Prof. Dr. Georg Schnitter
Rz. 410
Zur land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit gehört auch der Absatz eigener Erzeugnisse.
Rz. 410a
Werden ausschließlich eigene Erzeugnisse abgesetzt, ist dies eine Vermarktung im Rahmen der Land- und Forstwirtschaft (R 15.5 Abs. 6 S. 1 EStR 2012). Dies gilt unabhängig davon, ob die Vermarktung über ein eigenständiges Handelsgeschäft oder eine Verkaufsstelle erfolgt. Verkaufsstellen i. d. S. können sein z. B. Großhandels- und Einzelhandelsbetriebe, Ladengeschäfte, Marktstände oder Verkaufswagen. Unerheblich sind die Anzahl der Verkaufsstellen und der Umstand, ob die Vermarktung in räumlicher Nähe zum land- und forstwirtschaftlichen Betrieb erfolgt oder nicht.
Rz. 410b
Als eigene Erzeugnisse gelten alle land- und forstwirtschaftlichen Erzeugnisse, die im Rahmen des Erzeugungsprozesses im eigenen Betrieb gewonnen werden (R 15.5 Abs. 5 EStR 2012). Hierzu gehören auch die Erzeugnisse der ersten Stufe der Be- oder Verarbeitung und zugekaufte Waren, die als Roh-, Hilfs- oder Betriebsstoffe im Erzeugungsprozess verwendet werden.
- Rohstoffe sind Waren, die im Rahmen des Erzeugungsprozesses weiterkultiviert werden, z. B. Jungtiere, Saatgut oder Jungpflanzen.
- Hilfsstoffe sind Waren, die als nicht überwiegender Bestandteil in eigene Erzeugnisse eingehen, z. B. Futtermittelzusätze, Siliermittel, Starterkulturen und Lab zur Milchverarbeitung, Trauben, Traubenmost und Verschnittwein zur Weinerzeugung, Verpackungsmaterial, Blumentöpfe für die eigene Produktion oder als handelsübliche Verpackung, wobei hinsichtlich der Überwiegensgrenze auf das jeweilige einzelne Erzeugnis abzustellen ist.
- Betriebsstoffe sind Waren, die im Erzeugungsprozess verwendet werden, z. B. Düngemittel, Treibstoff, Heizöl.
Unerheblich ist, ob die zugekaufte Ware bereits ein land- und forstwirtschaftliches Urprodukt i. e. S. oder ein gewerbliches Produkt ist.
Rz. 410c
Verkauft ein Land- und Forstwirt neben eigenen Erzeugnissen auch fremde oder gewerbliche Erzeugnisse, liegen hinsichtlich des Verkaufs der eigenen Erzeugnisse eine land- und forstwirtschaftliche und hinsichtlich des Verkaufs der fremden bzw. gewerblichen Erzeugnisse eine gewerbliche Tätigkeit vor (R 15.5 Abs. 6 S. 3 EStR 2012). Die gewerbliche Tätigkeit kann unter den Voraussetzungen der R 15.5 Abs. 11 EStR 2012 (Rz. 240ff.) noch der Land- und Forstwirtschaft zugerechnet werden. Liegen wegen Überschreitens der dort genannten Grenzen Einkünfte aus Gewerbebetrieb vor, berührt dies den daneben bestehenden Betrieb der Land- und Forstwirtschaft nicht. Dies gilt unabhängig davon, in welchem Umfang die selbst erzeugten land- und forstwirtschaftlichen Produkte über das Handelsgeschäft vermarktet werden.
Rz. 410d
Fremde Erzeugnisse sind alle zur Weiterveräußerung zugekauften Erzeugnisse, Produkte oder Handelswaren, die nicht im land- und forstwirtschaftlichen Erzeugungsprozess des eigenen land- und forstwirtschaftlichen Betriebs verwendet werden (R 15.5 Abs. 5 EStR 2012). Dies gilt unabhängig davon, ob es sich um betriebstypische oder -untypische Erzeugnisse, Handelsware zur Vervollständigung einer für die Art des Erzeugungsbetriebs üblichen Produktpalette oder andere Waren aller Art handelt. Werden zugekaufte Roh-, Hilfs- oder Betriebsstoffe weiterveräußert, gelten diese im Zeitpunkt der Veräußerung als fremde Erzeugnisse, unabhängig davon, ob die Veräußerung gelegentlich oder laufend erfolgt.
Rz. 410e
Als gewerbliche Erzeugnisse gelten die Be- oder Verarbeitung eigener Erzeugnisse im Rahmen einer zweiten Stufe der Be- oder Verarbeitung und die Be- oder Verarbeitung fremder Erzeugnisse (R 15.5 Abs. 3 S. 5 und 6 EStR 2012).
Rz. 410f
Zu beachten sind beim Übergang einer land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit in eine gewerbliche Tätigkeit – dies gilt auch im Rahmen von R 15.5 Abs. 11 EStR 2012 (Rz. 240ff.) – die Grundsätze des Strukturwandels (Rz. 117ff.).
Rz. 410g
Der ausschließliche Absatz fremder oder gewerblicher Erzeugnisse ist von Beginn an stets eine gewerbliche Tätigkeit. Auf die Art und den Umfang der Veräußerung kommt es dabei nicht an (R 15.5 Abs. 6 S. 5 und 6 EStR 2012).