bestehenden Risiken berücksichtigt. Werden aber das Grundgeschäft und das Sicherungsgeschäft zu einer Bewertungseinheit verbunden, ergibt sich kein Bewertungsverlust, soweit ein Ausgleich durch das Sicherungsgeschäft erfolgt.
Durch den mit dem BilMoG eingeführten § 254 HGB wurde die schon vorher bestehende Übung der Bildung von Bewertungseinheiten gesetzlich legitimiert. Ziel ist es, den bei isolierter Betrachtung gebotenen Ausweis von Verlusten unter Nichtbeachtung des Einzelbewertungsgrundsatzes, des Realisations- und Imparitätsprinzips sowie des Anschaffungskostenprinzips insoweit zu unterlassen, als diese aufgrund bestehender Absicherungen aus wirtschaftlicher Sicht nicht eintreten.
Dabei hat der Gesetzgeber ausdrücklich auf eine Einschränkung auf bestimmte Arten von Bewertungseinheiten bzw. Sicherungsbeziehungen verzichtet. Infolgedessen sind neben sog. Micro-Hedges auch sog. Portfolio- sowie Macro-Hedges zulässig, wobei eine Abgrenzung dieser Hedge-Arten mangels Legaldefinition nicht einheitlich ist.
2.2.1 Hedge-Geschäfte: Micro-, Macro- und Portfolio-Hedges
Bei den Hedge-Geschäften wird grundsätzlich unterschieden zwischen: Micro-, Macro- und Portfolio-Hedges.
- Beim Micro-Hedging wird ein einzelnes Grundgeschäft durch ein einzelnes Sicherungsgeschäft unmittelbar betrags- und zeitidentisch abgesichert. Dem entsprechen die vorstehend mitgeteilten Beispiele. Handelsrechtlich wird allgemein anerkannt, dass beim Micro-Hedging nicht gegen den Grundsatz der Einzelbewertung verstoßen wird.
- Beim Macro-Hedging werden mehrere in ihrer Struktur homogene Forderungen oder Verbindlichkeiten global abgesichert.
- Beim Portfolio-Hedging werden darüber hinaus unterschiedliche Grundgeschäfte gebündelt abgesichert.
2.2.2 Voraussetzungen für die Bildung einer Bewertungseinheit
Die Bildung einer Bewertungseinheit verlangt das Vorliegen folgender kumulativ zu erfüllender Voraussetzungen:
Zusammenfassung von zulässigen Grund- und Sicherungsgeschäften (Designation)
Als abzusichernde Grundgeschäfte kommen Forderungen und Verbindlichkeiten in Betracht, aber auch schwebende Geschäfte (z. B. noch nicht erfüllte Anschaffungs- bzw. Veräußerungsgeschäfte; auch Derivate) sowie mit hoher Wahrscheinlichkeit erwartete Transaktionen können ein zu sicherndes Grundgeschäft (sog. antizipativer Hedge) darstellen. Mit letztgenanntem Fall werden seit der Verabschiedung des BilMoG die bis dahin umstrittenen und nach herrschender Meinung abgelehnten sog. antizipativen Hedges anerkannt.
Als Sicherungsgeschäfte sind ausschließlich Finanzinstrumente zulässig, wobei es sich sowohl um originäre (Eigenkapital-/Fremdkapital-Instrumente, Schulden) als auch um derivative Finanzinstrumente (Options, Forwards, Futures usw.) handeln kann. Als Finanzierungsinstrumente gelten auch Termingeschäfte über den Erwerb oder die Veräußerung von Waren.
Sicherungsabsicht
Als Rechtfertigung für die Anwendung muss die wirtschaftliche Sicherungsabsicht im Risikomanagement gegeben sein. Es muss die Absicht bestehen, die Bewertungseinheit bis zur Zweckerfüllung durchzuhalten (Durchhalteabsicht); das Durchhalten muss unter Berücksichtigung der Sicherungsstrategie objektiv möglich sein (Durchhaltefähigkeit). Die Bewertungseinheit darf nicht zur Ergebnissteuerung genutzt werden.
Wirksamkeit der Sicherungsbeziehung
Die Beurteilung der Wirksamkeit (Effektivität) einer Sicherungsbeziehung bezieht sich darauf, in welchem Maße das abgesicherte Risiko des Grundgeschäfts durch das Sicherungsinstrument kompensiert wird. Unwirksamkeit entsteht, wenn sich die gegenläufigen Wert- und Zahlungsstromentwicklungen innerhalb der Sicherungsbeziehung nicht vollständig kompensieren oder zu unterschiedlichen Zeitpunkten eintreten. So ist zu jedem Bilanzstichtag durch das Unternehmen positiv festzustellen, ob und in welchem Umfang sich die gegenläufigen Wertänderungen oder Zahlungsströme einer Bewertungseinheit am Bilanzstichtag (retrospektiv) und darüber hinaus voraussichtlich in Zukunft (prospektiv) ausgleichen. Der verbleibende unwirksame Teil von Grundgeschäft und Sicherungsinstrument unterliegt dann einer imparitätischen Einzelbewertung. Welche Methode zur Feststellung der Wirksamkeit zu wählen ist, wird durch den Gesetzgeber nicht vorgegeben. Es ist vielmehr eine sachgerechte und hinreichend verlässliche Methode zu wählen und diese dann – entsprechend der zu Sicherungsbeginn erfolgten Dokumentation – stetig anzuwenden. Ein Beispiel für eine verbreitete Methode zur Messung der prospektiven Effektivität ist die sog. Methode des "critical terms match". Danach kann von einer hohen Effektivität ausgegangen we...