Rz. 110

Weitere Prozesskosten, insbesondere für familienrechtliche Verfahren, sind grundsätzlich nicht zwangsläufig und nicht als außergewöhnliche Belastung zu qualifizieren. Aufgrund der neuen Rspr. des BFH sind zudem kaum mehr Fallkonstellationen denkbar, bei denen mit dem Prozess zugleich die (finanzielle) Existenzgrundlage des Stpfl. gesichert werden soll.

 

Rz. 111

Während nach alter Rechtslage Kosten für den Prozess einer Feststellung bzw. auch der Abwehr der Feststellung einer Vaterschaft unter engen Voraussetzungen ggf. als außergewöhnliche Belastung qualifiziert werden konnten[1], dürfte dies nach aktueller Rechtslage nicht mehr möglich sein. Selbst wenn eine Vaterschaft festgestellt und der Stpfl. unterhaltspflichtig wird, verbleibt diesem immer noch ein Existenzminimum, sodass die Existenzgrundlage generell nicht gefährdet sein dürfte. Ebenso dürften Verfahrenskosten im Zusammenhang mit dem Umgangsrecht von Kindern (nach alter Rechtslage ggf. abzugsfähig)[2] nicht (mehr) als außergewöhnliche Belastung abziehbar sein, da nicht ersichtlich ist, wie das Umgangsrecht einen Einfluss auf die finanzielle Lage des Stpfl. haben sollte. Dies betrifft auch Sachverhalte wie die Rückführung von Kindern aus dem Ausland im Anschluss an eine Entführung eines Elternteils.[3]

Prozesskosten aus Erbschaftsstreitigkeiten dürfen ebenfalls grundsätzlich nicht als außergewöhnliche Belastung abziehbar sein. Die Erlangung einer Erbschaft bedeutet für den Stpfl. regelmäßig die Erlangung zusätzlichen Vermögens und hat daher keine Auswirkung auf die Absicherung der bereits vorhandenen Existenz. Aufgrund des eindeutigen Wortlauts des § 33 Abs. 2 S. 4 EStG, der sowohl die Sicherung der Existenz als auch die Bedürfnisbefriedigung im üblichen Rahmen durch Führung des Prozesses fordert, sowie beide Merkmale kumulativ erfüllt sein müssen, ist m. E. keine Konstellation denkbar, in der Prozesskosten aus Erbschaftsstreitigkeiten eine außergewöhnliche Belastung sein dürften. Zwar könnte die Befriedigung der Bedürfnisse im "üblichen" Rahmen bei einem Vergleich mit Stpfl. gleicher Vermögensverhältnisse, gleicher Einkommensverhältnisse und gleichen Familienstands auch Fälle als außergewöhnlich betreffen, bei denen der Stpfl. den eigenen Lebensstandard ohne die Erbschaft nicht halten kann. Ein Existenzbedrohung dürfte aber in diesen Fällen typischerweise nicht bestehen, sodass die Prozesskosten letztlich nicht als außergewöhnliche Belastung zu qualifizieren sein dürften. Der BFH hat insbesondere betont, dass der Gesetzgeber mit der Regelung des § 33 Abs. 2 S. 4 EStG auf einen engen Rahmen beschränken wollte, der auch nach alter Rechtslage als außergewöhnliche Belastung abzugsfähige Prozesskosten nunmehr vom Abzug ausschließt.[4]

Der Abzug von Anwaltskosten, die im Zusammenhang mit der Beurkundung des Nachnamens eines minderjährigen Kindes sowie mit dem Umgangsrecht für dieses Kind entstehen, als außergewöhnliche Belastungen ist gem. § 33 Abs. 2 S. 4 EStG ausgeschlossen.[5]

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