Joachim Moritz, Dr. Joachim Strohm
Rz. 388
Den Einkünften aus Gewerbebetrieb i. S. d. § 15 EStG liegt nach § 15 Abs. 2 EStG eine selbstständige, nachhaltige Betätigung zugrunde, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, ausgeübt wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt. Außerdem darf die Betätigung nicht als Land- und Forstwirtschaft i. S. d. § 13 EStG, selbstständige Arbeit i. S. d. § 18 EStG oder bloße Verwaltung privaten Vermögens anzusehen sein. Sofern eine Tätigkeit des Stpfl. neben dem Tatbestand der Einkünfte aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 EStG auch die Voraussetzungen für einen Gewerbebetrieb i. S. d. § 15 Abs. 2 EStG erfüllt, sind die Einkünfte nach § 20 Abs. 8 S. 1 EStG stets den Einkünften aus Gewerbebetrieb i. S. d. § 15 EStG zuzurechnen. Die Einkünfte aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 EStG treten als subsidiär zurück. In diesem Zusammenhang lassen sich 3 Fallgruppen unterscheiden.
10.1.2.2.1 Kapitalvermögen als Betriebsvermögen
Rz. 389
Zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb i. S. d. § 15 EStG sind die in § 20 EStG genannten Einkünfte nach § 20 Abs. 8 S. 1 EStG zunächst dann zu rechnen, wenn das Vermögen, das diese Einkünfte abwirft, zum Betriebsvermögen des Stpfl. zählt. Zum Betriebsvermögen gehören alle Wirtschaftsgüter, die dem Betrieb zu dienen bestimmt sind. Ob dies der Fall ist, lässt sich nicht abstrakt beurteilen, sondern muss anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls geprüft werden. Üblicherweise wird zwischen notwendigem und gewillkürtem Betriebsvermögen und notwendigem Privatvermögen unterschieden. Dies gilt unabhängig davon, ob der Stpfl. seinen Gewinn nach § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1 EStG durch Bilanzierung oder nach § 4 Abs. 3 EStG durch Gegenüberstellung der Betriebseinnahmen und der Betriebsausgaben ermittelt. Auch bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG kann es zur Bildung von gewillkürtem Betriebsvermögen kommen.
Zum notwendigen Betriebsvermögen gehören alle Wirtschaftsgüter, die dem Betrieb in dem Sinn unmittelbar dienen, als sie objektiv erkennbar zum unmittelbaren Einsatz im Betrieb selbst bestimmt sind. Abzustellen ist auf die tatsächliche Zweckbestimmung, also die konkrete Funktion des Wirtschaftsguts im Betrieb. Gewillkürtes Betriebsvermögen liegt vor, wenn ein Wirtschaftsgut dem Betrieb zwar nicht unmittelbar dient, jedoch objektiv geeignet und subjektiv bestimmt ist, den Betrieb zu fördern. Die Zuordnung des Wirtschaftsguts zum Betriebsvermögen muss in diesem Fall durch einen unmissverständlichen Widmungsakt des Stpfl. erfolgen. Notwendiges Privatvermögen sind alle Wirtschaftsgüter, die in keinem Zusammenhang mit dem Betrieb stehen, also weder notwendiges noch gewillkürtes Betriebsvermögen sind.
Rz. 390
Zur Qualifikation von Kapitalvermögen als notwendigem oder gewillkürtem Betriebsvermögen hat die Rspr. in zahlreichen Entscheidungen Stellung genommen.
- Bei risikoreichen Finanzgeschäften, die auch im Privatvermögen getätigt werden können, ist der betriebliche Förderzusammenhang besonders sorgfältig zu prüfen.
- War bereits im Zeitpunkt des Erwerbs erkennbar, dass eine Kapitalanlage zu Verlusten führen wird, kann dies gegen eine Förderung des Betriebs sprechen.
- Ein betrieblicher Förderzusammenhang kann sich insbesondere dadurch ergeben, dass Wertpapiere als Liquiditätsreserve oder Kreditgrundlage dienen.
- Für eine Förderung des Betriebs kann auch sprechen, dass eine Anlage betrieblicher Mittel in Wertpapiere einen höheren Ertrag bringt als ein Bankguthaben.
- Auch der Erwerb von Wertpapieren mithilfe von betrieblichen Mitteln kann den erforderlichen Funktionszusammenhang mit dem Betrieb herstellen.
10.1.2.2.2 Gewerbliche Tätigkeit des Kapitalanlegers
Rz. 391
Einkünfte aus Gewerbebetrieb i. S. d. § 15 EStG liegen nach § 20 Abs. 8 S. 1 EStG auch dann vor, wenn sich die Tätigkeit, mit deren Hilfe die in § 20 EStG genannten Kapitalerträge erzielt werden, als gewerbliche Betätigung i. S. d. § 15 Abs. 2 EStG darstellt. Die bloße Umschichtung von Wertpapieren, auch in erheblichem Umfang, führt allerdings noch nicht dazu, dass die Grenze zu einer gewerblichen Betätigung überschritten wird. Insofern verweist die Rspr. zu Recht darauf, dass es bei Wertpap...