Rz. 372

§ 20 Abs. 6 S. 3 Halbs. 1 EStG sieht vor, dass § 10d Abs. 4 EStG im Rahmen des Verlustvortrags nach § 20 Abs. 6 S. 2 EStG sinngemäß anzuwenden ist. Nach § 10d Abs. 4 EStG ist der am Schluss eines Vz verbleibende Verlustvortrag gesondert festzustellen. Durch den Verweis in § 20 Abs. 6 S. 3 Halbs. 1 EStG gelten diese Grundsätze auch für Verluste aus Kapitalvermögen. Verfahrensmäßig erfolgt die gesonderte Feststellung nach § 10d Abs. 4 EStG in einem Feststellungsbescheid, bei dem es sich um einen selbstständig anfechtbaren Verwaltungsakt handelt. Er ist bindender Grundlagenbescheid für den nächsten ESt-Bescheid und den nächsten Verlustfeststellungsbescheid und gleichzeitig eine Art von Folgebescheid der ihm zugrunde liegenden Veranlagung.[1] Dieser Umstand muss bei der Einlegung von Rechtsbehelfen gegen Feststellungsbescheide, insbesondere bei der Bestimmung des richtigen Anfechtungsgegenstands, beachtet werden.[2]

 

Rz. 372a

§ 20 Abs. 6 S. 3 Halbs. 2 EStG regelt, dass bei zusammen veranlagten Ehegatten ein gemeinsamer Verlustausgleich vor der Verlustfeststellung erfolgt. Hintergrund der Vorschrift ist, dass bis zum Jahr 2021 nicht ausgeglichene Verluste (auch) bei zusammen veranlagten Ehegatten für jeden Ehegatten gesondert festzustellen und in das Folgejahr zu übertragen waren. Eine bei Ehegatten übergreifende Verlustverrechnung fand im Veranlagungsverfahren nicht statt, weil der Gesetzgeber im Rahmen des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 v. 14.8.2007[3] hierfür keine Rechtsgrundlage geschaffen hatte.[4] Im Gegensatz dazu erfolgte im Steuerabzugsverfahren nach § 43a Abs. 3 S. 2 EStG ein gemeinsamer Verlustausgleich, wenn ein gemeinsamer Freistellungsauftrag erteilt wurde. Mit dem Jahressteuergesetz 2022 v. 16.12.2022[5] hat der Gesetzgeber dies geändert und in § 20 Abs. 6 S. 3 Halbs. 2 EStG mit Wirkung ab dem Jahr 2022 geregelt, dass bei zusammen veranlagten Ehegatten (auch) im Veranlagungsverfahren vor der Verlustfeststellung ein gemeinsamer Verlustausgleich durchzuführen ist.[6] Bei § 43a Abs. 3 S. 2 EStG haben sich hierdurch keine Änderungen ergeben.

[1] Heinicke, in Schmidt, EStG, 2023, § 10d EStG Rz. 41.
[2] Hallerbach, in H/H/R, EStG/KStG, § 10d EStG Rz. 43.
[3] BGBl I 2007, 1912.
[5] BGBl I 2022, 2294.
[6] BT-Drs. 20/3879, 77f.

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