Leitsatz
1. Als Wirtschaftsgut ist beim stehenden Holz der in einem selbstständigen Nutzungs- und Funktionszusammenhang stehende Baumbestand anzusehen, der sich durch geografische Faktoren, die Holzartzusammensetzung oder die Altersklassenzusammensetzung deutlich von den übrigen Holzbeständen abgrenzt und regelmäßig eine Mindestgröße von einem Hektar umfasst.
2. Ist für den Forstbetrieb ein amtlich anerkanntes Betriebsgutachten oder Betriebswerk erstellt worden, kann regelmäßig für die Bestimmung des Wirtschaftsguts an die darin ausgewiesene kleinste Planungs- und Bewirtschaftungseinheit, den Bestand, angeknüpft werden, soweit dieser die Mindestgröße von einem Hektar umfasst.
3. Der Bestand zählt zum nicht abnutzbaren Anlagevermögen des Forstbetriebs.
Normenkette
§ 4 Abs. 1 und 3; § 6, § 7 Abs. 1, § 13 Abs. 1 Nr. 1 EStG
Sachverhalt
Der Kläger unterhält einen Forstbetrieb in Ostdeutschland, dessen Gewinn er durch EinnahmenÜberschuss-Rechnung ermittelt. In dem sog. Altersklassenwald führte er eine Durchforstung des Jungbestandes durch und schlug eine geringe Menge an Eichenholz ein. In der Gewinnermittlung für das Wj. 1999/2000 machte er eine "AfA gem. Abschn. 212 Abs. 1 EStR" i.H.v. 10 992 DM geltend.
Das FA erkannte diese Betriebsausgaben nicht an. Die dagegen erhobene Klage hatte keinen Erfolg (Sächsisches FG, Urteil vom 12.05.2004, 6 K 419/02, Haufe-Index 1176063, EFG 2004, 1593).
Entscheidung
Der BFH bestätigte das FG-Urteil. Der Holzeinschlag rechtfertige keine gewinnmindernde Berücksichtigung der betreffenden Anschaffungskosten. Weder eine lineare Abschreibung noch eine Waldwertminderung entsprechend R 212 Abs. 1 S. 4 und 5 EStR 1998 könnten als Betriebsausgaben berücksichtigt werden.
Hinweis
1. Das Urteil betrifft ausschließlich Forstbetriebe und enthält in Fortsetzung der Entscheidung vom 10.11.1994, IV R 68/93, BStBl II 1995, 779 grundlegende Ausführungen zur Behandlung des Holzbestands in der Gewinnermittlung:
a) Das stehende Holz gehört ungeachtet seiner Doppelfunktion als Produktionsmittel und Produkt zum Anlagevermögen. Umlaufvermögen entsteht erst mit dem Einschlag des Holzes.
b)Wirtschaftsgut (WG) ist weder der einzelne Baum noch der gesamte Wald, sondern ein forstwirtschaftlich abgrenzbarer Baumbestand. Als Mindestgröße legt der BFH im Besprechungsurteil erstmals den Bestand einer Fläche von 1 ha zugrunde.
c) Solange der als WG betrachtete Bestand nicht ganz eingeschlagen wird, bleibt das WG danach in seiner Substanz bestehen. Inwieweit Teilwertabschreibungen in Betracht kommen, brauchte im Besprechungsfall nicht entschieden zu werden, weil bei einer Einnahmen-Überschuss-Rechnung keine Teilwertabschreibung möglich ist. Ein Kahlschlag des Bestands führt immer zur Ausbuchung des Postens für den Bestand.
d) Das WG "stehendes Holz" ist nicht abnutzbar und wird deshalb nicht planmäßig abgeschrieben. Substanz und Wert des Holzes nehmen laufend zu; Verjüngungseinschläge führen zwar zu kurzfristigem Substanzverlust, der aber nur dem Zweck größeren Substanzzuwachses bei dem verbleibenden Bestand dient.
2. Mit dem Urteil beendet der BFH zugleich die seit einiger Zeit geführte Diskussion darüber, ob nicht die früher bis 1998 in R 212 Abs. 1 S. 4 und 5 EStR geregelte pauschale Waldwertminderung von 3 % pro Jahr weiter zu gewähren ist. Die damalige Richtlinie betrachtet der BFH als Vereinfachungsregelung der Finanzverwaltung. Ob sie in der Zeit ihrer Existenz gerechtfertigt war, lässt der BFH dahinstehen, weil er jedenfalls keine Rechtsgrundlage dafür erkennt, dass ein Forstwirt die Vereinfachungsregelung auch nach ihrer Abschaffung noch beanspruchen könnte.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 05.06.2008, IV R 67/05