Rz. 16
Voraussetzung für den Ausschluss der sofortigen Verlustverrechnung ist, dass die negativen Einkünfte in Zusammenhang mit einem Steuerstundungsmodell stehen. Nach § 15b Abs. 2 S. 1 EStG liegt ein Steuerstundungsmodell vor, wenn aufgrund einer modellhaften Gestaltung steuerliche Vorteile in Form negativer Einkünfte erzielt werden sollen. Das ist der Fall, wenn dem Stpfl. aufgrund eines vorgefertigten Konzepts die Möglichkeit geboten werden soll, zumindest in der Anfangsphase der Investition Verluste mit übrigen Einkünften zu verrechnen (§ 15b Abs. 2 S. 2 EStG). Dabei ist es ohne Belang, auf welchen Vorschriften die negativen Einkünfte beruhen (§ 15b Abs. 2 S. 3 EStG). Ob in der Sache ein Steuerstundungsmodell gegeben ist, ist im Wege einer wertenden Gesamtbetrachtung der entsprechenden Einzelfallumstände zu ermitteln.
2.2.1 Modellhafte Gestaltung
Rz. 17
Zentrales Tatbestandsmerkmal ist somit die modellhafte Gestaltung. Zur Auslegung kann sich an dem Begriff des § 2b EStG a. F. "ähnliches Modell" orientiert werden. Die Finanzverwaltung sieht in ihrem Schreiben v. 17.7.2007 eine modellhafte Gestaltung durch folgende Typus-Merkmale gekennzeichnet:
- vorgefertigtes Konzept,
gleichgerichtete Leistungsbeziehungen, die im Wesentlichen identisch sind.
Demgegenüber hält der BFH gleichgerichtete Leistungsbeziehungen nicht für erforderlich; eine Bündelung von Verträgen durch den Anbieter ist aber charakteristisch für eine modellhafte Gestaltung und indiziert das Vorliegen einer solchen.
2.2.1.1 Vorgefertigtes Konzept
Rz. 17a
Ein Konzept bezeichnet einen Plan für ein bestimmtes Vorhaben, der Maßnahmen für die Umsetzung eines geplanten Vorhabens beinhaltet. I. S. d. § 15b EStG muss es sich um die Erstellung einer umfassend und regelmäßig an mehrere Interessenten gerichtete Investitionskonzeption handeln. Das bloße Aufgreifen einer bekannten Gestaltungsidee führt nicht ohne weiteres zur Annahme eines Steuerstundungsmodells. Ein Konzept verlangt einen Plan für ein bestimmtes Vorhaben als Ergebnis eines Prozesses des Erkennens und der Entwickelung von Zielen und daraus abgeleiteten Strategien und Maßnahmen zur Umsetzung eines größeren strategisch zu planenden Vorhabens, nicht aber jegliche Investitionsplanung. Das Konzept ist vorgefertigt, wenn es vor der Investitionsentscheidung bezogen auf den Geschäftsgegenstand bereits vorliegt, sodass der Anwender es für ein bestimmtes Vorhaben einsetzen kann, und nicht erst selbst Maßnahmen und Strategien zur Umsetzung seines Vorhabens entwickeln muss. Dabei wird das vorgefertigte Konzept typischerweise, wenn auch nicht zwingend, mittels eines Anlegerprospekts oder ähnlicher Form wie Katalog, sonstiger Verkaufsunterlagen oder Beratungsbögen usw. vertrieben. Das vorgefertigte Konzept wendet sich an einen bisher unbestimmten Personenkreis und ist regelmäßig zur wiederholten Verwendung bestimmt. Es muss von einer vom Anleger verschiedenen Person gefertigt worden sein, da nur dann nach § 15b Abs. 2 S. 2 EStG entsprechend die Möglichkeit "geboten" werden soll, zumindest in der Anfangsphase der Investition Verluste mit anderen Einkünften zu verrechnen. Daher ist es nicht erforderlich, dass der Anleger das vorgefertigte Konzept selbst kennt oder dieses seine Investitionsentscheidung überhaupt beeinflusst hat. Gibt der Anlieger selbst die einzelnen Leistungen und Zusatzleistungen sowie deren Ausgestaltung vor, und bestimmt er damit das Konzept nicht nur unwesentlich mit, liegt kein vorgefertigtes Konzept (mehr) vor, auch nicht, wenn der Stpfl. die Investition aufgrund einer individuellen Gestaltung tätigt.