Joachim Moritz, Dr. Joachim Strohm
Rz. 375
Nach § 20 Abs. 6 S. 7 EStG dürfen Verluste aus Kapitalvermögen, die der KapESt unterliegen, nur verrechnet werden oder die Einkünfte, die der Stpfl. in den folgenden Vz aus Kapitalvermögen erzielt, nur mindern, wenn eine Bescheinigung i. S. d. § 43a Abs. 3 S. 4 EStG vorliegt. Die Vorschrift ist keine gesetzgeberische Glanzleistung, da bei Verlusten aus Kapitalvermögen gerade kein Einbehalt von KapESt erfolgt. § 20 Abs. 6 S. 7 EStG ist daher dahingehend zu verstehen, dass die Einkünfte, wären sie positiv gewesen, dem KapESt-Einbehalt unterlegen hätten. Hintergrund des § 20 Abs. 6 S. 7 EStG ist der Umstand, dass die Verlustverrechnung bei den Einkünften aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 EStG seit der Einführung der Abgeltungsteuer an unterschiedlichen Stellen des Gesetzes geregelt ist. Im Regelfall sollen Gewinne und Verluste bereits bei Einbehalt der KapESt ausgeglichen werden. Regelungen hierfür finden sich in § 43a Abs. 3 S. 2 bis 6 EStG. Dadurch sollen möglichst viele Steuerfälle bereits im Steuerabzugsverfahren zum Abschluss gebracht und Veranlagungen vermieden werden. Um dies zu erreichen, hat der Gesetzgeber im Rahmen des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 v. 14.8.2007 den bisherigen Stückzinstopf i. S. d. § 43a Abs. 3 EStG a. F. erheblich ausgeweitet und in einen Verlustverrechnungstopf umgewandelt. Die Kreditinstitute sind seither nach § 43a Abs. 3 S. 2 EStG verpflichtet, im Kj. negative Kapitalerträge einschließlich gezahlter Stückzinsen bis zur Höhe der positiven Kapitalerträge auszugleichen. Ein Freistellungsauftrag i. S. d. § 44a Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EStG wird erst berücksichtigt, wenn nach der Verlustverrechnung positive Einkünfte verbleiben.
Bei der Verlustverrechnung im Steuerabzugsverfahren ist die Verlustverrechnungsbeschränkung für Aktienverluste i. S. d. § 20 Abs. 6 S. 4 EStG zu beachten. Folge hiervon ist, dass die Kreditinstitute 2 unterschiedliche Verlustverrechnungstöpfe zu führen haben, einen allgemeinen Verlustverrechnungstopf für Kapitalverluste und einen besonderen Verlustverrechnungstopf für Aktienverluste. Im Fall von Ehegatten können bis zu 6 Verlustverrechnungstöpfe zu führen sein, 3 allgemeine Verlustverrechnungstöpfe für Kapitalverluste und 3 besondere Verlustverrechnungstöpfe für Aktienverluste, jeweils für die Konten und Depots des Ehemanns, die Konten und Depots der Ehefrau und die Gemeinschaftskonten und Gemeinschaftsdepots der Ehegatten. Falls die Ehegatten einen gemeinsamen Freistellungsauftrag erteilt haben, ist nach § 43a Abs. 3 S. 2 EStG eine übergreifende Verlustverrechnung für alle Konten und Depots der Ehegatten vorzunehmen. Nicht ausgeglichene Verluste aus Kapitalvermögen müssen die Kreditinstitute nach § 43a Abs. 3 S. 3 EStG in die folgenden Vz vortragen und mit dort anfallenden Gewinnen aus Kapitalvermögen verrechnen.
Rz. 376
Eine Verlustverrechnung im Veranlagungsverfahren erfolgt bei den Einkünften aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 EStG nur noch im Ausnahmefall. Die Verlustverrechnung im Steuerabzugsverfahren ist insofern vorrangig. Von daher kann eine im Steuerabzugsverfahren durchgeführte Verrechnung von Gewinnen und Verlusten im Veranlagungsverfahren auch nicht mehr rückgängig gemacht werden. Regelungen zur Verlustverrechnung im Veranlagungsverfahren finden sich in § 20 Abs. 6 S. 1 bis 7 EStG, wobei der Sparer-Pauschbetrag i. S. d. § 20 Abs. 9 S. 1 EStG nur zu berücksichtigen ist, wenn nach der Verlustverrechnung positive Einkünfte verbleiben. Will der Stpfl. erreichen, dass Verluste, die der KapESt unterlegen haben, im Veranlagungsverfahren berücksichtigt werden, muss er einen Antrag auf Durchführung eines Veranlagungsverfahrens i. S. d. § 32d Abs. 4 oder 6 EStG stellen und dem FA nach § 20 Abs. 6 S. 7 EStG eine Bescheinigung seines Kreditinstituts i. S. d. § 43a Abs. 3 S. 4 EStG vorlegen. In diesem Fall entfällt der Verlustvortrag im Steuerabzugsverfahren und der Verlustverrechnungstopf wird auf null gestellt. Hierdurch wird eine doppelte Berücksichtigung des Verlusts sowohl im Steuerabzugs- als auch im Veranlagungsverfahren vermieden. Die Verlustverrechnung ist sodann institutsübergreifend möglich, wodurch die Verrechnung von Altverlusten erleichtert wird. Die Bescheinigung i. S. d. § 43a Abs. 3 S. 4 EStG kann für den allgemeinen Verlustverrechnungstopf für Kapitalverluste und den besonderen Verlustverrechnungstopf für Aktienverluste getrennt erteilt werden. Eine Beschränkung auf Teilbeträge ist jedoch nicht möglich. Auch eine Rückübertragung eines bereits bescheinigten Verlusts, also ein Wiedereinstellen des Verlusts in den Verlustverrechnungstopf des Kreditinstituts, kommt nicht in Betracht. Die Bescheinigung der bei einem Kreditinstitut angefallenen Verluste nach § 43a Abs. 3 S. 4 EStG erfolgt im Rahmen der Steuerbescheinigung i. S. d. § 45a Abs. 2 EStG. Der unwiderrufliche Antrag auf Erteilung einer Verlustbescheinigung muss dem Kreditinstitut nach § 43a Abs. 3 S. 5 EStG bis zum 15.12. des laufenden Jahre...