Leitsatz
* Eine außerordentliche Gegenvorstellung gem. § 155 Abs. 1 FGO i.V.m. § 321a ZPO ist auch im Finanzgerichtsprozess nur innerhalb der zweiwöchigen Notfrist des § 321a Abs. 2 Sätze 2 und 3 ZPO statthaft.
* Leitsatz nicht amtlich
Normenkette
§ 321a ZPO
Sachverhalt
Der Kläger war vor dem BFH mit seiner Revision erfolglos geblieben. Sie wurde vom BFH als unbegründet zurückgewiesen (Urteil vom 20.8.2003, I R 72/02, BFH/NV 2004, 321).
Das wollte der Kläger so allerdings nicht unbenommen akzeptieren. Er sah sein rechtliches Gehör verletzt und auch das Gesamtergebnis des Verfahrens als vom BFH nicht hinreichend gewürdigt, weshalb er bei diesem den "außergerichtlichen Rechtsbehelf der Gegenvorstellung" erhob. Das geschah am 10.12.2003. Das Urteil des BFH war ihm am 11.11.2003 zugestellt worden.
Entscheidung
Der BFH behandelte die "Gegenvorstellung" als außerordentliche Beschwerde gem. § 321a ZPO (i.V.m. § 155 Abs. 1 Satz 1 FGO), hielt diese aber für unzulässig, weil sie nicht in der Zwei-Wochen-Frist des § 321a Abs. 2 Sätze 2 und 3 ZPO eingelegt worden war.
Hinweis
1. Als Leser der BFH-PR sind Ihnen die Beschlüsse des BFH vom 5.12.2002, IV B 190/02, BFH-PR 2003, 155; vom 29.1.2003, I B 114/02, BFH-PR 2003, 204 bekannt, und Sie wissen, dass es auch im Fall der "greifbaren" Rechtswidrigkeit eines FG-Urteils im Finanzprozess keine "außerordentliche Beschwerde" oder außerordentliche Gegenvorstellung an den BFH – als dem sog. iudex a quem – mehr gibt. Der klagende Steuerpflichtige kann sich zwar dennoch wehren und die besagte Rechtswidrigkeit (in krassen Fällen) reklamieren, dies aber nur noch nach Maßgabe des § 321a ZPO (i.V.m. § 155 Abs. 1 Satz 1 FGO) beim FG – als dem sog. iudex a quo – selbst. Nützt dieses nichts, weil das FG der außerordentlichen Beschwerde nicht abhilft, so bleibt ggf. nur noch die Verfassungsbeschwerde an das BVerfG.
2. Der Besprechungsbeschluss stellt klar:
- Das, was für die FG gilt, gilt auch für den BFH. Auch gegen dessen Urteile kann bei greifbaren Rechtsfehlern eine außerordentliche Beschwerde gegeben sein.
- Gleichviel, ob die Beschwerde gegen das FG oder gegen den BFH zu richten ist, müssen alle tatbestandlichen Erfordernisse des § 321a ZPO beachtet werden. Dazu gehört vor allem die dort bestimmte Zwei-Wochen-Frist für die Beschwerdeeinlegung, § 321a Abs. 2 Sätze 2 und 3 ZPO. Es darf nach Zustellung des Urteils oder des Beschlusses also nicht zu lange abgewartet werden, wenn eine entsprechende Rüge ins Auge gefasst wird.
- In jedem Fall läuft der Beschwerdeführer kein sonderliches Kostenrisiko. Weil im Gerichtskostengesetz (GKG) versäumt worden ist, für die Fälle des § 321a ZPO eine entsprechende analoge Geltung für den Finanzgerichtsprozess vorzusehen (nämlich der Nr. 1960 des Kostenverzeichnisses zum GKG), fehlt ein einschlägiger Gebührentatbestand.
Link zur Entscheidung
BFH, Beschluss vom 6.5.2004, I S 13/03