Dr. iur. Nils Petersen, Prof. Klaus Lindberg †
Rz. 163
Herstellungskosten sind nach § 255 Abs. 2 HGB, der wie der Anschaffungskostenbegriff auch im Steuerrecht gilt (Rz. 145), alle Aufwendungen, die durch den Verbrauch von Gütern und die Inanspruchnahme von Diensten für die Herstellung eines Gebäudes, seine Erweiterung oder für eine über den ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung entstehen.
Aufwendungen für die (Erst- oder Zweit-)Herstellung von Zuleitungsanlagen eines Gebäudes zum öffentlichen Kanal gehören zu den Herstellungskosten des Gebäudes, soweit die Kosten für Anlagen auf privatem Grund und nicht für Anlagen der Gemeinde außerhalb des Grundstücks entstanden sind.
5.3.2.4.1 Herstellung eines neuen Wirtschaftsguts
Rz. 164
Instandsetzungs- und Modernisierungsarbeiten führen dann zu Herstellungskosten, wenn ein neues Wirtschaftsgut entsteht. Das setzt voraus, dass das Gebäude so sehr abgenutzt ist, dass es unbrauchbar geworden ist, weil das Gebäude so schwere Substanzschäden an den für die Nutzbarkeit als Bau und die Nutzungsdauer des Gebäudes bestimmenden Teilen hat. Dies ist regelmäßig nur gegeben, wenn das Gebäude entkernt wird oder tragende Teile komplett ersetzt werden. Ein neues Wirtschaftsgut kann aber entstehen, wenn das Gebäude durch die Baumaßnahme umgestaltet wird und dadurch eine Funktions- oder Nutzungsänderung erfährt, z. B. die Umgestaltung von Geschäftsräumen zu Wohnräumen, sofern das Gebäude in bautechnischer Hinsicht neu ist, die Umgestaltung einer Mühle zu Wohnräumen oder eines Einfamilienhauses zu einem Zweifamilienhaus.
5.3.2.4.2 Erweiterung eines Gebäudes
Rz. 165
Baumaßnahmen an einem vorhandenen Gebäude führen zu einer Erweiterung und damit zu Herstellungskosten, wenn ein Gebäude aufgestockt oder daran ein Anbau errichtet wird, oder sonst die nutzbare Fläche eines Gebäudes vergrößert wird. Das gilt auch, wenn die Vergrößerung nur gering ist. Die Nutzfläche ist in sinngemäßer Anwendung der §§ 42 und 44 der II. BV a. F. zu ermitteln. Hierzu gehören der Einbau einer Gaube, der Anbau eines Balkons oder einer Terrasse sowie der Ersatz eines Flachdachs durch ein Satteldach, um dadurch ausbaufähigen Dachraum zu schaffen.
§ 44 II. BV wurde aufgehoben und § 42 II. BV wurde geändert m. W. v. 1.1.2004 durch VO v. 25.11.2003.
Rz. 166
Betragen die Aufwendungen für jede einzelne Baumaßnahme nicht mehr als 4.000 EUR Rechnungsbetrag ohne USt, behandelt die Verwaltung diese Aufwendungen auf Antrag des Stpfl. als Erhaltungsaufwand.
Die Vereinfachungsregelung kann in einem Vz gleichzeitig für mehrere einzelne Baumaßnahmen zur Anwendung kommen. Sie darf jedoch nicht dazu führen, dass der Stpfl. Arbeiten und Verrichtungen künstlich in einzelne Baumaßnahmen zerlegt.
Rz. 167
Eine Erweiterung ist auch bei einer Substanzvermehrung gegeben, ohne dass die nutzbare Fläche vergrößert wird, z. B. durch den Einbau bisher nicht vorhandener Einrichtungen wie einer Alarmanlage, einer Sonnenmarkise, eines Kachelofens, einer Außentreppe oder einer Treppe zum Spitzboden. Erhaltungsaufwendungen liegen aber vor, wenn der neue Gebäudebestandteil nicht die gleiche Beschaffenheit aufweist wie der ersetzte, sondern in modernisierter Form den bisherigen Zweck erfüllt, z. B. das Anbringen einer zusätzlichen Fassadenwand, der Ersatz eines Flachdachs durch ein Satteldach, wenn dadurch lediglich eine größere Raumhöhe geschaffen wird, ohne die nutzbare Fläche und damit die Nutzungsmöglichkeit zu erweitern, das Vergrößern eines bereits vorhandenen Fensters oder das Versetzen von Wänden. Entsprechendes gilt, wenn der Gebäudebestandteil nur deshalb eingefügt wird, um weitere Schäden am Gebäude zu verhindern, z. B. die Anbringung einer Betonvorsatzschale, um das durchfeuchtete Fundament zu schützen, bei Überdachungen zum Schutz vor Wasserschäden.
5.3.2.4.3 Wesentliche Verbesserung eines Gebäudes
Rz. 168
Aufwendungen für eine Baumaßnahme führen zu Herstellungskosten, wenn die Baumaßnahme zu einer über den ursprünglichen Zustand hinausgehenden wesentlichen Verbesserung führt, sofern es sich nicht um Maßnahmen handelt, di...