Rz. 371

Nach § 20 Abs. 6 S. 2 EStG mindern die in einem Vz nicht ausgeglichenen Verluste aus Kapitalvermögen die Einkünfte, die der Stpfl. in den folgenden Vz aus Kapitalvermögen erzielt. § 20 Abs. 6 S. 2 EStG steht in systematischen Zusammenhang mit § 20 Abs. 6 S. 1 EStG, der es dem Stpfl. verwehrt, negative Einkünfte aus Kapitalvermögen mit positiven Einkünften aus anderen Einkunftsarten zum Ausgleich zu bringen. Im Gegenzug gestattet § 20 Abs. 6 S. 2 EStG, die in einem Vz nicht ausgeglichenen Verluste aus Kapitalvermögen im Rahmen eines zeitlich unbegrenzten Verlustvortrags mit Gewinnen aus Kapitalvermögen künftiger Vz zu verrechnen. Die Grenzen der Mindestbesteuerung finden in diesem Zusammenhang keine Anwendung, da § 20 Abs. 6 S. 2 EStG keinen Verweis auf § 10d Abs. 2 EStG enthält. Auch § 20 Abs. 6 S. 3 EStG verweist lediglich auf § 10d Abs. 4 EStG. Der Gesetzgeber begründet dies damit, dass beim Verlustvortrag im Steuerabzugsverfahren nach § 43a Abs. 3 S. 3 EStG eine entsprechende Beschränkung der Verlustverrechnung durch die Kreditinstitute nicht durchführbar ist und es daher geboten ist, Stpfl. nicht zu benachteiligen, wenn sie Verluste im Rahmen des Veranlagungsverfahrens berücksichtigen möchten.[1] Ein Verlustrücktrag ist in § 20 Abs. 6 S. 2 EStG nicht vorgesehen. Nach Ansicht des Gesetzgebers ist ein solcher nicht geboten, da der Stpfl. die Möglichkeit hat, die Verluste in den folgenden Vz abzuziehen.[2] Zu beachten ist jedoch, dass aufgrund der Versagung des Verlustrücktrags Fälle auftreten können, in denen Verluste aus Kapitalvermögen endgültig unausgeglichen bleiben, etwa beim Wegzug ins Ausland, beim Tod des Stpfl. oder beim Verlust einer Kapitalanlage.[3] Der Ausschluss des Verlustrücktrags begegnet daher erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken. Diese lassen sich nur schwer ausräumen, da in den Fällen des § 20 Abs. 6 S. 2 EStG in jedem Fall ein Veranlagungsverfahren durchzuführen ist, sodass der Vereinfachungszweck der Abgeltungsteuer durch die Gewährung eines Verlustrücktrags nicht gefährdet wäre.

[1] BT-Drs. 16/4841, 58.
[2] BT-Drs. 16/4841, 58.
[3] Jochum, in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 20 EStG Rz. H 44.

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