Prof. Dr. Alexander Kratzsch
5.3.1 Allgemeines
Rz. 21
Beim Übergang zur Einkunftserzielung ist der noch nicht berücksichtigte Teil des Erhaltungsaufwands im Kj. des Übergangs in einem Betrag als Sonderausgabe abzuziehen (§ 10f Abs. 2 S. 3 EStG). Abs. 2 S. 3 sieht kein Wahlrecht vor; der Sonderausgabenabzug ist daher zwingend. Ein Verlustabzug lässt sich – dies ist die allgemeine Folge eines Sonderausgabenabzugs – nicht herbeiführen.
Soweit kein Gestaltungsmissbrauch nach § 42 AO vorliegt, ist der Übergang zur Nutzung zu Einkunftserzielungszwecken und zurück in demselben Vz möglich. Um diesem Einwand aus dem Weg zu gehen, müssen nichtsteuerliche Gründe für die Gestaltung vorliegen. Die Einhaltung einer "Schamfrist" von 2 Jahren sollte regelmäßig ausreichen, um einen Gestaltungsmissbrauch zu entkräften, es sei denn, ein Gesamtplan ist feststellbar (Rz. 23f.).
Streitig ist allerdings, in welchem Umfang eine Nachholung möglich ist (Rz. 22).
5.3.2 Noch nicht berücksichtigter Teil des Erhaltungsaufwands
Rz. 22
M. E. handelt es sich bei dem "noch nicht berücksichtigten Teil" des Erhaltungsaufwands lediglich um denjenigen Teil, der in der Zukunft noch hätte abgezogen werden können, wenn der Übergang zur Einkunftserzielung nicht eingetreten wäre. Die Einbeziehung vergangener Jahre könnte zu einer Nachholwirkung für nicht verbrauchte Abzugsbeträge führen, die das Gesetz jedoch nicht vorsieht.
Ein anderes Ergebnis lässt sich auch nicht aus einem Vergleich mit § 11a Abs. 2 EStG ableiten. Trotz des ähnlichen Wortlauts bestehen insoweit grundsätzlich unterschiedliche Strukturen. Im Rahmen des § 11a Abs. 2 EStG gibt das Gesetz die sofortige Abzugsfähigkeit in voller Höhe vor; lediglich die dort zugelassene Verteilung ist als solche inhaltlich eine Billigkeitsmaßnahme, die auch im Falle der Veräußerung des Objekts zulässig ist. Im Rahmen des § 10f EStG werden dagegen dem Grunde nach nicht abzugsfähige Aufwendungen in konstitutiver Weise steuerlich begünstigt, sodass sich die Ausgestaltung der Begünstigung im Einzelnen auch aus diesen Vorschriften ergeben muss. Eine Nachholung noch nicht abgezogener Aufwendungen ist darin – auch für den Fall der Veräußerung – nicht vorgesehen. Noch nicht berücksichtigter Erhaltungsaufwand ist daher im Falle der Veräußerung, aber auch beim Übergang zur Einkunftserzielungsabsicht verloren. Abzulehnen ist somit (erst recht) die Auffassung, wonach sogar die Beträge abziehbar sein sollen, die sich mangels ausreichend hoher Einkünfte nicht steuerlich ausgewirkt haben. Der Stpfl. darf durch den Übergang zur Einkunftserzielungsabsicht für Zeiträume bis zum Übergang nicht besser stehen als ohne den Übergang.
5.3.3 Keine Ausweitung von Abs. 2 S. 3
Rz. 23
Der Sofortabzug ist auf den Fall des Übergangs zur Einkunftserzielung beschränkt. Andere Vorgänge wie z. B. die entgeltliche oder unentgeltliche Übertragung lösen keinen Sofortabzug aus. Ein Sofortabzug ist dementsprechend unzulässig, wenn der Stpfl.
- das Gebäude in einem nicht absehbaren Zeitraum nicht nutzt,
- das Gebäude abreißt oder
- das Grundstück einschließlich Gebäude veräußert.
Fraglich ist, ob ein kurzfristiger Übergang zu Einkunftserzielungszwecken mit anschließender Veräußerung einen Sofortabzug gem. § 10f Abs. 2 S. 3 EStG ermöglicht. Nach dem Wortlaut ist § 10f Abs. 2 S. 3 EStG in diesem Fall erfüllt, sodass lediglich eine teleologische Reduktion zulasten des Stpfl. in Betracht kommt; alternativ kommt die Annahme eines Missbrauchs von Gestaltungsmöglichkeiten infrage. Eine teleologische Reduktion des Wortlauts – mit der Folge der Versagung der Nachholung des Abzugs – ist m. E. geboten, wenn der Zeitraum der Nutzung zu Einkunftserzielungszwecken so kurz ist, dass er (nahezu) nicht ins Gewicht fällt, z. B. bei einer Nutzung zu Einkunftszwecken für nur wenige Tage oder 1-4 Wochen.
Ein Missbrauch i. S. v. § 42 AO liegt vor, wenn der Stpfl. das Gebäude vor dem Eigentumswechsel an den Erwerber vermietet und dem Geschäft keine außersteuerlichen Erwägungen zugrunde liegt (Rz. 21).